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Von dieser Liebe darf keiner wissen - wahre Geschichten

Von dieser Liebe darf keiner wissen - wahre Geschichten

Titel: Von dieser Liebe darf keiner wissen - wahre Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel & Kimche AG
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endlich schläft, klopfen sie ihre Stöcke an den Käfig.
    Warst du je Mitglied einer politischen Partei oder Gruppe?
    Nein.
    Hast du je eine Waffe besessen?
    Nein.
    Aber du hast am Fuß von Tora Bora mit einer Waffe geschossen?
    Ja.
    Weshalb?
    Weil man mir sagte, es könne nicht schaden, zu wissen, wie man schießt.
    Also hast du geschossen?
    Ja.
    Weshalb?
    Jeden Morgen um fünf lärmt ein Band zum Gebet. Dann schiebt ein Wärter das Frühstück in den Käfig. Dann warten, vielleicht schlafen, dann beten, im Koran lesen, dann das Mittagessen, warten, schlafen, putzen, duschen, warten, Verhör, Abendessen. Fünfzehn Minuten am Tag, das Duschen mitberechnet, sind die Uiguren nicht zwischen den Gittern. Bei der Dusche stehen vier Soldaten, auch Soldatinnen, sie grinsen und zeigen auf die nackten Männer, manchmal, wenn die Uiguren gefesselt sind und geblendet, stecken die Amerikaner, Soldatinnen und Soldaten, ihre Finger in den Darm der Gefangenen.
    Abu Bakr rechnet aus, wie alt seine Zwillinge sind.
    Wir haben Beweise dafür, dass du Mitglied der Islamischen Bewegung Ostturkestans bist, die Verbindungen zur al-Kaida hat.
    Welche Beweise?
    Zeugen.
    Was für Zeugen?
    Mach dir dein Leben nicht schwer.
    Das haben mir die Chinesen schon vorgeworfen, dass ich Mitglied der Islamischen Bewegung Ostturkestans sei. Aber diese Bewegung gibt es nicht. Eine Erfindung der Chinesen, um uns zu knechten.
    Wenn sie sich langweilen, werfen die Wärter Steinchen durchs Gitter. Sie stellen ihren Fernseher laut, damit Abu Bakr nicht schlafen kann. Sie furzen, wenn er betet. Einmal schmeißt er einen Becher voll Wasser auf die Wärter. Drei Tage lang öffnen sie den Käfig nicht mehr, reichen Abu Bakr nichts zu essen, nichts zu trinken.
    Abu Bakr rechnet aus, wie alt die Zwillinge sind, Jahre, Monate, Wochen, Tage.
    Abu Bakr, Adel, Ahmed, Akhdar und Ayub hören auf, sich zu rasieren.
    Wann bist du nach Afghanistan gereist?
    Im August 2001.
    Also vor dem Angriff der al-Kaida auf Amerika?
    Ich weiß nicht, was wann in Amerika geschah. Nach Afghanistan ging ich im August 2001. Wenn das, was in Amerika geschah, vor dem Monat August geschah, dann reiste ich nach dem Angriff nach Afghanistan. Wenn aber, was in Amerika geschah, nach dem Monat August passierte, reiste ich vor dem Angriff dorthin.
    Langweilen die Wärter sich sehr, holen sie einen Gefangenen aus der Zelle und ziehen ihn aus. Ayub, der Jüngste, spuckt einem Wärter ins Gesicht. Der Wärter wirft ihn gegen das metallene Bett, Ayubs Fleisch reißt auf, der Rücken blutet. Ayub Haji Mohammed ist allergisch auf Brot, Eier, Fisch, der Lagerarzt bestätigt es. Die Wärter, wenn es Brot zu essen gibt, Eier oder Fisch, schieben Ayub einen leeren Teller in den Zwinger, Ayub wiegt noch zweiundfünfzig Kilo, er tritt in den Hungerstreik, sechs Mal, vielleicht acht.
    Dreißig Gefangene verlieren den Verstand und leben in einem besonderen Käfig. Wollen die Wärter jemanden strafen, stecken sie ihn zu den Verrückten.
    Vierzig Gefangene beschließen, sich zu erhängen. Wärter verhindern den Tod.
    Hast du je auf Truppen der USA oder ihrer Verbündeter geschossen oder jemandem geholfen, dies zu tun?
    Was für eine seltsame Frage. Es gab niemanden, auf den wir hätten schießen können.
    Denkst du, die Welt wäre besser, wenn sie islamisch wäre?
    Nein.
    Im September 2002 erlauben die Vereinigten Staaten von Amerika der Volksrepublik China, die sie in ihrem jährlichen Menschenrechtsbericht dafür tadeln, dass China muslimische Uiguren unterdrückt, fünf Beamte nach Kuba zu schicken, um die zweiundzwanzig Uiguren zu befragen, die auf Guantánamo Bay gefangen sind.
    Wenn wir dürften, sagen die Chinesen und rauchen in einem Zimmer ohne Fenster, nähmen wir dich mit nach Hause.
    Nur schon, dass du den Amerikanern erzählt hast, wir hätten dich gefoltert, brächte dich zu Hause vor Gericht.
    Wir wissen genau, sagen die Chinesen und blasen den Rauch in die Gesichter der Gefangenen, wie viele Kinder du hast und wo sie leben.
    Dann fotografieren sie, von vorne, von den Seiten.
    Gegen Ende des Jahres 2003 kommt das Verteidigungsministerium der USA zum heimlichen Schluss, fünfzehn der zweiundzwanzig Uiguren seien harmlos, das Risiko, das von zehn dieser fünfzehn ausgehe, sei gering, zumal sich deren Hass gegen das kommunistische China richte, und die fünf anderen, Nummer 260, 276, 279, 283 und 293, seien zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, eigentlich könnte man sie freilassen.
    Ein Soldat

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