Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)
als ob sie etwas sähe, wovon ich nichts wusste.«
»Sie ist bereit, dir die Zukunft vorherzusagen, und du willst nicht?« Cindy wich ein wenig zurück. »Bist du verrückt? Ich würde alles dafür geben, dass sie mir meine sagt.«
»Dann geh doch hin.« Mab schaufelte sich Eis in den Mund.
»Ich hab’s ja versucht. Aber sie will nicht. Sie sagt, ich wäre ein von Natur aus glücklicher Mensch und sollte keine Scherze mit dem Schicksal treiben.«
»Ach.« Mab kaute etwas langsamer, während sie darüber nachdachte. »Warum ist sie dann so scharf darauf, mich in ihr Zelt zu kriegen? Ich bin auch von Natur aus glücklich.«
Cindy warf ihr einen Blick zu, der besagte: wie bitte?
»Doch, das bin ich«, bekräftigte Mab. »Ich liebe meine Arbeit.«
»Das ist auch alles, was du tust«, meinte Cindy. »Du machst nicht mal Pause, um an dem Roboterclown zu riechen.«
Mab zog eine Grimasse des Ekels. »Bäh.«
»Tja, der war nicht gut. Aber im Ernst, all diese tollen Sachen um dich herum, an denen du deine Freude haben könntest, aber du tust nichts als arbeiten. Weißt du, das ist jetzt wahrscheinlich die längste Unterhaltung, die wir beide je hatten, und dabei wohnst du schon seit neun Monaten bei mir.«
»Ich habe auch nichts wirklich Interessantes zu sagen«, meinte Mab, »außer über meine Arbeit. Das ist eine tolle Sache.«
Cindy blickte skeptisch drein.
»Und ich komme nicht gut mit Menschen aus«, versuchte Mab, sich zu entschuldigen. »Es liegt nicht an dir. Ich bin ganz allgemein darauf gekommen, dass es besser für mich ist, den Mund zu halten und zu arbeiten, als … Du weißt schon.«
»Mit Leuten zu reden?«, erkundigte sich Cindy erschrocken.
»Die Menschen sind …« Pein . »… seltsam«, fuhr Mab fort. »Arbeit, da fühle ich mich sicher. Weißt du, was ich großartig finde? Dass ich heute damit anfangen kann, den Wahrsager-Automaten zu restaurieren. Ich glaube, der wird fantastisch.« Sie schob sich wieder Waffel und Eiscreme in den Mund. »Ich habe ein großartiges Leben.«
»Deine Arbeit ist großartig«, meinte Cindy, und ihre Fröhlichkeit schwand dahin. Jemand anderes hätte verärgert reagiert. »Du hast kein Leben.«
»Hey hey«, protestierte Mab.
»Tut mir leid«, lenkte Cindy ein. »Das muss ich gerade sagen. Ich lebe auch für meine Eiscreme.« Sie kaute einen Augenblick lang nachdenklich auf der Lippe. »Was willst du denn jetzt unternehmen?«
»Weswegen?«
»Na, wegen dem Roboterclown «, betonte Cindy. »Du bist jetzt Teil einer neuen Legende.«
»Nicht, wenn ich es niemandem erzähle.« Mab spießte den letzten Happen Waffeleis auf. »Glenda schien das Ganze lieber unter den Teppich kehren zu wollen.«
»Glenda kriegt, was sie will. Ich glaube, sie kann …« Cindy hielt inne.
»Was?«, erkundigte sich Mab.
»Ach, nichts«, erwiderte Cindy. »Du würdest mir sowieso nicht glauben. Weißt du, du musst die Türen in deinem Leben öffnen, sonst lebst du gar nicht.«
»Ich würde einen Roboterclown, den ich halluziniert habe, nicht gerade als eine Tür im Leben sehen.« Mab dachte nach. »Ich weiß nicht, was ich überhaupt als Tür im Leben sehen würde.«
Cindy beugte sich vor und flüsterte: »Da sitzt eine am Ende der Theke.«
Mab wandte sich um. Der Bursche kam ihr irgendwie bekannt vor, aber sie wusste nicht, woher. Und an ihn hätte sie sich erinnert. Nicht gerade hübsch, aber … schmale Nase, spitzes Kinn, kräftige Hand, die nach dem Kaffeebecher griff …
Eine gelb behandschuhte Hand, die sich ihr entgegenstreckte …
Nein, das nicht. Das war eine Halluzination.
Dieser Bursche war keine Halluzination. Er sah, dass sie ihn betrachtete, und grinste schief, und um seine Augenwinkel bildeten sich Fältchen, während er sie anblickte, und sie dachte Hallo .
»Alles in Ordnung?«, fragte Cindy, und Mab riss ihren Blick von ihm los.
»Klar. Ich erlebe nur gerade verrückte vierundzwanzig Stunden. Wenn ich mich wieder an meine Arbeit mache, ist das vorbei.«
Die Tür ging auf, und Ashley Willhoite kam herein. Sie gehörte zu den wenigen, die Mab als Stammgäste erkannte, vor allem, weil es schier unmöglich schien, ihr aus dem Weg zu gehen, denn die hübsche, sonnige Ashley war sich sicher, dass jeder gern mit ihr sprach.
Wie das wohl sein mag? , fragte sich Mab, während Ashley sich auf den nächsten Barhocker sinken ließ.
Cindy begrüßte sie: »Hallo, Ashley! Frühstück?«
»Ahornsirup auf Waffel, bitte.« Ashley lächelte Mab an, während Cindy das
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