Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
hinreißenden Dace Whitefeather gefahren zu werden.
Ich lasse mein Telefon in die Tasche fallen, nicke zögerlich und gehe zur Tür hinaus. »Sind wir die Letzten?«, erkundige ich mich, während ich mich im Lokal umsehe und registriere, wie anders es aussieht, jetzt, wo es leer ist. Ich frage mich, ob Cade sich in sein Büro verkrochen hat und uns auf seiner Monitorwand beobachtet.
»Nö, mein Cousin Gabe ist noch hier. Und wahrscheinlich auch Marliz, sie sind nämlich verlobt. Aber mein Onkel Raul geht immer als Letzter. Vor allem an den Abenden, wenn Leandro früher geht.«
Ich warte, dass er Cade erwähnt, doch der Name fällt nicht, und ich werde ihn garantiert nicht als Erste nennen. »Hört sich an, als kämst du aus einer richtig großen Familie«, erwidere ich und will unbedingt mehr über diese Familie erfahren – begierig auf alles, was er preiszugeben bereit ist.
Er hält mir die Tür auf und geht hinter mir hinaus. »Irgendwie kommt es mir so vor, als würde ich jeden Tag ein neues Familienmitglied kennen lernen«, sagt er lachend. »Ich bin im Reservat aufgewachsen – meine Mom und ich haben in unserer eigenen kleinen Welt gelebt, und da war kein Platz für viel anderes. Aber als ich älter wurde, wollte ich mehr. Und nach anfänglichem Widerstand hat meine Mom eingewilligt, mich auf die Milagro High gehen zu lassen. Da habe ich dann erfahren, dass ich noch eine ganz andere Familie habe.«
»Das muss … seltsam gewesen sein.« Ich sehe ihn von
der Seite her an. Meine Bemerkung ist verfänglicher, als sie scheint.
»War es.« Er zuckt die Achseln. »Seltsam ist definitiv das beste Wort dafür.« Er verstummt und schaut in die Ferne.
»Und lebst du noch im Reservat?«, frage ich, da ich das Gespräch unbedingt am Laufen halten will, nachdem mir eingefallen ist, dass Paloma mir darüber keine Auskunft gegeben hat.
»Nur wenn ich meine Mom besuche. Sonst wohne ich in einem kleinen Zimmer zur Untermiete in der Stadt, das ich mit dem bezahle, was ich hier verdiene.«
Mein Blick verhärtet sich, und ich habe keine Ahnung, wie ich darauf reagieren soll. Ich bin schockiert, dass er die ganze Mühe auf sich nimmt, so schwer für seinen widerlichen Bruder zu arbeiten, nur damit er eine Schule besuchen kann, die ihn nicht einmal besonders freundlich aufgenommen hat.
Er fängt meinen Blick auf und liest die unausgesprochene Frage in meinem Gesicht, doch anstatt das Thema weiter auszuführen, bleibt er neben einem Mustang stehen, der nur den grauen Grundanstrich trägt – dasselbe Auto, das er auch bei unserer Begegnung an der Tankstelle gefahren hat. »Du wohnst bei Paloma, nicht wahr?«
Ich nicke, ducke mich und steige ein. Innen ist der Wagen ein bisschen sehr abgenutzt, aber erstaunlich sauber und ordentlich. Und es riecht auffallend gut darin – irgendwie erdig und frisch –, so wie er.
»So, jetzt, wo du über mich Bescheid weißt – wie steht’s mit dir?« Er lässt den Motor an und fährt los. »Oder soll ich mich auch in der Hinsicht bei anderen umhören?«
Ich starre aus dem Fenster und bin kurz davor, ihm eine schnippische Antwort zu geben, aber er ist so nett und aufrichtig, dass ich bei der Wahrheit bleibe. »So lange ich denken
kann, gab es nur meine Mom und mich. Sie ist Visagistin in Hollywood – wobei die Berufsbezeichnung ein bisschen irreführend ist, weil wir die meiste Zeit in der Weltgeschichte herumjetten und nur zwischen ihren einzelnen Engagements in Hollywood sind.«
Er biegt auf eine holperige Schotterstraße ein, die erste von vielen, und sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Klingt hart.«
Ich mustere ihn scharf und suche nach Anzeichen von Sarkasmus, Unaufrichtigkeit oder dergleichen – doch ich finde nichts, was mich wirklich wundert. Wenn die Leute so reagieren, schwingt meistens ein neidischer Unterton mit.
»Ich meine, es hatte bestimmt auch seine guten Seiten.« Er fängt sich schnell, hat Angst, mich verärgert zu haben. »Trotzdem … nie einen festen Wohnort haben, kein richtiges Zuhause … Ich weiß nicht, ob ich das aushalten könnte.«
»Manchmal war es hart«, gebe ich zu. »Und manchmal auch ganz schön einsam.« Ich rutsche tiefer in meinen Sitz und frage mich, warum ich ihm dieses Geständnis gemacht habe, obwohl ich das noch nie jemandem gegenüber eingestanden habe, schon gar nicht mir selbst gegenüber. Deshalb rede ich rasch weiter. »Aber andererseits, wenn es das einzige Leben ist, das du kennst, dann weißt du nicht
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