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Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)

Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)

Titel: Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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als das, was er ist – ein Ort, an dem normale Menschen ihre lieben Verstorbenen zu Grabe tragen. Direkt neben der Landstraße gelegen, wenn auch ziemlich weit draußen, wirkt die Anlage zufällig und ungeplant und ist voll von handgemachten Kreuzen und Grabmälern, die alle überhaupt nicht zueinander zu passen scheinen.
    Doch so schäbig mir der Friedhof auch auf den ersten Blick erschien, jetzt sehe ich, dass die Gräber häufig besucht werden und sehr gepflegt sind. Geschmückt mit Blumensträußen  – manche aus Plastik, manche echt – und mit von Steinen beschwerten Luftballons, die sich im Wind wiegen. All das ist so bunt und beweist so viel Trost und Liebe, dass ich mich hier seltsam im Frieden mit allem fühle. Und bald merke ich, dass ich es gar nicht eilig habe, wieder zu gehen.
    »Wie ist er gestorben?«, frage ich und reibe mein mehr oder weniger unverletztes Bein an meinem Gipsbein. Der Gips juckt, und ich wäre ihn lieber heute als morgen wieder los. »Jennika wollte es mir nie sagen«, füge ich hinzu, als ich sehe, wie Paloma zögert und den Blick abwendet.
    »Warum nennst du sie Jennika?«, fragt sie mit leiser Stimme.
    Und obwohl es ein Leichtes wäre zu antworten: »Weil sie so heißt«, verkneife ich es mir. Sarkasmus ist überflüssig. Ich weiß, was sie gemeint hat.
    »Sie war knapp siebzehn, als sie mich bekommen hat, und ich habe sie praktisch ebenso erzogen wie sie mich. Außerdem bin ich umringt von Erwachsenen aufgewachsen, so dass es nicht viel Babygeplapper gab. Alle nannten sie Jennika, also habe ich sie, als ich sie eines Tages wirklich dringend gebraucht
habe, auch so gerufen. Natürlich konnte ich es noch nicht richtig aussprechen, aber sie hat mich verstanden. Es war das erste Wort, das ich gesagt habe.«
    Paloma nickt, während sich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht stiehlt.
    »Und jetzt bist du dran — was ist Django wirklich zugestoßen? War es ein Unfall wie bei mir?« Ich sehe auf meinen lädierten Körper herab, dem dank Palomas liebevoller Fürsorge und ihren erstaunlichen Heilkünsten – ganz zu schweigen von Chays Erscheinen am Unfallort nur wenige Sekunden nach dem Aufprall (genau wie ich gedacht hatte, hatte Paloma ihn geschickt, um nach mir zu suchen) – ein frühes Grab erspart geblieben ist. Ja, im Grunde ist mir wesentlich mehr erspart geblieben. Es ist erst zwei Wochen her, und ich bin schon wieder auf den Beinen.
    »Es war ein Unfall«, sagt sie. »Aber er war ganz anders als deiner«, fügt sie in ernstem Tonfall hinzu.
    Ich blinzele. Nicke. Wünschte, sie würde schneller zur Sache kommen. Ich will unbedingt die ganze Geschichte wissen. Aber allmählich begreife ich auch, dass Paloma ihren eigenen Rhythmus hat. Sie lässt sich nicht hetzen.
    Sie erhebt sich, klopft sich die Erde von den Knien und sieht zu den Bergen, als spräche sie zu ihnen und nicht zu mir. »Es ist in Kalifornien passiert – auf einem Freeway in Los Angeles. Er war mit seinem Motorrad unterwegs, um deine Mutter abzuholen, als der Laster vor ihm plötzlich bremste und die Stahlrohre, die er geladen hatte, aus ihren Verankerungen brachen und auf ihn stürzten. Er wurde vom Motorrad geworfen und war auf der Stelle tot. Als offizielle Todesursache wurde Enthauptung angegeben.«
    Sie wendet sich um, und ihre Miene trägt den Ausdruck von jemandem, der seine Geschichte schon allzu oft erzählt
hat. Jemandem, der sich an die grausigen Tatsachen gewöhnt hat. Anders als ich. Was wahrscheinlich der Grund dafür ist, warum sich meine Eingeweide verkrampfen und mir die Galle in die Kehle steigt.
    Als offizielle Todesursache wurde Enthauptung angegeben.
    Die Worte wirbeln mir durch den Kopf, ich werfe meine Krücken zu Boden und knie mich daneben. Die Arme fest um den Oberkörper geschlungen, presse ich das Kinn auf die Brust und ringe um Fassung.
    Sofort ist Paloma bei mir. Ihre Hände streichen mir auf eine Art übers Haar, das sie eine Welle der Ruhe durch meinen Körper strömen lassen, und ihr Atem weht mir sanft ins Ohr, als sie sagt: »Nieta , was ist denn? Bitte sag es mir.«
    Vor zwei Wochen hätte ich ihr den Gefallen niemals getan.
    Vor zwei Wochen bin ich vor ihr geflohen, überzeugt davon, dass sie weitaus mehr Feindin als Verbündete ist.
    Doch seitdem ist vieles geschehen.
    Langsam beginne ich zu akzeptieren, dass ich in einer Welt lebe, die sich die meisten Leute nicht einmal ansatzweise vorstellen können.
    Der alte Spruch – Glücklich sind die, die nicht wissen  –

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