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Von dir verfuehrt

Von dir verfuehrt

Titel: Von dir verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Omah
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es, wie beim ersten Mal, mich ohne ein Wort zu besänftigen. Sie sah sehr viel besser aus, als bei unserer letzten Begegnung. Die schwarze Jeans und der dunkelrote Rollkragenpulli unter ihrem Wollmantel, waren für ihre Verhältnisse fast schon seriös. Ihre Dreadlocks hatte sie zu einem Dutt gebunden, der größer war als ihr Kopf. Wie gelang es ihr nur, bei dem Gewicht ihrer Haare die Balance zu halten und nicht hintenüber zu kippen?
    „Hallo, Hannah“, grüßte sie mich und hielt mir schüchtern ihre, diesmal s aubere, kleine Hand hin.
    Ich ergriff sie und konnte nur übe r ihre guten Manieren staunen.
    „Ich hab deinen Aushang gesehen und wollte fragen, ob du noch eine Aushilfe suchst.“
    David! Also doch, schoss es mir durch den Kopf. Schickte er nun schon seine kleine Schwester vor, um …? Was auch immer, jedenfalls war es mir nicht geheuer. Vermutlich hatte David von meinem Aushang erfahren und nahm diesen nun als Vorwand, um sich wieder in mein Leben zu schleichen. Reichte es ihm nicht, dass ich beinahe ein Jahrzehnt damit verbringen würde, die Raten für diesen verdammten Whiskey zu begleichen? Wobei ich dazu seine Kontodaten benötigte, die er mir noch nicht geschickt hatte. Stattdessen hatte er sich per SMS mehrmals entschuldigt und mich zwei Mal probiert anzurufen.
    Mia blickte mich erwartungsvoll an. Ob sie sich ihrer Schönheit bewusst war? Das stürmische Grau ihrer Kulleraugen erinnerte mich an David und die Art wie er mich ansah, wenn …. Nein, ausgeschlossen. Mia konnte hier nicht arbeiten, unter keinen Umständen . „Wie bist auf den Aushang aufmerksam geworden?“, versuchte ich meine Vermutung, bezüglich Davids Zutun, zu bestätigen.
    „Durch eine Bekannte , sie hat sich vorgestern bei dir vorgestellt, glaubt aber nicht, dass es was wird. Da ich schon mal gekellnert hab und … dein Café mag, dachte ich …“
    „Zahlen bitte“, unterbrach sie ein Herr, der ungeduldig mit se iner Geldbörse herumfuchtelte.
    Ich entschuldigte mich bei Mia und kassierte den Gast ab. Dabei ließ ich mir Zeit, um einen Weg zu finden, ihr schonend abzusagen. Ihr Hoffnungen zu machen und mich dann nicht mehr zu melden, erschien mir unfair und feige.
    Mia hatte Platz am Tresen genommen und zupfte ne rvös am Ärmel ihres Pullis rum.
    „Du hast also schon mal gekellnert?“, nahm ich das Gespräch wieder auf und ärgerte mich über meinen ungeschickt gewählten Einstieg. So leitete man nun wirklich keine Absage ein. Mias Augen blitzten auf und sie plauderte munter drauf los, erzählte von ihren Erfahrungen als Kellnerin. So redselig hatte ich sie gar nicht in Erinnerung. Mir gefiel, was ich erfuhr. Zuletzt hatte sie in einem Irish Pub ausgeholfen, in dem es sicherlich stressiger zuging, als neuerdings bei mir, … Dank Davids Werbung. Ich schüttelte den Gedanken an ihn ab und hörte Mia weiter zu.
    „Wieso hast du aufgehört, wenn dir die Arbeit dort so viel Spaß gemacht hat?“
    Sie blickte beschämt auf ihre Hände, lief rot an und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. Himmel, sie tat ja so, als hätte ich mich nach ihrem ersten Mal erkundigt.
    „Wegen der langen Öffnungszeiten … Ich schaffe sonst die Schule nicht … Außerdem darf ich mit siebzehn offi ziell nicht so lange arbeiten.“
    Und weiter? hätte ich um ein Haar gefragt, weil ich nicht verstand, was daran so peinlich sein sollte.
    Als hätte sie meine Gedanken gelesen, erklärte sie: „Ich hab letztes Jahr die Schule geschmissen und versuche jetzt mein Abitur nachzuholen.“
    „Ja, Abitur und bis nachts um eins kellnern vertragen sich nicht“, tat ich unbeteiligt, um ihrem Geständnis nicht zu viel Bedeutung beizumessen. Innerlich poppten allerdings tausend Fragezeichen auf: Weshalb hatte sie die Schule geschmissen? Was hatte sie in der Zeit gemacht? Und wieso unterstützte David sie nicht finanziell, statt sein Ge ld für teuren Fusel auszugeben?
    „Wann könntest du denn Probearbeiten?“, hörte ich mich sagen und hätte mir am li ebsten in den Hintern gebissen.
    Ruckartig blickte sie auf. Als hätte meine Frage ein Ventil geöffnet, flos s das Blut in ihrem Kopf ab, und sie strahlte übers ganze Gesicht. „Wie wäre es morgen?“, schlug sie eifrig vor und lächelte glücklich.
    „Okay. Von elf bis zwei?“
    „Ich werde da sein, Hannah. Vielen Dank.“

    Häuser und trostlose Landstriche zogen an mir vorbei. Unter mir ruckelte und polterte die S-Bahn, während der muffige Geruch abgenutzter Sitzpolster und verbrauchter

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