Von der will ich alles, Darling
sie beunruhigt – blass, die Augen riesig und mysteriös, die Lippen weich und geschwollen – das Gesicht einer Frau, die mit Hingabe verwöhnt worden ist. Lustvoll hatte sie Danyas Namen gerufen, und dann waren da noch diese anderen Geräusche gewesen, tief aus ihrem Inneren, Töne, die sie nicht hatte unterdrücken können. Und auf einmal waren ihr Tränen über die Wangen gelaufen, ohne dass sie hätte sagen können, warum.
Diese Tränen brannten noch immer in ihren Augen und zeugten von ihrer Unsicherheit und der Angst angesichts dessen, was geschehen war – denn das war nicht nur einfacher Sex, sondern unendlich viel mehr gewesen.
Wer war sie? War sie die harte, fähige Sid Blakely, die niemals länger an einem Ort blieb, als ihr Job es erforderte? Die immer erreichte, was sie sich vornahm? Oder war sie diese andere Frau, die weinte und sich danach sehnte, in den Arm genommen zu werden? Wer war diese Frau, die nicht nur schnellen Sex gehabt, sondern einen Mann leidenschaftlich und zärtlich geliebt hatte?
Sidney schaute hinüber zu Danya. Trotz der Dunkelheit konnte sie sehen, dass er sie beobachtete. Ohne nachzudenken folgte sie dem Ruf seines Körpers. Sie musste ihm nahe sein.
Danya hob einfach die Decke, als sie vor seinem Bett stand, und schmiegte sich in seine Arme. An ihn gekuschelt und erschöpft lauschte Sidney seinem kräftigen Herzschlag und schlief rasch ein.
Danya lag still, als er merkte, dass Sidney aufstand.
Er war die ganze Nacht lang wach gewesen, hatte es genossen, ihren Körper an seinem zu spüren, und überlegt, wie sie wohl am Morgen reagieren würde. Er konnte nur darauf warten, dass Sidney ihre inneren Konflikte selbst löste, doch es würde nicht einfach für ihn werden, nachdem er ihr so nahe gewesen war. Er hatte ihre Beziehung langsam aufbauen wollen, doch Sidneys Leidenschaft hatte seine Pläne zunichte gemacht.
Noch in der Morgendämmerung zog Sidney sich hastig an, rollte ihren Schlafsack zusammen und strich für einen ruhigen Moment über ihr Kleid, das über einem Stuhl hing. Sie berührte kurz die Ohrringe auf dem Tisch und kam dann zum Bett.
Danya tat so, als schliefe er noch, als sie sanft sein Gesicht streichelte, und zwang sich, den leichten Kuss nicht zu erwidern.
Leise schlich Sidney aus dem Häuschen, und Danya wartete, bis sie die Tür geschlossen hatte, bevor er aufsprang. Er konnte sie nicht ohne eine Erinnerung gehen lassen. Er schnappte sich die Ohrringe, riss die Tür auf und rannte hinter Sidney her zum Strand. "Sidney, du hast etwas vergessen."
Sie starrte auf die Ohrringe in seiner Hand. "Die kann ich nicht annehmen."
"Bitte."
"Du stehst nackt am Strand, weißt du das? Was ist, wenn dich jemand sieht."
Sie ließ den Blick über seinen Körper gleiten und erschauerte. "Ist dir kalt?" fragte er, obwohl er wusste, was sie erschauern ließ, denn ihm ging es nicht anders.
"Du gehst nicht eher hinein, bis ich die Ohrringe genommen habe, oder?"
Er lächelte und schüttelte den Kopf. "Siehst du? Du kennst mich schon so gut. Ich habe keine Geheimnisse mehr vor dir."
"Na ja, so nackt, wie du vor mir stehst und …" Sie hatte den Blick gesenkt, und die plötzliche Röte auf ihren Wangen kam nicht von der aufgehenden Sonne.
Danya legte ihr die Ohrringe in die Hand und zog diese an die Lippen. "Du hast noch etwas vergessen." Langsam zog er Sidney in die Arme, um sie zu küssen. Und in diesen Kuss legte er all die Gefühle, die in ihm brodelten – Wut, Angst um Sidney, um sich und die Liebe, die er für sie empfand, Zärtlichkeit und ein tiefes Bedürfnis, ihr wieder so nahe zu sein wie eben noch …
Weil all diese Empfindungen auch ihm Angst machten, löste sich Danya von Sidney und ging zurück ins Haus.
Er ließ sie benommen am Strand stehen, seine Ohrringe in der Hand und seinen Kuss auf den Lippen.
Entweder wird sie sich an mich erinnern oder nicht, entschied er grimmig und fasste an sein schmerzendes Herz. Entweder kommt sie zurück oder nicht.
Es war ihre Entscheidung.
In ihrer kleinen New Yorker Wohnung, der Basisstation für ihre Reisen, zog Sidney einen Schokoriegel aus ihrer Cargohose und beobachtete den Sommerregen, der gegen die Fenster prasselte.
Sidney war jetzt drei Tage in New York, hatte ihren Auftrag für den Kalender erledigt, und man war sehr zufrieden mit ihr gewesen. Inzwischen waren mehrere neue Angebote per E-Mail hereingekommen, doch sie hatte noch keines akzeptiert. Es hatte sich herumgesprochen, dass sie gute
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