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Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)

Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)

Titel: Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Beach ein.
    Aber Paloma ist ganz anders als Jennika. Meinem ersten Eindruck nach ist sie das lebende Abbild althergebrachter Latina-Gastfreundschaft. Doch sosehr mich mein knurrender Magen auch drängt aufzustehen und zu ihr in die Küche zu gehen, möchte ich den Moment noch ein wenig aufschieben.
    Ich streiche mir eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht und vertausche rasch die Kleider, in denen ich geschlafen habe, mit dem weichen, baumwollenen Bademantel, den Paloma auf einem Stuhl bereitgelegt hat. Der grauenhafte Albtraum ist mir noch so frisch in Erinnerung, dass ich mir zum ersten Mal inständig wünsche, nie wieder von diesem Jungen zu träumen.
    Ich vergrabe die Zehen in dem weichen Schaffell vor meinem Bett und mache ein paar schnelle Stretching-Übungen, um den steifen Hals zu lockern, den ich immer kriege, wenn ich mit dem Gesicht nach unten schlafe. Dann gehe ich in meinem neuen Zimmer herum und erkunde es, wozu ich gestern Abend nicht mehr gekommen bin.
    Am Fenster steht ein alter, hölzerner Schreibtisch mit Stuhl, in dessen oberer rechter Ecke die Initialen meines Vaters eingeritzt sind. Das DS ist so kantig und eckig, dass die beiden Buchstaben fast wie griechische aussehen. Und obwohl ich versuche, mir auszumalen, wie er da sitzt – Musik
hört, Hausaufgaben macht oder gar seine Flucht nach L. A. plant –, es funktioniert nicht. Es ist unmöglich, von einem lächelnden Gesicht auf einem Schwarz-Weiß-Bild auf einen echten Menschen aus Fleisch und Blut zu schließen.
    Selbst als ich ein gerahmtes Foto von ihm auf der Kommode stehen sehe, fällt es mir noch schwer, ihn einzuordnen. Doch hinter seinem adretten Äußeren lässt das Foto seine Unzufriedenheit eindeutig erkennen.
    Sein Hemd ist sauber und gebügelt und sein Haar frisch geschnitten, und auch wenn sein Lächeln recht freundlich ist, registriert man bei genauerem Hinsehen einen Hauch von Unruhe in seinem Blick. Und ich frage mich unwillkürlich, ob das auch Paloma bewusst war – oder ob sie genau wie die meisten Eltern einfach über alles hinwegsieht, was zu unangenehm ist.
    »Auf dem Foto war er sechzehn.« Paloma steckt den Kopf zur Tür herein, und ihre Stimme erklingt so unerwartet, dass ich regelrecht zusammenzucke. »Genauso alt wie du«, fügt sie hinzu, doch ich starre sie nur an, eine Hand auf die Brust gedrückt, während mein Herz klopft wie verrückt. Schnell will ich das Foto wieder abstellen und habe ein sonderbar schlechtes Gewissen, weil ich es angesehen habe.
    »Ich habe gehört, dass du aufgestanden bist.« Sie geht auf mich zu und nimmt mir das Bild aus der Hand.
    Ich sage kein Wort, da ich nicht weiß, was ich sagen soll. Eigentlich bin ich mir sicher, dass mein vom Kissen gedämpfter Schrei nicht bis zur Küche vorgedrungen sein kann, aber heißt das nun, dass sie vor meiner Tür gelauert und nur auf den richtigen Moment gewartet hat, um hereinzuplatzen?
    »Ich glaube, ich habe dich weniger gehört als gespürt«, sagt sie lächelnd und sieht zwischen dem Foto und mir hin und her. »Nicht lange nachdem das Bild entstanden ist, ist er
gegangen. Er hat ab und zu angerufen und ein paar Postkarten geschrieben, aber nachdem er weg war, habe ich ihn nie mehr wiedergesehen.«
    Sie stellt das Foto ab, wobei sie darauf achtet, es genau dorthin zu platzieren, wo es zuvor gestanden hat, ehe sie aufs Fenster zugeht und die leichten Baumwollvorhänge beiseiteschiebt, so dass ein schmaler Streifen blassen Lichts hereinfallen kann.
    Ihr Blick folgt meinem. »Das ist ein Traumfänger«, sagt sie.
    Ich greife nach der zarten Webarbeit, die direkt über dem Fensterbrett hängt. Es handelt sich um eine runde Scheibe aus Fäden und Perlen mit einem Loch in der Mitte, umrandet von weichen Lederfransen und mehreren zarten Federn, die von den Enden baumeln.
    »Kennst du die Geschichte des Traumfängers?«, fragt Paloma, und ihre dunklen Augen erinnern mich an die Farbe der Erde nach einer durchregneten Nacht.
    Ich schüttele den Kopf und kratze mir den Arm, obwohl er gar nicht wirklich juckt – ein nervöser Tick, den ich schon seit Jahren habe. Mein eigener schrecklicher Traum lauert dicht unter der Oberfläche, und ich überlege, ob ich ihn ihr vielleicht anvertrauen soll – ein spontaner Einfall, den ich sofort wieder verwerfe.
    »Genau wie die Menschen ist jeder anders – und doch haben sie einiges gemeinsam. Dieser spezielle Traumfänger stammt von den Navajos und wurde von einem Freund angefertigt. Es heißt, dass

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