Vom Umtausch ausgeschlossen
gleich abschneiden!«, plappere ich los, als mir etwas einfällt. »Guck doch mal, wie viele Italiener lange Haare haben. Wir machen nur alle Zöpfe auf!«
»Becky...«
»Ich mach das! Ich löse alle deine Zöpfe auf! Warte.«
Ich fange an, die ersten Perlen herauszupulen und entflechte dann die ersten Zöpfe. Ich bin Luke so nahe, dass ich sein teures Aftershave riechen kann, dass er immer benutzt, wenn er zur Arbeit geht. Das letzte Mal hat er vor unserer Hochzeit so gerochen.
Ich setze mich um und mache mich vorsichtig daran, auch die Zöpfe auf der anderen Seite aufzulösen. Wir schweigen - das einzige Geräusch ist das sanfte Aneinanderklicken der Perlen. Als ich die allerletzte entferne, steckt mir ein Kloß im Hals. Was natürlich albern ist.
Ich meine, unsere Hochzeitsreise konnte ja schließlich nicht endlos weitergehen, oder? Und ich freue mich darauf, Mum und Dad wiederzusehen, und Suze, und wieder ein normales Leben zu führen...
Aber trotzdem. Die letzten zehn Monate habe ich quasi rund um die Uhr mit Luke verbracht. Die Stunden, in denen wir nicht zusammen waren, kann ich an beiden Händen abzählen. Und jetzt soll das alles vorbei sein.
Na ja. Wird schon gehen. Ich werde mich in meine neue Arbeit stürzen... alle meine Freunde sehen...
»Fertig!«
Ich hole mein Anti-Locken-Serum, verteile etwas davon in Lukes Haar und bürste es dann so gut es geht glatt. Ein bisschen gewellt ist es immer noch - aber es ist okay. Er sieht europäisch aus.
»Siehst du?«, sage ich schließlich. »Du siehst toll aus!«
Luke betrachtet sich wenig überzeugt im Spiegel, und einen schrecklichen Augenblick lang glaube ich, dass er jetzt sagt, er gehe trotzdem zum Friseur. Dann lächelt er.
»Okay. Für heute überredet. Aber früher oder später müssen die Haare ab.«
»Ich weiß.« Jetzt geht es mir schon gleich wieder viel besser. »Nur nicht heute.«
Ich beobachte Luke dabei, wie er seine Unterlagen zusammensammelt und in seinen Aktenkoffer steckt.
»Und... worum genau geht es eigentlich? Ich meine, warum musstest du nach Mailand?«
Luke hat mir das zwar bereits im Flugzeug von Colombo hierher erzählt - aber da gab es gratis Sekt an Bord, und ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich alles hundertprozentig mitbekommen habe.
»Wir bemühen uns um einen neuen Kunden. Die Arcodas Gruppe.«
»Ach ja, stimmt. Ich erinnere mich.«
Lukes Firma - Brandon Communications - ist eine PR-Agentur, die hauptsächlich für Banken, Wohnungsbaugesellschaften und Vermögensverwaltungen tätig ist. Wir haben uns auf einer seiner Pressekonferenzen kennen gelernt, als ich noch als Journalistin für ein Finanzmagazin gearbeitet habe.
»Wir wollen ein bisschen aus dem Finanzbereich hinaus expandieren.« Luke lässt die Schlösser an seinem Aktenkoffer zuschnappen. »Die Arcodas Gruppe ist ein ziemlich großes und vielseitiges Unternehmen, das sich unter anderem im Immobiliengeschäft engagiert. Dazu gehören aber auch Einkaufs- und Freizeitzentren...«
»Einkaufszentren?« Ich horche auf. »Kriegst du da Rabatt?«
»Wenn wir den Zuschlag bekommen. Vielleicht.«
Mann, ist das cool! Vielleicht expandiert Lukes Firma in den Modebereich und macht dann die PR für Dolce & Gabbana statt für irgendwelche öden Banken!
»Weißt du, ob die in Mailand ein Einkaufszentrum haben?«, frage ich hilfsbereit nach. »Dann könnte ich da ja mal hingehen und es mir angucken. Ein bisschen für dich recherchieren.«
»In Mailand haben sie keins. Sie sind nur hier wegen einer Einzelhandelskonferenz.« Luke stellt den Koffer ab und sieht mich sehr lange und eindringlich an.
»Was?«, frage ich.
»Becky... Ich weiß, wir sind in Mailand. Aber bitte - versprich mir, dass du heute nicht durchdrehst.«
»Durchdrehen?«, frage ich leicht beleidigt zurück. »Was meinst du denn damit?«
»Ich weiß, dass du heute einkaufen gehen wirst...«
Woher will er das denn wissen? Also, echt, Luke hat vielleicht Nerven! Woher will er wissen, dass ich mir nicht irgendwelche berühmten Statuen oder so angucken gehe?
»Ich werde nicht einkaufen gehen!«, gebe ich hochmütig zurück. »Die Sache mit dem Einkaufszentrum habe ich lediglich erwähnt, um dir zu zeigen, dass ich mich für deine Arbeit interessiere!«
»Verstehe.« Luke sieht mich zweifelnd an, und das nervt mich.
»Ich bin hier, um mir etwas von der hiesigen Kultur anzusehen.« Ich hebe das Kinn an. »Und weil ich noch nie in Mailand war.«
»Hmhm.« Luke nickt. »Du hattest also nicht vor, dir
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