Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
Dienstlich.« Ich nahm ihr das Schminktäschchen weg und durchforstete ihre Lippenstiftsammlung.
Holly war zwar nicht überzeugt, würde aber um des lieben Friedens willen den Mund halten.
Es klopfte an die Tür, und Holly öffnete.
Tamara stürmte herein. Sie trug zwei Kleider über dem Arm. » Tut mir leid. Ich hab mich echt beeilt, aber ich wusste nicht, was du brauchst, und deshalb habe ich ein Cocktail- und ein Abendkleid mitgebracht.«
Sie hielt beide hoch, und ich zeigte auf das verführerische schwarze Abendkleid. Sie gab es mir, und ich eilte ins Bad.
» Ich bin so aufgeregt. Soweit ich weiß, hatte Alex noch nie eine richtige Verabredung«, sagte Tamara.
» Das ist keine Verabredung«, rief ich aus dem Bad. » Und außerdem hatte ich durchaus schon richtige Dates.«
» Kerle in irgendeiner Bar aufzuklauben zählt nicht als Verabredung«, rief Tamara zurück.
» Das hier auch nicht.« Ich schloss die Tür, als ich Tamara und Holly kichern hörte.
Dann schlüpfte ich aus dem Bademantel, den ich übergezogen hatte, während sich Holly um mein Make-up und meine Frisur kümmerte. Das Wattepad haftete immer noch auf den Kratzern. Ich nahm es vorsichtig ab, denn das Oberteil des Kleides war schulterfrei.
Die Kratzer waren noch nicht einmal ansatzweise verheilt. Mit einem Seufzer warf ich das Pad in den Mülleimer, dann schlüpfte ich in das Kleid.
Tamara und ich waren gleich groß, doch im Gegensatz zu mir– und zu meinem Neid– hatte sie ausgeprägte weibliche Formen. Und so schmiegte sich das Kleid an mir nicht um irgendwelche Kurven, sondern hing formlos herab. Ich blickte auf meine Uhr: sieben nach halb sechs. Zu spät, um irgendwo ein neues Kleid zu erbetteln. Außerdem waren Tamara und Holly meine einzigen Freundinnen. Und Holly war wesentlich kleiner als ich.
» Hilfe!«, sagte ich und trat aus dem Bad.
» Keine Bange, das kriegen wir schon hin«, versicherte Holly eifrig.
» Ich hab Sicherheitsnadeln dabei«, fügte Tamara hinzu, und dann begleiteten sie mich beide zurück ins Badezimmer.
Ich posierte wie ein Model, als sie das Kleid mit den schwarzen Sicherheitsnadeln geschickt von innen enger steckten.
» Sag mal, gibt es irgendwas Neues darüber, wer die Aufzeichnung hat mitgehen lassen?«, wollte ich wissen.
Tamara zog eine Grimasse. Was komisch aussah, weil sie die Sicherheitsnadeln mit den Lippen hielt. » Nicht offiziell. Aber Tommy ist verschwunden.«
» Dein Assistent?«, fragte Holly.
Ich nickte, nur um sofort angefahren zu werden, dass ich stillhalten sollte. » Ich glaube nicht, dass es Tommy war«, meinte ich. Obwohl er ziemlich sauer schien, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe.
» Das glaube ich auch nicht. Aber er ist verschwunden, und das macht ihn verdächtig.« Tamara machte mir ein Zeichen, dass ich mich drehen sollte.
Halt still. Dreh dich. Beweg dich nicht. Ich seufzte. » Nachdem der Polizeichef offiziell verkündet hat, dass ich mit dem Fall betraut bin, kann ich mir dann noch mal Colemans Leiche ansehen?«
Tamara warf mir im Spiegel nur einen scharfen Blick zu und antwortete nicht. Ehrlich gesagt, hatte ich das auch gar nicht erwartet. Wir wussten doch alle, dass mein » Engagement« nur ein Schachzug war, mit dem die Verantwortlichen ihren Hintern retten wollten. Ich würde Colemans Leichnam erst dann noch einmal zu sehen bekommen, wenn Falin mich höchstpersönlich ins Leichenschauhaus geleitete.
Tamara trat zurück. » Ich glaube, das war’s.«
» Wir sind echt spitzenklasse!« Holly strahlte mich im Spiegel an.
Ich drehte mich einmal um mich selbst. Tatsächlich fiel es fast gar nicht auf, dass das Kleid mit Sicherheitsnadeln in Form gehalten wurde.
» Ihr habt mich gerettet«, meinte ich und legte meine Hände auf mein Herz. Mit den Fingerspitzen streifte ich die Haut neben den Kratzern, und Schmerz schoss durch meine Schulter. Ich zuckte zusammen.
» Tamara, kannst du mir noch einen Gefallen tun?«
Es klopfte an der Wohnungstür. Verdammt, hätte Falin nicht ein bisschen zu spät kommen können?
» Ich mach schon auf«, bot Holly an und verschwand aus meinem überfüllten Badezimmer.
» Ich tu dir sogar einen Gefallen, um den du mich gar nicht gebeten hast«, erwiderte Tamara. » Trag das hier. Und zieh endlich deine Stiefel aus.«
Sie hielt mir ein dünnes Silberkettchen hin, dessen Anhänger die Form eines Geistes hatte. Ein schwaches magisches Summen ging von ihm aus.
Ich spürte, dass es ein Teint-Zauber war, geschaffen, um… » Er
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