Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
seinen Arm und zwickt sich kurz. »Ja, ich bin wach. Und du?«
Ich lasse den Blick an ihm entlangwandern – labe mich an seinen starken Schultern, der glatten, nackten Brust und halte dort inne, wo das Wasser seine Hüften umspielt. So abgelenkt bin ich von dem Anblick, dass ich seine nächsten Worte kaum mitbekomme. »Aber um deine Frage zu beantworten – es war meine Mom, die mir diesen Ort gezeigt hat, als ich noch ein Kind war, und es ist seitdem einer meiner Lieblingsorte geblieben.«
Ich schlucke schwer und registriere, wie elegant er meiner Frage ausgewichen ist, beschließe aber, es ihm durchgehen zu lassen. Es gibt keinen Grund, ihn zu bedrängen.
»Und, kommst du auch rein?« Er zeigt auf die blubbernde Quelle, während ich Rat suchend Rabe ansehe. Doch er flattert nur vom Ast und lässt sich auf dem Rücken eines schönen
schwarzen Pferdes nieder, das ich bis jetzt gar nicht wahrgenommen hatte. Er hat mich dorthin gebracht, wo er mich haben will – jetzt ist es an mir, die Sache durchzustehen.
»Dafür bin ich nicht angezogen.« Ich fahre mir mit einer Hand über die Jeans und zeige auf meine Stiefel. Nicht genau die Sachen, die ich in meinem Traum anhatte, wobei ich hoffe, dass das ein gutes Omen ist.
Dace zieht die Schultern hoch, so dass ihm kleine Wassertröpfchen über den Oberkörper rinnen. »Lässt du dich davon abhalten? Komm schon, das Wasser ist super. Ich verspreche auch, dass ich nicht gucke.«
Er dreht sich demonstrativ weg und legt sich die Hände vors Gesicht, während ich noch dastehe und überlege.
Soll ich tun, was Rabe will, und mich zu Dace in die heiße Quelle setzen, was ebenso böse enden könnte wie im Traum?
Oder soll ich sie beide ignorieren und meinen Weg fortsetzen – obwohl ich gar nicht genau weiß, wohin er führt?
Mir fällt wieder ein, wie Paloma gesagt hat, dass Rabe mehr Weisheit besitzt als ich und es mir zwar nicht immer einleuchten mag, ich aber lernen muss, ihm zu vertrauen. Ich streife Jacke und Schuhe ab, steige aus meinen Jeans und zerre mir das Top bis zu den Schenkeln herunter und wate in das Wasser. Erst als ich auf der anderen Seite anlange, wo Dace auf mich wartet, wird mir bewusst, dass ich den Atem angehalten habe. Schließlich nehme ich wie im Traum neben ihm Platz.
Er lässt die Hände sinken und enthüllt ein so freundliches und entwaffnendes Gesicht, dass ich schon fast glaube, es könne nicht böse enden. Doch ich weiß besser, dass ich nicht glauben darf, was ich sehe, und so schnappe ich mir vorsichtshalber einen großen, scharfkantigen Stein und lege ihn mir in den Schoß. Wenn Cade auftaucht, hat er keine Chance.
Ich bin mehr als bereit, ihm gleich im ersten Moment seinen hässlichen Dämonenschädel einzuschlagen.
»Als meine Mom mich zum ersten Mal hierher mitgenommen hat, meinte sie, Geldmangel sei keine Entschuldigung dafür, keine verzauberten Orte zu besuchen.« Sein Blick driftet in eine weit zurückliegende Vergangenheit ab. »Aber sie ist nicht sehr oft mit mir hierhergekommen, sondern hat es sich lieber für besondere Gelegenheiten aufgespart. Wollte nicht, dass ich es irgendwann langweilig finde – obwohl ich mir das gar nicht vorstellen kann.«
»Kommst du noch oft hierher?«, frage ich und registriere genau, wann er in die Gegenwart zurückkehrt.
»So oft ich kann.« Seine Stimme wird weich und sehnsüchtig, als er weiterspricht. »Bloß mit der Schule und der Arbeit ist es schwer, Zeit dafür zu finden.«
»Aber heute hast du Zeit dafür gefunden.« Ich sehe mich in alle Richtungen um und betaste den Stein in meinem Schoß, beruhigt von seinen scharfen Kanten und seinem Gewicht.
Dace lehnt sich gegen das steinerne Sims in seinem Rücken, breitet die Arme aus und trommelt wenige Zentimeter neben meiner Schulter mit den Fingern. »Ich hatte den unwiderstehlichen Drang herzukommen, also bin ich meinen Instinkten gefolgt, und jetzt weiß ich auch, warum.«
Er grinst so voller Hoffnung, dass ich sein Grinsen einfach erwidern muss. Doch der lockere Anschein ist trügerisch, denn mein Herz pocht wie verrückt, da ich fürchte, dass es bei dem Sog , den er verspürt hat, weniger um die Begegnung mit mir ging als vielmehr darum, den Traum noch einmal zu erleben.
Er hält meinen Blick einen Moment lang fest, ehe er tief Luft holt und unter der Wasseroberfläche verschwindet, nur
um wenige Sekunden später so glänzend und hinreißend wieder aufzutauchen, dass mir der Atem stockt. Schweigend sitzen wir beide da – er
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