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Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen

Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen

Titel: Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maori Kunigo
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tausend Tonnen Zucker.
Irgendwie neigen die Spanier dazu, in alles, besonders Brot, jede Menge
Kristallzucker zu vermengen. Das ist genauso schlimm wie die Japaner mit ihrer
Soja. Mittlerweile hat sich das ein wenig gebessert, aber noch vor neun Jahren,
als ich direkt nach meinem Abitur mit meiner Familie Japan bereiste, stand ich
nach sieben Wochen Sojaterror kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Den Teriyaki
Mac bei McDonald’s fand ich ja noch akzeptabel. Aber schon der Hamburger
schmeckte leicht nach Chop Suey. Was mich allerdings in meiner Überzeugung
bestärkte, niemals in Japan leben zu wollen, ereignete sich im Haus von Onkel
und Tante in Osaka. Wir hatten zu Abend gegessen, es gab Teigtaschen (mit
Sojasoße, logisch), Reis, Tempura, Misosuppe, den ganzen Kram eben, wenn man in
Japan zu Gast ist. Leider empfand ich nach dem Gelage immer noch ein leichtes
Hungergefühl, also schob ich erwartungsvoll eine Tiefkühlpizza in den Backofen.
Nach einer Viertelstunde machte es »Bing!«, ich zog das Teil auf einen Teller
und setzte mich ins Wohn- und Esszimmer, um ein gutes Stück westlicher
Fastfood-Kultur in mich reinzupfeifen. Von wegen westlich. Das Ding schmeckte
wie eine verdammte Frühlingsrolle! Zurück in Deutschland habe ich mich
wochenlang nur noch von Schnitzel, Currywurst und Pommes ernährt.
    Ewa, Paulina und Michal möchten
heute hier in Villafranca bleiben. Aus Zeitgründen werden sie dieses Jahr nur
bis Burgos pilgern und sind bereits weit über ihrem Plan, so dass sie ein wenig
bummeln wollen. Avril, resolut wie eine deutsch-britische Mischung nur sein
kann, nötigt sie aber dazu, mit uns weiterzugehen. Schließlich benötigt Avril
für ihre Gesangseinlagen unbedingt Zweit- und Drittstimmen, die mit ihr
mithalten können. In diesem Punkt taugen Melanie, Michelle und ich einfach
nichts. Recht schnell erweisen sich Avrils Überredungskünste als Glücksfall,
denn Paulina bringt mir meine Mütze wieder, die ich vor der Kirche verloren
habe. Sie rennt damit sogar den Berg hoch, um sie mir zu geben. Ein
bezaubernder Anblick, diese Dame.
    Damit uns der steile Aufstieg
in die Oca-Berge bloß nicht allzu leicht fällt, durchbricht die Sonne die
Wolkendecke. Schon nach wenigen Minuten kommt die versammelte Mannschaft — Avril,
Melanie, Michelle, Lory, Ewa, Paulina, Michal und ich — gehörig ins Schwitzen.
Als Entschädigung lockt eine fantastische Aussicht: Soweit das Auge reicht
erstrecken sich abgeerntete Felder bis zum Horizont. Zumindest von schräg oben
haben wir sie noch nicht ganz so häufig gesehen. Nach und nach verdichtet sich
die Vegetation, und bald stehen wir praktisch mitten in einem saftig grünen,
dichten Wald. Der Haken an der Sache: Dieser wird von dem überaus breiten Weg
zerteilt, auf dem wir gerade unterwegs sind und der kaum schattige Stellen
bietet. Inzwischen knallt die Sonne unbarmherzig vom Himmel herab, und da wir
uns immerhin in einem Gebirge befinden, geht es auf und ab und auf und ab. Auch
wenn Avril den Aufstieg dank Ewa, Paulina und Gesang recht zügig meistert,
dieses permanente Auf und Ab setzt ihren Kniegelenken ganz schön zu.
    Schon während des Aufstiegs
haben sich Michelle und Lory vom Rest der Gruppe abgesetzt. Vermutlich sind wir
der erzkatholischen Loraine etwas zu weltlich. Zwar ist auch Avril sehr gläubig
und verpasst kaum eine Pilgermesse, allerdings überwiegt bei uns die
Fröhlichkeit, der Spaß an der ganzen Sache. Ich meine, wenn wir uns schon die
Füße wund- und die Gelenke kaputtlaufen, dann doch bitteschön mit einem Lachen
im Gesicht. Und mit Avril, Melanie und den Polen lässt es sich herrlich lachen,
jeder zweite Satz wird mit einem wahnsinnig flachen Witz, einem schön stumpfen
Spruch oder einem harten Kalauer garniert. Eine ganze Weile laufen wir über die
bemerkenswert breite Forststraße. Die offensichtlich gewaltigen Lastwagen, die
hier beizeiten entlang donnern, haben tiefe Spuren und damit hindernisreiche
Mulden in die Piste graviert, was das gleichmäßige Laufen merklich erschwert.
    Nach einer Weile merke ich,
dass ich eigentlich wesentlich schneller laufen möchte als die Gruppe. Nichts
gegen die Menschen an sich, die sind nach wie vor fabelhaft. Aber sie trödeln
mir ein wenig zu sehr und erwecken bei mir den Eindruck, als wollten sie mich
zurückhalten. Bald kann ich an nichts anderes mehr denken, wobei ich zugeben
muss, dass sich meine Gedanken bisher auch sonst keinem weltbewegenden Thema
gewidmet haben. Ich muss mich auf mich allein

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