Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
Pferdepfleger auf den Filmsets reiten lassen. Als ich noch ein Kind war. Aber das ist schon eine Weile her. Ich habe so gut wie alles vergessen, was ich damals gelernt habe.« Ich bin nervös und begeistert zugleich bei der Aussicht, dieses große, herrliche Tier zu reiten, sobald ich meinen Gips los bin. Paloma zufolge reicht es noch nicht, die Krücken gegen einen monströsen Gehgips vertauscht zu haben.
»Keine Angst, du wirst sehen, dass Kachina eine von der sanften Sorte ist. Ihr zwei kommt sicher prima miteinander aus«, sagt er, und seine Stimme ist so glatt wie sein Lächeln. »Ein Leckerli funktioniert meistens gut als Eisbrecher. Auf der Ladefläche des Pick-ups steht eine Kühlbox.« Er nickt hinüber zum Auto. »Und in der Kühlbox findest du Karotten für sie.«
Ich hole zwei große Karotten, die ich in einem Anfall von Übereifer auf ihr Maul zuschiebe. Mein Vorgehen ist halbherzig und unüberlegt, und als sie die Lippen fletscht, um die Rüben zu fressen, erschrecke ich angesichts ihrer großen Zähne derart, dass meine Hände zu zittern beginnen und die Karotten herunterfallen, so dass Kachina den Kopf senken und sie von der Erde auflesen muss.
Meine Wangen werden vor Verlegenheit ganz rot. Ich wische mir die Hände hinten an meinen Jeans ab und lache gezwungen auf. »Glaubst du, sie nimmt es mir dauerhaft übel?«
»Mit der Zeit verzeiht sie es dir bestimmt.« Chay grinst, wobei sich die Lachfältchen an seinen Augen zusammenziehen und sich seine Stirn unter dem Rand des Bandanas kräuselt. »Pferde sind schreckhaft. Für so große Tiere sind sie richtige Angsthasen. Du musst langsam auf sie zugehen, bedächtig, genauso wie du möchtest, dass jemand auf dich zugeht. Ruf sie beim Namen, säusele ihr etwas vor. Dann stell dich einen Moment lang still neben sie. Atme ruhig und gleichmäßig, damit sie sich ebenso auf deine Energie einstimmen kann wie du auf ihre. Und dann, wenn der richtige Moment gekommen ist, darfst du sie streicheln.« Er zeigt mir die Bewegung, und seine große Hand fährt so über ihre Mähne, dass sein Adlerring mit den gelben Steinaugen in der Sonne glitzert, während er sich zu ihrem geschwungenen Hals hinabarbeitet. Er tätschelt sie ein paar Mal sanft und kratzt ihr zum Abschluss die Stelle zwischen den Augen, direkt unter ihrer Stirnlocke.
»Gehört sie dir?«, frage ich. Chay presst den Mund dicht an das Ohr der Stute und murmelt etwas in einer unbekannten Sprache, er flüstert so lange, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob er meine Frage überhaupt gehört hat.
»Ob sie mir gehört?« Er sieht mich lachend an. »Theoretisch wohl schon. Ich habe sie von einem Kunden, der seinen Job verloren hat und es sich nicht mehr leisten konnte, sie zu versorgen. Aber im größeren Rahmen betrachtet – nein. Kachina gehört sich selbst. Jetzt, da sie in mein Leben getreten ist, habe ich eingewilligt, so lange auf sie aufzupassen, wie sie möchte. Es sei denn, du willst den Job haben?«
Ich blinzele. Bestimmt habe ich ihn missverstanden.
»Ich weiß, dass Paloma dich mit der Ausbildung ganz schön auf Trab halten wird, aber das hier spielt auch eine Rolle. Pferde können uns eine Menge über Durchhaltevermögen, Kraft und Kameradschaft beibringen. Und in praktischerem Sinne sind sie ein gutes Transportmittel – zumindest bis wir dir zu deinem Führerschein verhelfen können. Paloma hat auf ihrem Grundstück mehr als genug Platz für einen Stall – was meinst du dazu?«
Mein eigenes Pferd?
Ich hatte noch nie ein Haustier, wobei sie mir ja – laut Chay – auch nicht wirklich gehören wird. Aber jedenfalls kann ich ein solches Angebot unmöglich ablehnen.
»Sollte sie das nicht selbst entscheiden?«, frage ich unsicher. »Ich meine, ich bin schließlich diejenige, die sie ihre Möhren von der Erde hat auflesen lassen. Vielleicht will sie ja nicht von mir versorgt werden.«
Chay überlegt einen Augenblick. »Okay, dann helf ich dir mal rauf, und dann sehen wir ja, wie ihr zwei miteinander auskommt.«
Ich stutze und weiß nicht, was ich sagen soll. »Im Ernst?«
Er nickt.
»Aber was ist mit meinem Bein? Paloma meinte, ich soll warten, bis der Gehgips wegkommt, was vielleicht schon morgen passiert. Und sie hat ganz explizit gesagt, ich darf sie anfassen, aber nicht reiten.«
Chay lächelt erneut. »Paloma ist manchmal ein bisschen übervorsichtig. Dir passiert nichts. Und Kachina hat sicher nichts dagegen. Ich sag dir was – ich übernehme die volle Verantwortung,
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