Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
Hände zittern, und das Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich die Hand ausstrecke und nach dem Telefon greife, nur um festzustellen, dass er andere Pläne hat.
Seine Finger umschlingen meine, umfassen meine Hand, während seine seltsamen blauen Augen tiefer werden und meinen Widerstand schmelzen lassen.
Obwohl seine Berührung kühl und glatt und unleugbar einladend ist, lässt mich etwas daran zurückzucken, woraufhin mein Handy krachend zu Boden fällt und ich meinen Blick gerade lange genug von ihm lösen kann, um mich zu bücken und es aufzuheben.
»Ich hoffe, du bleibst noch lange genug, um dir die Band anzuhören.« Seine Stimme schwappt über meinen Kopf hinweg. »Sie sind den weiten Weg von Albuquerque hierhergekommen und spielen nur heute Abend. Wäre schade, sie zu verpassen.«
Ich schlucke schwer, ziehe mir die Tasche hoch über die Schulter und ringe um Fassung, da ich mich cool geben und dann so schnell wie möglich von hier verschwinden muss.
»Die werd ich wohl leider verpassen«, sage ich möglichst locker, aber meine bebende, leicht schrille Stimme verrät mich. »Ich muss den Bus erwischen, also wenn du nichts dagegen hast …« Ich zappele mit den Fingern und bedeute ihm, dass er mir aus dem Weg gehen soll. Doch er bleibt einfach grinsend stehen.
Er legt den Kopf schief und lässt sich eine dicke Haarsträhne über die Augen fallen, ehe sein Blick an mir entlangwandert und er sich mehrmals mit der Zunge über die
Schneidezähne fährt. »Jetzt bist du aber gemein«, sagt er, und sein Lächeln wird breiter, während er sich mit gespreizten Fingern durch die Haare fährt. »Du könntest wenigstens ein Weilchen dableiben. Damit wir uns besser kennen lernen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Paloma eine so hübsche Enkelin versteckt hält – du etwa?« Er wendet sich zu seinem Vater um, wobei sich ihre Blicke amüsiert kreuzen, ohne dass ich ihren privaten Witz verstehe.
Ich will etwas sagen. Will ihn fragen, woher er über Paloma und mich Bescheid weiß. Doch bevor ich so weit bin, ergreift er wieder das Wort. »Glaub mir, Enchantment ist sogar noch kleiner, als es aussieht. Schwer, in einem Ort etwas geheim zu halten, wo jeder jeden kennt.«
Er sieht mich unverwandt an, doch anstelle des sonderbaren, nicht reflektierenden Blaus, das seine Augen bisher aufwiesen, sind sie jetzt blutrot. Und als er die Lippen seitlich verzieht, teilen sie sich gerade weit genug, um die Schlange herausschlüpfen und schnurstracks auf meine Brust zuhalten zu lassen.
Ich schnappe nach Luft. Schiebe ihn beiseite und eile auf die Tür zu. Meine Finger recken sich nach dem nur wenige Zentimeter entfernten Türknauf, als die Wände zu schmelzen anfangen und das Dach einzusinken beginnt und der ganze Raum so klein wird, dass er die Tür verschlingt und meine Flucht verhindert.
Der Raum drückt sich auf mich, zwingt mich zu Boden, auf die Knie, verliert jeglichen Sauerstoff, so dass Atmen ebenso unmöglich wird wie Sehen oder sonst irgendetwas – außer Schreien.
Ich schreie, bis mir der Kopf von dem Geräusch anschwillt.
Schreie, bis sich in meinen Augen leuchtende Kreise drehen.
Schreie, bis ich begreife, dass ich überhaupt nicht geschrien habe – das Geräusch ist in mir geblieben und hat nie den Weg heraus gefunden.
Eine kühle, feste Hand fällt schwer auf meine Schulter, während der Junge mich ansieht und fragt: »Hey, ist alles in Ordnung mit dir?«
Ich sehe ihn von der Seite her an und erkenne ihn als das, was er wirklich ist – kein Dämon mehr, sondern vielmehr ein schöner, allzu selbstsicherer Junge, der eine Miene unechter Besorgnis aufgesetzt hat.
»Soll ich dir ein Glas Wasser holen? Möchtest du dich setzen?« Um seine Augen herum kräuseln sich die Lachfältchen, während der Raum um mich herum zur Ruhe kommt und wieder normal wird.
Er fasst nach mir, streckt mir eine Hand entgegen, doch ich springe rasch auf und entziehe mich seinem Griff. Ich registriere, wie sein Dad zusieht, mit gelassener, undurchschaubarer Miene, während der Junge an meiner Seite so tut, als würde er sich Sorgen um mich machen.
»Geh weg von mir«, murmele ich mit matter, weinerlicher Stimme. Mein Körper ist ein bebendes Nervenbündel. Ich versichere mir selbst, dass das, was ich gesehen habe, real war, obwohl es albern ist, obwohl sie sich beide die größte Mühe geben, so zu tun, als hätten sie nichts bemerkt.
»Jetzt komm.« Er fasst erneut nach mir. »Das ist doch keine Art …«
»Ich hab gesagt,
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