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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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ich ihm nicht sagen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es schon schwer genug für ihn sein würde, menschliches Blut zu trinken, wenn er keine andere Wahl mehr hatte. Was er nicht wusste, würde ihn nicht umbringen.
    Das war mein Job.
    Die Flasche in der Hand, zog Casper sich den Umhang vom Kopf und schüttelte seine Haare aus. Dann ging er durch das Zimmer, duckte sich unter den sternförmigen Laternen hindurch und stieg über die Kissen und Schafsfelle. Als er die Tür zum nächsten Zimmer aufstieß, ließ er einen leisen Pfiff hören, einen gespenstischen Laut, der wie ein fremdartiger, wilder Vogel in der Luft vibrierte.
    »Was ist los?«, fragte ich, und er drehte sich lächelnd zu mir um.
    »Komm und sieh selbst.«
    Dank meiner Privatlehrer wusste ich ein wenig über die Kultur der Mährer Bescheid, also schnürte ich meine Stiefel auf und ließ sie an der Tür stehen, bevor ich über die Kissen zu ihm ging. Das Zimmer auf der anderen Seite war dunkel bis auf ein strahlendes Rechteck aus Licht, ein Buntglasfenster, das schimmernde farbige Rechtecke über den ganzen Boden malte. In dem Regenbogen aus Licht hing ein breites, flaches Bett, das an jeder Ecke mit einem Seil an der Decke montiert war, und auf dem ein Stapel Kissen wartete, nebst einer quastenverzierten Decke, deren Ecke einladend zurückgeschlagen war. Das war so eine Eigenschaft der Mährer: Sie schliefen gern über dem Boden schwebend.
    Ich räusperte mich und wandte den Blick ab. »Wir sollten vielleicht im Vorzimmer bleiben. Für das, was wir vorhaben, willst du eher sicheren Boden unter den Füßen haben.« Ich wickelte mich aus meinem Umhang und ließ ihn auf den Kissenhaufen fallen, wo er wie eine Pfütze aus rostigem Rot aussah.
    Casper schnaubte und stellte die Flasche ab, deren Inhalt schon bedeutend weniger geworden war. Während er seine kniehohen Stiefel abstreifte, nahm ich selbst einige Schlucke und versuchte dabei, die eigentümliche Mischung aus verschiedenen Aromen zu bestimmen. Blut, Blud, Wein und die geheimen Zutaten des Palastsommeliers prickelten in meiner Kehle und ließen meine Finger und Zehen kribbeln.
    »Dann wird es also wehtun?«, fragte er.
    Ich lächelte grimmig. »Um es mit Verushas Worten zu sagen, es wird ›eine völlig neue Welt des Schmerzes‹ sein.«
    Er streifte seine Strümpfe ab und trat einen Schritt auf mich zu, bevor er plötzlich schmerzerfüllt die Luft einzog und seinen Fuß hochhielt. Ich konnte den Tropfen Blut auf seiner Haut riechen, als er etwas herauszog und mit einem ironischen Auflachen zu Boden warf.
    »Stroh. Na klar. Unser Gasthaus ist verhext mit Stroh. Der letzte Strohhalm, an den ich mich klammern darf.«
    »Moment!«
    Alles, was soeben geschehen war – das hatte ich doch schon mal gehört. Ich kramte in meiner Tasche nach dem mysteriösen Päckchen, das ich seit den Docks von Dover mit mir herumtrug. Das gefaltete Papier trug immer noch Criminys Siegel, auch wenn die Ecken ein wenig ramponiert waren, weil es so lange in meinem Korsett gesteckt hatte. Ich hielt es mir an die Nase und schnupperte mit einem tiefen Atemzug.
    »Was ist das?«, fragte Casper und neigte sich zu mir.
    Ich erbrach das Wachssiegel und entfaltete vorsichtig das Papier, um den Inhalt nicht zu verschütten. Der Puder darin war tiefrot wie getrocknetes Blut, schimmerte jedoch und war so fein wie Asche. Auf dem Papier stand geschrieben: »Mischt es in den Wein. Es lindert die Schmerzen. Alles Liebe, Criminy und Tish.«
    »Traust du ihm?«, fragte ich.
    »Nein, verflucht. Aber ihr traue ich. Kipp es hinein.«
    Ich faltete das Papier und schüttete den Inhalt in den übrigen Wein; dann hielt ich die Flasche mit dem Daumen zu und mischte das Ganze. Da ich schwerer zu verletzen war, nahm ich den ersten Schluck, um das Ergebnis zu testen. Der Wein, der ohnehin schon schwer und vollmundig war, hatte nun einen leichten Anflug von Magie an sich.
    Danach fühlte ich mich leichter und gab ihm die Flasche. Mit der ihm eigenen Unbekümmertheit trank er einen großen Schluck und gab sie mir wieder. Ich nippte wieder und sah ihm zu, als er seinen Mantel auszog, faltete und beiseitelegte. Nach einem Augenblick des Nachdenkens entledigte er sich auch seiner Weste und des Hemdes. Als er sich wieder zu mir umdrehte, das Haar offen und wild, bekleidet mit nichts als Kniehosen, und sein Oberkörper umrissen von glitzernden Sonnenstrahlen, die durch das Glasfenster tanzten, nahm ich noch einen tiefen Schluck und spürte die Magie auf

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