Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen

Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen

Titel: Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
Vom Netzwerk:
dadurch wütend und nicht verletzt. Oder wir ziehen uns gekränkt in uns zurück und schweigen. Wir wirken dabei uninteressiert und nicht verletzt. Wenn wir jemanden an einem wunden Punkt treffen, können wir seine Verletztheit meist nicht erkennen. Wir sehen nur, dass er übertrieben reagiert, bewerten ihn negativ und ziehen unsere Konsequenzen daraus. Kann sein, dass wir dann denken: »Der spinnt ja total. Auf so jemanden lege ich sowieso keinen Wert.« Und schon sind wir selbst im Extrem. Ohne es zu bemerken, schieben wir ihm die Schuld zu und erkennen gar nicht, dass wir den anderen verletzt haben.
     
    Wunde Punkte wohlwollend annehmen
    Sicherlich sind wir nicht in allen Situationen Mimosen, beleidigte Leberwürste oder sture Esel. Gott sei Dank! Bei vielen Themen sind wir überlegen, tolerant, großzügig, nachgiebig, versöhnlich, lenken ein und streben nach Harmonie. Das sind Themen, die uns nicht wirklich berühren oder verletzen.
    Mimose, beleidigte Leberwurst und sturer Esel – diese extremen Reaktionen zeigt jeder von uns nur zeitweise, an seinen persönlichen wunden Punkten. Aufgrund unserer Lebensgeschichte haben wir uns unterschiedlich viele und unterschiedlich tiefe Wunden zugezogen, mit denen wir durch unser weiteres Leben kommen müssen. Wir sollten wahrnehmen, wie unser Gesprächspartner reagiert, wohlwollend annehmen, dass er einen guten Grund dafür hat, undwertschätzend und urteilsfrei damit umgehen. Wenn wir das schaffen, haben wir eine weitere wesentliche Grundlage für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten geschaffen.
     

    Das Ende einer guten nachbarschaftlichen Beziehung
    Betrachten wir mit diesem Wissen die einleitende Geschichte vom Ende einer guten nachbarschaftlichen Beziehung.
    Als Claudia Kopp zu ihrem Nachbarn sagt: »Könnten Sie Ihren Müll bitte in Ihrer Wohnung abstellen. Das stinkt ja eklig«, ist sie sich der Tragweite ihrer Aussage nicht bewusst. Sie weiß schon, dass dieser Satz provokant ist, und es kostet sie auch etwas Mut, ihn zu sagen. Doch sie rechnet mit der Einsicht bei ihrem Nachbarn, sozusagen mit einer vernünftigen Reaktion. Doch Michael Holzer reagiert auf ihre Aussage deutlich mimosenhaft. An Einsicht ist gar nicht zu denken. Er fühlt sich offensichtlich angegriffen oder gekränkt. Wir wissen nicht, warum er so empfindlich reagiert. Das ist eigentlich auch unerheblich. Fakt ist, er wurde an einem wunden Punkt getroffen, und er reagiert dadurch unangemessen heftig.
    Wäre er an dieser Stelle unempfindlich, könnte er sich ganz vernünftig überlegen:
    »Richtig, der Müll stinkt. Okay, Claudia Kopp fühlt sich dadurch gestört. Ich würde mich nicht daran stören, aber sie tut es eben. Wie gehe ich als ihr Nachbar nun damit um?«
    Anschließend würde er seine Möglichkeiten abwägen:
Entweder müsste ich den Müll innen an der Haustür abstellen. Nein, das mache ich sicher nicht, dann stinkt es in meiner Wohnung.
Dann müsste ich den Müll im Mülleimer lassen und ihn erst direkt kurz
vor dem Hinuntertragen aus der Küche holen. Dann würde ich wahrscheinlich vergessen, dass ich ihn hinuntertragen wollte.
Ich könnte den Müll, anstatt ihn vor die Haustür zu stellen, konsequent
gleich zur Tonne bringen. Dafür bräuchte ich etwas Disziplin, müsste extra die Schuhe anziehen. Aber gut, er wäre dann weg.
Vielleicht möchte ich mein Verhalten nicht ändern und alles weiterma-
chen wie bisher. Dann müsste meine Nachbarin eben damit leben. Was
wäre die Konsequenz für mich? Mit welcher Reaktion von ihr müsste ich dann leben? Wäre es das wert?
    Schließlich müsste er eine Entscheidung treffen.
    Doch Michael Holzer reagiert nicht vernünftig, sondern empfindlich – emotional. Im Mülltonnenhaus äußert er seinen Unmut. Er gibt Claudia Kopp damit die Gelegenheit, ihre Aussage nachzubessern. Doch Claudia Kopp erwartet nach wie vor Einsicht von ihrem Nachbarn und bestätigt ihre Aussage noch einmal. Daraufhin zeigt sich Michael Holzer zunehmend als beleidigte Leberwurst. Denn er ist nicht nur für einen Moment sauer, sondern nachhaltig. Er spricht nun konsequent nicht mehr mit seiner Nachbarin. Claudia Kopp grüßt Michael Holzer nach diesem Vorfall weiterhin freundlich, doch er zeigt ihr die kalte Schulter. Das verletzt Claudia Kopp auf Dauer – dazu muss sie nicht mimosenhaft sein. Um sich aus dieser unangenehmen Situation zu befreien, schaltet sie schließlich auf sturen Esel und denkt sich: »Dann eben nicht.« Um das Thema nun aber endgültig

Weitere Kostenlose Bücher