Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
verdränge das Bild, während ich einen kurzen Blick zu meinen Sachen werfe. »Hast du ein Ladegerät?«, fragt der Barkeeper.
Ich nicke und kann meinen Blick nicht von ihm abwenden, nachdem ich ihn erst einmal angesehen habe.
»Also …« Er streckt mir die flache Hand entgegen und sieht mich an, als wäre ich das dümmste Ding, das ihm je begegnet ist.
Und obwohl ich zögere, ihm das Handy zu geben, habe ich im Grunde keine andere Wahl. Trotzdem macht mein Magen unwillkürlich einen Satz, als er seine tätowierten Finger um das Handy schließt und wortlos davongeht. Er verschwindet in einem langen Flur, während ich zu meinem Platz zurückgehe. Ich nippe an meinem Sprite und bediene mich an meinem Korb Buffalo Wings, wobei ich immer wieder auf die Uhr sehe und am liebsten die Zeiger anschieben möchte.
Ein Trupp Leute stürmt am Türsteher vorbei – vier Typen, die in ihren Schlabberjeans, den T-Shirts mit Bierwerbung und Militärmützen tough aussehen möchten, während ihre aufgestylten Begleiterinnen voluminöse Frisuren, schwindelnd hohe Stilettos und Tops zu Jeans tragen, die so tief sitzen, dass man freie Sicht auf ihre Arschgeweihe und Bauchnabelpiercings hat. Ihre Augen werden schmal, als sie sehen, wie ich sie beobachte, doch sie vergessen mich ebenso schnell wieder, als die Musik von einem alten Titel der Red Hot Chili Peppers zu einem klassischen Santana-Song übergeht, der die Mädels zum Tanzen animiert.
Sie legen einander die Hände um die Taille, während sie sich auf eine Weise wiegen und mit den Hüften wackeln, dass ihre Freunde es nicht übersehen können. Auf einmal muss ich mich am Tisch festhalten, klammere mich mit den Fingern an die Tischkante und zerquetsche dabei ein Stück alten Kaugummi, den jemand netterweise hier zurückgelassen hat, während mir von dem unablässigen Schlagzeugrhythmus der Kopf schwirrt. Der Sound ist so durchdringend, dass er den Refrain zu einem sinnlosen Wortbrei zermahlt, der sich in nichts auflöst.
Es passiert.
Ich werde hinabgezogen. Versinke im Lärm.
Die Luft um mich herum wird zuerst diesig, dann flirrt sie,
und es dauert nicht lange, bis alles zum Stillstand kommt und die Zeit mit einem kreischenden Ruck stehen bleibt.
Die Bedienung steht stocksteif mit einem Tablett voller Teller auf den Armen da, während der Hilfskellner einen Strahl Wasser eingießt, das nie unten ankommt. Die tanzenden Mädchen bleiben mitten im Hüftschwung eingefroren – mit aufgeworfenen Mündern und Schlafzimmeraugen –, während die tätowierten Arme ihrer Freunde nach den Biergläsern greifen.
Egal, wie oft ich auch blinzele, die Szene ändert sich nicht, läuft nicht weiter vorwärts. Der Rhythmus ist so beharrlich, so eindringlich, dass er etwas in mir – etwas Altes und Tiefes – veranlasst, sich zitternd zu regen und an die Oberfläche zu steigen.
Ich presse die Augen zusammen. Ringe um Selbstkontrolle. Registriere, wie die Krähen überall um mich herabgeschwebt kommen, auf meinen Schultern landen, auf dem Tisch und grob an meinen Fingern picken, während mich die Leuchtenden anstupsen, mich drängen zuzuhören und ihre Warnung zu beachten.
Ich greife nach meiner Tasche und wühle nach den Resten der Kräuter, die mir Paloma gegeben hat. Sie werden mich müde machen, daran führt kein Weg vorbei, aber müde ist immer noch besser als das hier – alles ist besser als das.
Ich werfe die Kräuter in mein Sprite, rühre schnell alles mit dem Strohhalm um und stürze das Gebräu so hastig hinunter, dass es mir aus den Mundwinkeln wieder herausrinnt, mir über den Hals läuft und in klebrigen Tropfen auf meiner Brust haften bleibt. Dann lehne ich mich zurück, schlinge mir die Arme fest um den Oberkörper und warte, dass die Visionen aufhören und die Zeit wieder anspringt und weiterläuft.
Ich habe die Augen noch immer geschlossen, als die Bedienung kommt und fragt: »Fertig?«
Ich hebe den Kopf und blicke in Augen, die so dick mit Eyeliner geschminkt sind, dass ich nicht weiß, ob Jennika lachen oder sich vor Abscheu schütteln würde. Ich nicke, als sie die Frage wiederholt, zu erschöpft, um mehr zu sagen, nachdem ich meine ganze Energie auf die Hoffnung gesetzt habe, dass die Kräuter so lange wirken, bis ich es nach Albuquerque geschafft habe. Wer weiß, wo ich sonst ende?
»Dann beeil dich jetzt mal lieber – du willst doch deinen Bus nicht verpassen, oder?«
Ich verziehe die Augen zu schmalen Schlitzen und studiere erneut ihr Gesicht.
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