Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)
Blick auf die bewusstlose Frau, noch immer voller Staunen. »Wow.«
»Um Mitternacht war ich im Bett«, entgegnete Cindy. »Ich bin nicht gesprungen.«
»Doch, bist du. Glenda starb, und eine neue Zauberin wurde berufen. Du. Du hast schon dein ganzes Leben lang dafür geübt, ihre Nachfolgerin zu werden, und jetzt, wo sie den Stab an dich weitergereicht hat, erzeugst du Illusionen. Über deine Wundereiscremes hinaus. Drachen. Oh, wow , das ist wirklich toll.« Mab zog ihr Handy hervor und tippte Glendas Nummer ein.
Die Frau auf dem Boden am Ende der Theke rührte sich und versuchte, sich aufzusetzen. »Ich habe einen Drachen gesehen.«
Der Brillen-Mensch nahm seine Brille ab und half ihr auf. »Sicher haben Sie das, Ursula.«
Ohne Brille sah er ganz anders aus, fand Mab überrascht. Schärfere Gesichtszüge, schärfer blickende Augen, alles schärfer. Und außerdem war er ein fantastischer Drache gewesen.
Er setzte die hässliche Brille wieder auf, und Ursula wiederholte: »Da war ein Drache.«
»Ich will keinen Stab«, flüsterte Cindy Mab zu. »Glenda ist nicht mehr tot. Sie kann ihren Stab zurückhaben.«
Mab vernahm Glendas »Hallo?« aus dem Handy und sprach hinein: »Hier ist Mab. Wie fühlst du dich?«
»Lebendig, dank dir«, antwortete Glenda. »Was kann ich für dich tun?«
Mab sagte leise: »Komm ins Dream Cream und bläue deiner Nachfolgerin Vernunft ein. Sie produziert jetzt Drachen anstatt Eiscreme.«
»Ach, es ist Cindy?« Glenda lachte, und Mab hatte noch nie einen so entspannten Ton von ihr gehört. »Ja natürlich, Cindy ist es. Bin schon unterwegs.«
»Vielen Dank für die Eiscreme«, rief der Brillen-Kerl und führte die erschütterte Ursula zur Tür. »Ich komme wieder.«
»Nein, nein«, rief Cindy hinter ihm her. »Wir schließen. Saisonschluss. Kommen Sie nächsten Mai wieder.«
» Halloween verpassen?«, entgegnete der Kerl, und Mab begegnete seinem scharfen Blick und erkannte, dass Ursula vielleicht nicht die größte Gefahr war.
»Ich dachte, ich hätte einen Drachen gesehen«, murmelte Ursula, noch immer wie benebelt, und er führte sie durch die Tür hinaus.
»Das ist gar nicht gut«, meinte Mab und setzte sich.
»Bitte lass den Drachen nicht wiederkommen«, flehte Cindy und umklammerte die Thekenkante.
»Und die kleinen, singenden Marshmallows«, fügte Mab nickend hinzu.
»Ach, die Marshmallows sind nett«, meinte Cindy, »aber der Drache ist gefährlich.«
»Ich weiß«, erwiderte Mab und dachte an die Macht, die sich da entfaltet hatte. »Ich weiß.«
Turas Urne unter dem Arm, holte Ethan Weaver bald ein. »Hör mal, ich versteh ja, dass du wegen gestern Nacht wütend bist, aber wir haben einfach getan, was wir tun mussten.«
»Ich weiß.«
»Ich glaube, das D-Gewehr ist hier durchaus nützlich, wir werden es noch brauchen. Und dich auch. Dein Können.«
»Vielen Dank.«
Nun ja, es war herrlich, dass er eine Zukunft hatte, aber lieber würde er sie nicht gänzlich damit zubringen, Weaver ihr beleidigtes Getue wieder auszureden. »Wie lang willst du noch sauer auf mich sein?«
Weaver blieb stehen und wandte sich ihm zu. »Du meinst, du wüsstest alles. Aber das tust du nicht. Du weißt nicht mal, was du bist.«
Ethan hob besänftigend eine Hand. »Aber ich bin gerade dabei, dahinterzukommen. Die Sache mit dem Jäger, was ich da tun muss, das kriege ich auch noch raus. Heute Morgen …«
»Nicht die Sache mit dem Jäger.« Weaver kaute auf ihrer Lippe, als müsste sie eine Entscheidung treffen. »Du zeigst deine Gefühle nicht. Aber beim Sex …«
O Gott nein, bloß nicht so was , dachte Ethan.
»… da glühen deine Augen. Rot. Beim ersten Mal bin ich erschrocken, aber wir waren gerade mittendrin, und dann dachte ich, ich hätte es mir vielleicht nur eingebildet, aber dann passierte es wieder. Da wusste ich dann schon, dass du kein Dämon bist, aber … normal ist das nicht.«
»Na großartig«, murmelte Ethan und versuchte, diese Neuigkeit zu verarbeiten. Also seine Augen glühten rot. Vielleicht sollte er sie in Zukunft beim Sex geschlossen halten.
Weaver blickte ihn stirnrunzelnd an und meinte gereizt: »Das scheint dich nicht zu überraschen.«
»Doch, es überrascht mich. Aber ich habe auch Mabs Augen rot glühen sehen …«
»Du hast mit Mab geschlafen?«
»Nein, nein.« O Gott, Frauen! Er sah, wie sie die Augen verengte, und fuhr rasch fort: »Nein, nein. Würde ich nie. Ihre Augen glühen, wenn sie wütend wird. Fast wie bei einem Menschen, der
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