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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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schwächer, und mein Verstand immer träger. Mein Mund öffnete und schloss sich, ohne dass Worte herauskamen – bis ich mich endlich an das Erste erinnerte, das ich von ihm gehört hatte, noch bevor ich ihn gesehen hatte.
    »Hey, Jude«, flüsterte ich mit brechender Stimme. Ich sagte so viel von dem Liedtext auf, wie ich zusammenkratzen konnte, während ich mir zugleich sicher war, dass das Lied gar keinen Sinn ergab. Und doch war das Lied da, in meinem Unterbewusstsein, als sei es ein Teil von mir geworden, dem ich nicht mehr entfliehen konnte. Ich sang ihm vor, keine Angst zu haben, und die Dinge besser zu machen. Als ich zu dem Teil über Haut kam, zog er sich zurück, und ich spürte, wie sein Atem kalt über den Riss an meinem Hals strich.
    »Ahna? Was …?«
    Er rollte sich neben mich und streichelte mein Gesicht. Ich fühlte Blud in mein Haar rinnen, sodass es mir an Hals und Ohr klebte. Er hatte sich genährt wie ein Kind, hastig und überstürzt, und ich fühlte mich plötzlich wie eine zerbrochene Puppe, die vergessen auf dem Boden lag. Ich versuchte meinen Arm zu bewegen, doch es ging nicht. Mein Mund öffnete sich, doch ich konnte nicht mehr singen.
    »Was mache ich jetzt? Oh Gott, Ahna. Ich kann nicht glauben, dass ich … was mache ich nur?«
    Ich stöhnte und drehte meine Augen auf das Stück Papier, das mir aus der Hand auf den Boden gefallen war. Er verstand nicht sofort, doch dann hob er es auf und las es durch. Ich wusste, dass er die richtige Stelle gefunden hatte, als er seufzte und sagte: »Nimmt es denn kein Ende?«
    Ich maunzte wie ein Kätzchen, denn mein ganzes Dasein konzentrierte sich auf sein Handgelenk, wo die winzigen blauen Äderchen flatterten, wie Laub im kühlen Herbstwind. Er verzog das Gesicht und sah auf seinen Arm.
    »Ich glaube, das kann ich nicht. Ich meine, nicht das Handgelenk. Versuche es hier.«
    Er hob mich auf, einen Arm unter meinen Knien, den anderen um meine Schulter. So bludleer wie ich war, wog ich nicht mehr als ein Kleid, und er trug mich hinüber zur Wand und ließ sich dort sinken, bis er mit dem Rücken zu einem Kissen saß. Mein Mund öffnete und schloss sich sinnlos, nur Zentimeter von seinem Hals entfernt. Er zog mich an sich und wiegte mich, während er mit einer Hand sein Haar zurückstrich, um die goldene Haut darunter zu entblößen.
    »Kannst du zubeißen?«, fragte er. »Bist du stark genug?«
    »Näher«, konnte ich gerade noch flüstern, und als er dem nachkam, bot ich alles, was ich noch an Kraft hatte, auf, um ihn mit einem Reißzahn zu kratzen, gerade genug, um ein wenig rote Flüssigkeit herauströpfeln zu lassen. So voll wie er war, brauchte es nicht viel, um die Wunde zum Fließen und mich zum Trinken zu bringen. Nach wenigen Momenten war ich stark genug, um meine Arme um seinen Hals zu schlingen und ernsthaft zu trinken. Je mehr ich trank, umso fester hielt er mich. Doch diesmal gelang es mir, aufzuhören, lange bevor es gefährlich für ihn wurde. Das musste bedeuten, dass es funktionierte.
    Ich löste mich wieder von ihm, leckte mir über die Lippen und fühlte mich dabei sehr wohlerzogen. Am Rande des Ausblutens von der inneren Bestie kontrolliert zu werden, das war eine Sache. Aber in meinem Volk war es immer wichtig gewesen, Selbstbeherrschung und Zurückhaltung zu zeigen, wann immer möglich. Mein Haar klebte mir im Nacken und der Rücken meines Kleides war durchweicht und klebrig.
    »Ich habe Handtücher und Rosenwasser mitgebracht«, sagte ich, plötzlich verlegen. »Für danach.«
    Sein Gesicht war dunkel, beschattet von einem Bart und beherrscht von umwölkten Augen, die wie zerstoßene Saphire glitzerten. »Wie lange noch?«, flüsterte er. »Wie oft noch?«
    »Bis es getan ist.« Ich musterte ihn von oben bis unten, so weit ich in seinen Armen sehen konnte. »Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind. Du bist immer noch hungrig.«
    »Es ist der seltsamste Hunger, den ich je gespürt habe. Nicht in meinem Magen …«
    »Mehr in deinem Herzen?«
    Er nickte mit gerunzelter Stirn.
    »So ist es. Denn das, was du jetzt brauchst, ist keine Nahrung.« Er starrte an mir vorbei auf die funkelnden mährischen Lampen. In der Dunkelheit des fensterlosen Zimmers strahlten sie nicht weit, und das tiefe Indigoblau der Ecken war so unergründlich wie der Nachthimmel. Es war ein wunderschöner Anblick, friedvoll und magisch, ein Augenblick gestohlener Zeit. Ich schob mein Haar zur Seite, neigte den Kopf und sagte nur: »Dann mach

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