Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
Meine Hände knallen gegen den Stein und werden einen Augenblick lang gestoppt, ehe sie auf einmal durch den Fels brechen, der weich und nachgiebig wird. Die Wand zerfällt zu Staub, der um meine Füße herumwirbelt,
während der Boden unter mir nachgibt. Und schon falle ich torkelnd und kullernd einen langen, steilen Tunnel hinab, der mitten ins Herz der Erde führt. Ich wedele mit den Armen und schlage unfreiwillig mehrere Purzelbäume – außer Stande, anzuhalten oder zu bremsen – außer Stande, Kontrolle über meinen eigenen Körper zu erringen.
Doch im Gegensatz zum letzten Mal versuche ich nicht, meinen Sturz aufzuhalten. Ich verlasse mich einfach darauf, dass ich irgendwie im Schlund der Unterwelt landen werde.
Der Tunnel endet unvermittelt und spuckt mich mitten in einen hellen Lichtstrahl, wo ich als Knäuel aus Gliedmaßen unsanft lande. Und da sitzt auch Rabe auf einem Felsen in der Nähe und blinzelt mit seinen leuchtend violetten Augen – er hat auf mich gewartet.
Ich stehe auf, wische mir die Hände an meiner Jeans ab und behalte Rabe aufmerksam im Auge, während ich auf ihn zugehe. »Ich brauche Hilfe«, begrüße ich ihn. »Paloma ist krank, und ich weiß nicht, was ich tun soll. Kannst du mich leiten?«
Meine Worte werden davon gestoppt, dass er sich zum Fliegen rüstet. Er breitet die Flügel aus, erhebt sich kraftvoll von seinem Sitzplatz, vollführt einen großen Kreis über meinem Kopf und fliegt mit dem Wind davon – ich zu Fuß hinterher. Er führt mich zu der schönen Lichtung, die ich aus meinen Träumen kenne und von dem einen Mal, als ich Palomas Tee getrunken habe.
Ich sehe mich überall um, betrachte die hohen Bäume und verfolge, wie jeder Grashalm zu meinen Füßen zu tanzen scheint. Zwar weiß ich nicht genau, was ich davon halten soll, dass er mich hierhergeführt hat – aber ich bin schlimmstenfalls ein bisschen beunruhigt, als Rabe auf mich zugeschwebt
kommt, auf meiner Schulter landet, mit dem Schnabel nach vorn zeigt und mich so drängt weiterzugehen, den Wald zu durchqueren, wo ich auf die heiße Quelle stoße, die ich in meinen Träumen gesehen habe.
Und genau wie in meinem Traum ist auch Dace hier.
Dreiundvierzig
I ch stehe vor ihm, ganz ruhig und still, in der Hoffnung, ihn unbemerkt beobachten und den Moment hinauszögern zu können, in dem er meine Anwesenheit bemerkt.
Sein Haar ist nass und aus der Stirn gestrichen, und das Licht fällt so durch die Bäume, dass es eine Reihe von Schatten auf sein Gesicht zeichnet. Als Rabe sich von meiner Schulter erhebt und zu einem Ast in der Nähe fliegt, von wo aus er auf uns herabschaut, wird Dace durch das Rauschen seiner Schwingen veranlasst aufzusehen. Er ist nicht im Geringsten erstaunt darüber, mich durch eine mystische Dimension wandern zu sehen, die jedem anderen verschlossen bleibt.
»Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich, dass du anders bist.« Sein Kopf neigt sich so, dass sein Gesicht dunkel wird, während ich die Hände zu Fäusten balle und sich mein Körper auf alles Mögliche gefasst macht. Als wir das letzte Mal hier waren, ging es nicht gut aus. Und es ist unmöglich herauszufinden, ob das hier eine Inszenierung ist – und ich womöglich gezwungen werde, den Albtraum noch einmal zu durchleben.
»Ach ja?« Mein Tonfall ist barsch, schärfer als beabsichtigt. »Und woher? Was hat mich verraten?« Ich konzentriere mich intensiv auf seine Augen und sehe Tausende von Bildern zurückflimmern – eine lange, starre Reihe von einem Mädchen mit dunkel fließendem Haar.
Er zuckt mehrmals die Achseln, als wäre er da wirklich überfragt. »Wahrscheinlich hab ich gute Instinkte. Manches weiß man einfach von selbst«, antwortet er.
»Waren es auch deine Instinkte, die dich hierhergeführt haben?« Ich gehe auf ihn zu, bis meine Stiefelspitzen an den Rand der Quelle stoßen. »Oder hast du es in einem Traum gesehen?« Mein Puls schlägt mit dreifacher Geschwindigkeit, sowie die Worte meinen Mund verlassen haben. Doch ich muss es wissen, und es gibt keine Möglichkeit, es verschlüsselt zu fragen, keine andere Möglichkeit, so etwas zu formulieren.
War er wirklich auch da – oder war das alles nur ein Produkt meiner wildesten Fantasien?
»Wachen – Träumen – wer kann schon sagen, wo die Realität liegt?« Er grinst, ein strahlendes Aufblitzen von Augen und weißen Zähnen. »Dieser Ort hier ist wie ein Traum, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir wach sind.« Er betastet
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