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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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um vor Hunger. Aber macht nichts, sage ich, wir essen später.

Sechs Stunden sind vergangen, eine Katastrophe. Ich habe mich ein wenig gestärkt, zusammen mit ein paar Freunden und meiner Zwillingsschwester, und war fest entschlossen, nur eine Stunde zu bleiben. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, inzwischen ist es vier Uhr morgens, es ist Nacht und, schlimmer noch, bereits Donnerstag. Ich finde euch an der Villette wieder, hingelümmelt zwischen einigen Sixpacks Bier, selig schlafend wie satte Säuglinge, was soll ich mit so einer Armee anfangen? Stimmt, ich bin kein gutes Beispiel, ich habe euch im Stich gelassen. Ich fühle mich schrecklich verantwortlich.
    Ich habe Entschuldigungen, ich nehme an, ihr auch. Wir haben alle Entschuldigungen, außer man führt Krieg oder reißt in der Not seinem armen Nachbarn die Tasche von der Schulter. Also, ich traf einen sehr redegewandten Freund, und wir haben über den Kriminalroman geschwafelt und seine angstlösende Wirkung. Achtung, dieser mein eloquenter Freund ist nicht derselbe wie mein Schriftstellerfreund, bringtnicht alles durcheinander, legt euch Karteikärtchen an, ich kann es nicht oft genug wiederholen, mit Karteikärtchen ist alles viel klarer.
    Verdammt, wacht endlich auf, ich habe den Eindruck, ich rede hier in der Wüste. Und außerdem das Gefühl, dass unsere Reihen sich gelichtet haben. Das ist normal, unser Unternehmen ist eine harte Prüfung und unser Arbeitsrhythmus stressig. Doch was wollt ihr, wir haben keine Wahl, vergesst nicht, dass dieses Opus nicht veröffentlicht werden wird, wir sind also gezwungen, es von Mund zu Mund und unter der Hand weiterzugeben, Napoleon III. ist ein kompletter Idiot, George auch, der Nachbar sieht rot.
    Über den Daumen gepeilt sind wir noch Zehntausend, was immer noch recht ordentlich ist. Siebentausend von euch schlafen, Zweitausend sind blau, und Tausend haben Sex, einfach so, mitten im Parc de la Villette, vor aller Augen und Ohren. Ich verurteile ja niemanden, es ist nur allzu menschlich, aber ich habe das Gefühl, wir sind ziemlich schlecht gerüstet für die entscheidende Schlacht. Seid ihr euch darüber im Klaren, dass heute Donnerstag ist? Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich bin Pazifistin, ich kann euch nicht mit Gewalt wecken, euch ausnüchtern oder mit dem Strahl von Wasserkanonen voneinander trennen, obwohlmich das sehr reizt. Zumal Wasserkanonen praktischerweise in allen drei Fällen Wirkung zeigen. Aber ich achte viel zu sehr jede Form von Flucht, sei es in den Schlaf, in den Alkohol, in die Liebe, ins Schuleschwänzen oder andere Einfälle, um nicht für alle Anregungen offen zu sein. Zumindest kommt in dieser Zeit niemand auf den Gedanken, mangels Betätigung seinem Nächsten ein Küchenmesser in den Bauch zu jagen, und das ist schon mal ein großer Gewinn. Der Anblick eurer zehntausend gleichzeitigen Ausbruchsversuche rührt mich darum, ich mag die Leute eben.
    Dieses totale Laisser-aller macht mich irgendwie glücklich. Einige von euch trommeln, auch das ist nicht unangenehm. Doch, ohne euch eure Freude nehmen zu wollen, ich beharre auf der Tatsache, dass wir Donnerstag haben. Ich sehe, einige haben Holz geklaut, um ein Lagerfeuer anzuzünden, ja, wo glaubt ihr eigentlich zu sein? In einem utopischen Ferienlager? Das Holz, das brauchen wir für den Kessel, ihr benehmt euch wie Traumtänzer, ihr fallt in alte Zeiten zurück. Die Utopie ist keine Angelegenheit von vierzehn Tagen Urlaub unter alkoholisierten Freunden, die die Trommel schlagen.
    Wir kommen nicht schnell genug voran, verflucht, es ist dramatisch. Der Kessel schnauft. Wenn ihr nichtdas ganze Holz verputzt hättet, sähe es jetzt anders aus. Ich werfe keinen Stein auf euch, bevor ich ihn nicht siebenmal im Mund herumgedreht hätte, aber seht euch die Lage an. Und zu allem Überfluss habe ich auch noch vier Stunden geschlafen. Jawohl, weil ihr mir nicht mehr zugehört habt, weil ihr stattdessen geschlafen, gepichelt, gevögelt, Trommel geschlagen habt, ihr wart mit keinem Gedanken mehr bei der Menschheit. Na ja, solange ihr euch nicht gegenseitig mit Filetiermessern umbringt, ist alles in Ordnung, ich atme tief durch. Aber so richtig auch wieder nicht, denn in diesem ganzen Durcheinander habe ich mein Thema verloren. Sollte ich es versehentlich auf dem Tisch in der Kneipe liegen gelassen haben? Oder aufgegessen? Oder verbrannt?
    Kleiner Spaß. Das Thema steckt fest in meiner Tasche.
    Der Kessel pfeift auf dem letzten Loch. Nein, es

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