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Von dir verfuehrt

Von dir verfuehrt

Titel: Von dir verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Omah
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Luft in meine Nase kroch. Als könne der Duft der roten Lilien ihn vertreiben, führte ich das Bund Blumen an mein Gesicht. Wie jedes Jahr zu dieser Zeit stellte ich fest, dass Omas Lieblingsblumen hübscher aussahen, als sie rochen.
    Am Dortmunder Hauptfriedhof angekommen stieg ich aus. Zügigen Schrittes überquerte ich den Parkplatz, der zum Nebeneingang des Friedhofs führte. Vor sechs Jahren hatte ich Dortmund den Rücken gekehrt und mir geschworen, nie mehr zurück zu blicken. Doch Oma Lisbeths plötzlicher Tod hatte mein Vorhaben auf schmerzliche Weise durchkreuzt. Am siebzehnten November vor drei Jahren verlor ich den einzigen Menschen, der mir … nach der Sache mit Stefan geblieben war. Seitdem war ich gezwungen mich meiner Vergangenheit, zumindest räumlich, zu stellen was, wie jedes Jahr Unbehagen in mir auslöste.
     
    Dank des Friedhofsgärtners, den ich von Omas Erbe bezahlte, sah man dem Grab meine seltenen Besuche nicht an. Es würde wohl niemals einen Botanikpreis gewinnen, aber es war gepflegt und sauber. Wie jedes Jahr platzierte ich die Lilien und das Lichtlein vor dem Grabstein und gedachte meiner geliebten Großmutter. „Hannah“, hatte sie gesagt, „nur wer an die wahre Liebe glaubt, kann ihr begegnen. Gehe mit offenem Herzen durchs Leben, dann findet sie dich.“ Ich sah ihre dünnen, mit Falten übersäten Finger, die mir übers Haar strichen und ein Bonbon reichten. Als könne der Zucker einem den bitteren Geschmack des Lebens versüßen. Mit geschlossenen Lidern erinnerte ich mich an die zahlreichen, tiefen Furchen in ihrem Gesicht und ihre leuchtend blauen Augen, die Erfahrung, Weisheit Glück, Trauer und zuletzt die Sorge darüber gespiegelt hatten, ob ich … Stefans Verrat jemals überwinden würde. „Keine Angst Oma, mir geht es gut“, flüsterte ich und war mir sicher, dass sie mich hörte.
     
    Am Bahnsteig verkündete eine Männerstimme über die Lautsprecheransage, dass der Regionalexpress nach Köln voraussichtlich dreißig Minuten Verspätung haben würde. Normalerweise tobte ich unter solchen Umständen vor Aufregung, zwang man mich doch meine Zeit an einem Ort zu verbringen, den ich nicht mochte. Aber die Unzuverlässigkeit der deutschen Bahn kam meinem knurrenden Magen ausnahmsweise gelegen, weshalb ich mir die Wartezeit mit einer warmen Brezel und einem Milchkaffee verkürzte. Da ich dem eisigen Wind am Bahnsteig schutzlos ausgeliefert war, beschloss ich in der Bahnhofshalle zu warten. Herzhaft biss ich in das Laugengebäck und versuchte den Teigklumpen mit mehrmaligem Schlucken herunter zu würgen. Das Teil war so trocken, dass meine Speichelproduktion nicht nachkam.
    „Hannah?“
    Schlagartig hörte ich zu kauen auf. Der Kaffeebecher entglitt meiner Hand und fiel zu Boden. Mein Herz pochte so laut und heftig, dass ich es in den Ohren vernahm und das Hämmern in meiner Brust spürte. Lieber Gott! Bitte, tu‘ mir das nicht an , betete ich, drehte mich in Zeitlupe um und erstarrte. Vor mir stand Stefan. Am liebsten hätte ich meine Beine in die Hand genommen und wäre gerannt, so schnell ich konnte, weit weg. Stattdessen merkte ich, wie sich meine Lippen zu einem falschen Lächeln verzogen und ein verlogenes, „Stefan, wie schön dich zu sehen“, meinem Mund entwich.
    „Hannah … ich …“, Stefan gelang es nicht so gut wie mir seine Überraschung zu verbergen. „Ich freu mich auch dich zu sehen“, sagte er schließlich und musterte mich von Kopf bis Fuß. Er war nicht mehr der kleine Junge, seine Gesichtszüge waren kantiger und seine Schultern breiter geworden. Er trug sein volles, dunkelblondes Haar kinnlang. Lässig hinter die Ohren geklemmt, rahmte es perfekt sein wunderschönes Gesicht. Er sah … gut aus, sehr sogar und ich spürte, wie eine scharfkantige, kalte Klinge an meinen Narben schabte. Hastig wich ich seinen blauen Augen aus, als sie meine suchten. Ich blickte auf meine rechte Hand, die nach Halt suchend, die Brezeltüte so fest umklammerte, dass meine Knochen weiß hervortraten. Das konnte doch nicht wahr sein. Was machte er hier, am selben Bahnsteig, zur gleichen Zeit?
    „Was verschlägt d ich nach Dortmund? Ich … dachte, du lebst jetzt in Köln“, brach er das Schweigen zwischen uns.
    Ja, deinetwegen. Da du mir das Herz gebrochen und mich verraten hast , schrie ich in Gedanken. Stattdessen lächelte ich den Schmerz weg und antwortete: „Ich hab meine Oma besucht.“
    „Und wie geht’s Oma Lissi?“
    Dass er sie so nannte, versetzte mir

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