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Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Titel: Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clough Patricia
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Immer hatte er einen neuen Grund. »Irgendwas ist da los«, sagte Sissi. »Ein Jahr lang haben wir uns überhaupt nicht gesehen, und jetzt lässt er sich jeden Tag etwas anderes einfallen, um mich anzurufen.« Eine Situation, die ihr gefiel. Das war nicht zu übersehen.
    So ging es eine Weile, bis Dirk sie schließlich geradeheraus fragte, ob sie es nicht noch einmal mit ihm versuchen wolle. Er wusste, dass er sich mies verhalten hatte. Es tat ihm furchtbar leid. Die Sache mit der jungen Frau war von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Am Anfang war es natürlich sehr aufregend, aber sie waren nicht füreinander geschaffen, das war ihm bald klar. Es stellte sich heraus, dass der Altersunterschied eine große Hürde war. Sie fand seine Freunde langweilig und teilte seine Interessen nicht. Er fand, dass sie unreif und oberflächlich war, dabei war sie nicht dumm. Sie hatte sich um eine Versetzung bemüht und arbeitete in einer kleinen schwäbischen Stadt, mittlerweile war sie schon seit ein paar Wochen fort.
    Es sei eine gute Erfahrung gewesen, meinte Dirk, er habe viel über sich verstanden. Es hatte ihm vor Augen geführt, wie viel er mit der Trennung von Sissi verloren hatte. Er liebe sie noch immer, beteuerte er und wünschte, sie würden noch einmal ganz von vorn beginnen.
    Sissi zögerte. Sie gab zu, dass auch sie nicht ganz unschuldig an ihrer Trennung war. Die Tatsache, dass sie fünfzig wurde, ihre Verunsicherung über ihr Aussehen, hatte sie wohl doch mehr bedrückt, als sie sich eingestanden hatte. Sie war einfach davon ausgegangen, dass Dirk ähnlich dachte, deshalb wurde ihre Beziehung immer mehr belastet, die körperliche Anziehung fehlte. Durch die Wechseljahre war alles noch schlimmer geworden. Aber auch sie hatte dazugelernt, sie hatte sich verändert, war mit sich selbst zufrieden. Sie war unabhängiger denn je, es gefiel ihr, allein zu leben. Andererseits … sie verstanden sich ja wirklich gut, besser als je zuvor. Ob sie ihn noch liebte? Sie wusste es nicht, sie wollte darüber nachdenken. Dann hatte sie eine Idee: »Wir könnten ja Urlaub zusammen machen, einfach mal sehen, ob es klappt. Wir könnten das alles in Ruhe bewerten und uns dann entscheiden. Wenn es klappt, dann ziehst du wieder bei mir ein. Wenn nicht, dann halt nicht. Es sollte uns auf jeden Fall nicht daran hindern, befreundet zu sein.«
    Und genau das taten sie schließlich. Sie sahen ein, dass sie sich immer noch liebten und dass sie zusammengehörten. Ich hatte mir so etwas schon gedacht, als Sissi mir erzählte, dass Dirk im Café aufgetaucht war. Sie hatten tatsächlich während der Trennung einiges gelernt – beide. Sie wollten ihre Ehe also erneuern, sie wollten es noch einmal versuchen. Zu einer solchen Krise, wie sie sie erlebt hatten, sollte es nicht noch einmal kommen, daran würden sie arbeiten.

12
WENN NICHT JETZT, WANN DENN?
    Während ich an diesem Buch schrieb, starb eine der Frauen, die ich vorgestellt habe: Bärbel Bohley. Sie ist fünfundsechzig geworden. Eine weitere, Rita Levi-Montalcini, hatte gerade ihren hundertdritten Geburtstag gefeiert, sie wusste, dass es ihr letzter gewesen sein könnte. Doch beide sprachen mit extremer Gelassenheit vom bevorstehenden Ende. »Mein eigener Tod ist mir egal«, hatte Rita schon mit hundert gesagt, »er betrifft nur meinen Körper. Was bleibt, ist das, was ich erreicht und geleistet habe im Leben.« Bärbel hat es noch schlichter formuliert: »Ich denke, ich habe gelebt.«
    Wir aber sind noch am Leben, wir werden weiterhin älter. Einige von uns haben eine neue Lebensphase eingeläutet. Maggie Guillebaud hat gespürt, dass sie ihren Beitrag an der Kathedrale von Salisbury geleistet hat. Sie ließ sich versetzen und arbeitet jetzt als Kaplanin am Theologischen Seminar der Diözese, wo sie für die ökumenischen und kulturellen Beziehungen zuständig ist. Sissis Café hat die erste, schwierigste Phase überstanden. Sie widmet sich nun wieder mehr ihrer Ehe. Auch ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich einen Neuanfang wagen möchte. Ich denke, ich werde umziehen. Ganz entschieden habe ich mich aber noch nicht.
    Wer sich einmal neu erfunden hat, weiß, dass man es immer wieder tun kann. Nicht nur mit fünfzig, auch mit sechzig, siebzig … Jede Frau in diesem Buch hat es anders gemacht, und jede hat gezeigt, dass der Eintritt ins letzte

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