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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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keine Zeit mehr verlieren. DerGedanke wird in jedem Fall in euren Adern kreisen, ohne dass ihr lange überlegt, zumal rudern das Blut erhitzt und die Aufnahme injizierter Konzepte beschleunigt. Ein Gewinn also auf der ganzen Linie.
    Wir werden schneller, der Wind weht von achtern jetzt. Mit etwas Glück werden wir bei der nächsten Etappe in Gloucester geschmuggeltes Holz laden können, um unsere Triere zu befeuern (die »Triere«, mein Gott, schlagt lieber mal im Lexikon nach, statt auf der faulen Haut zu liegen, die Triere war ein römisches Kriegsschiff mit drei übereinander angeordneten Reihen von Ruderern ). Wenn ihr nicht mal wisst, auf welcher Galeere ihr an Bord geht, seid ihr ziemlich leichtsinnig, überlegt, wo ihr den Fuß hinsetzt. Boniface also, der Vater des erwähnten Revolutionärs ‒ ich sehe, ihr könnt mir folgen, schreibt euch alles gut auf, aber lasst das Ruder nicht los ‒, Boniface hatte das Pech, dass er durch das Los bestimmt wurde, den ruhmreichen napoleonischen Armeen in den Untergang zu folgen. Ihr erinnert euch sicher, dass zu jener Zeit die Einberufung zum Militär nach dem Zufallsprinzip erfolgte, entweder der Typ zog eine gute Nummer, dann konnte er auf seinen Äckern bleiben, oder eine schlechte, und dann ging’s ab nach Russland. Boniface aber hatte, genau wie die anderen, ein paar Kühe zumelken und Leinen zu weben, er war also ein viel beschäftigter Mensch, der Wichtigeres zu tun hatte, als an die Beresina zu rennen. So machte er sich beherzt auf die Suche nach einem Kerl, der ein Gewinnerlos gezogen hatte, um mit ihm zu tauschen. »Einverstanden«, sagte der Typ, »aber unter der Bedingung, dass du mir ein Hemd webst, das vollständig durch diesen Ring passt«, fügte er schlau hinzu und wies auf seinen Ringfinger (Ring/Ringfinger, wir müssen das in Ordnung bringen, sobald wir mal eine Pause einlegen können, aber das sehe ich noch nicht, die Bahnhofsuhr an der Gare de Lyon schlägt Viertel nach zwölf ). So wahr ich es euch erzähle. Boniface kam ziemlich zerknirscht auf seinen Hof zurück. Aber er war ein normannischer Dickschädel (was sich vererbt hat in der Familie) und schnell dabei, selbst die unmöglichste Herausforderung anzunehmen, ein wenig wie wir alle hier, wenn ihr mir den Vergleich gestattet. Er suchte auf allen Märkten nach feinstem Batist, feiner als fein, so hauchdünn wie der Stoff, aus dem die Konzepte sind, die ich eurem Gehirn einflöße. Das ganze Gesinde machte mit, Männer, Frauen, Kinder … Kälbchen, Kuh und Schwein , danke, Jean (ich traf La Fontaine unlängst in der Bar des Institut de France, wo er, hinter all seinem sarkastischen Auftreten verborgen,insgeheim immer noch nach Posten schielt, und er schwatzte mir dieses Satzende auf, das ich ihm nun nicht mehr zu stehlen brauche, ihr seht, manche Leute machen gar nicht so ein Gewese darum). (Sicher, La Fontaine ist längst tot, aber das tut nichts zur Sache, macht euch keine Illusionen, dass es ein Leben nach dem Tode gibt, nur weil ich in der Bar des Institut ein Glas mit ihm getrunken habe.) Und so fertigte Boniface ein Männerhemd mit kaum sichtbaren Nähten, eng anliegenden Ärmeln und schmaler Taille, doch ohne Pfusch, wir sind keine Pfuscher, dreht euer Ruder siebenmal in der Hand herum, bevor ihr den Mund aufmacht. Und so wahr ich es euch erzähle ‒ nun erzähle ich euch schon mal eine verbürgte Geschichte, und ihr werdet mir nicht glauben ‒, das Hemd passte vollständig durch den Ring. Den Ring von dem anderen Typen. Der in den Krieg zog. Und nicht Boniface. Der zurückkam, seine Schweine zu melken. In aller Ruhe und Gemütlichkeit.
    Seitdem schwebt ein vages Schuldgefühl in der Familie. Denn niemand hat je erfahren, was aus dem Kerl wurde, der in seinem leichten Hemd in die eisigen Gegenden der Beresina aufgebrochen war. Man hätte gern was über ihn gehört, und wir warten immer noch. Solltet ihr ihm in einer Hafenkneipebegegnen, sagt mir Bescheid, ihr würdet mir einen Dorn aus dem Fuß ziehen.
    Des ungeachtet (diese Wortverbindung nun habe ich niemandem gestohlen, denn keiner will sie haben, um nichts in der Welt) nährt dieses Beispiel eines hartnäckigen Pazifismus bis heute ein Gefühl berechtigten Stolzes in unserem normannischen Bauernclan. Doch Vorsicht, es ist ein Beispiel, es löst mitnichten das Prinzip des Krieges wie auch nicht das der Liebe, die beide synergetisch miteinander verbunden sind. Verwechselt bitte nicht Beispiel und Konzept. So viel also zu unserer

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