Von dir verfuehrt
„Bekommt man an dieser Bar auch was zu trinken?“, versuchte ich die Spannung, die uns umgab, zu entladen.
„Selbstverständlich. Ic h war abgelenkt, verzeih.“
Nicht nur du , dachte ich und beobachtete, wie er auf der gegenüberliegenden Seite der Sitzbank, deren Maße eher einer großen Komfortliege glichen, Platz nahm. Aus der Vitrine, die warmes indirektes Licht spendete, holte er zwei Gläser und … einen Whiskey hervor. Wortlos, sein Schmunzeln sprach Bände, kehrte er zu mir zurück, platzierte die Gläser auf dem kleinen schwarzen Hochglanzholztisch neben sich und schenkte uns ein. „Auf dich, Hannah“, sagte er und sah mir tief in die Augen.
Ich erwiderte seinen Blick, nippte aber nur kurz an dem Glas. Es fühlte sich nicht richtig an mehrere Tausend Euro in mich hinein zu kippen. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er sich etwas erhoffte, dass ich ihm nicht geben konnte und wollte. „Wovon versuchst du mich zu überzeugen?“, fragte ich ohne Umschweife und gab ihm mein volles Glas zurück.
David, ganz der Alte, überging meine Frage mit den Worten : „Schmeckt er dir nicht?“
Ich wartete bis er mein Getränk abgestellt hatte und sich mir mi t sorgenvoller Miene zuwandte.
„Das hier“, ich machte eine ausladende Handbewegung, „ist ganz nett und dein schniekes Etablissement, in das du mich entführen möchtest, hat kulinarisch sicher einiges zu bieten. Aber ich leg keinen Wert auf solchen … Luxus. Sag mir einfach was du willst. Das erspart uns beiden Zeit und schont dein Portemonnai e.“
David schwieg kurz und sah mir entschlossen in die Augen. „Ich will das hier, Hannah.“ Er strich mir eine Strähne hinters Ohr, was mir gar nicht gefiel. Ahnend, was als nächstes kam, suchte ich Abstand und zog mich zurück.
„Hey, du Schisshase“, lachte er, „bleib hier und hör dir an, was ich zu sagen habe.“
„Ich bin kein Schisshase“, grummelte ich und ließ zu, dass er näher kam.
Davids Mundwinkel zuckten amüsiert, bevor er mit ernster Miene fortfuhr: „Mit das hier , meine ich, nicht zu wissen, was als nächstes passiert, wenn ich mit dir in einem Raum bin oder du den Mund aufmachst. Wenn ich eins hasse, dann ist es Kontrollverlust. Andererseits finde ich es äußerst reizvoll, die Fäden in meiner Hand entzogen zu bekommen. Und so fühle ich mich, wenn du in meiner Nähe bist.“
„David …“, versuchte ich ihm ins Wort zu fallen, doch er sprach einfach weiter.
„Zu meinem Job gehört es, heute zu wissen, was der Kunde i n einem Jahr kaufen will. Mich umgeben täglich so viele Menschen, auch Frauen, die mir nach dem Mund reden und so durchschaubar sind, dass ich kotzen könnte. Aber du bist anders, so erfrischend. Du treibst mich in den Wahnsinn, weil du ja sagst, obwohl du nein meinst und umgekehrt. Und jeder Versuch eine Gesetzmäßigkeit dahinter auszumachen, ist zum Scheitern verurteilt. Bevor du gleich aus dem fahrenden Auto hechtest … Nein, ich bin nicht auf der Suche nach einer festen Partnerin.“
Trotz aller Bemühungen konnte ich nicht verhindern, dass meine Anspannung geräuschvoll aus meinen Lungen wich, was David belustigt registrierte.
„Und jetzt zu deiner Frage: Ich möchte Kontrollverlust erleben. Zwei bis drei Mal die Woche will ich, dass wir uns sehen, bei dir oder mir und alles um uns herum vergessen.“
„Du meinst also eine Affäre“, fasste ich seinen endlos langen Monolog zusammen und spürte, wie allein die Vorstellung an re gelmäßigen Sex mit ihm mich feucht werden ließ.
Zwölf
David
H annahs Wangen waren von diesem zarten, verräterischen Rosa. Sie starrte mir auf den Mund und ihr eigener war einen Spalt geöffnet. Ihr Körper hatte mir längst die Antwort gegeben, auf die ich gehofft hatte. Nun war es an ihrem hübschen, sturen Kopf ihrem Verlangen nachzugeben. Doch Hannah ließ mich warten, mal wieder. Ich platzte vor Ungeduld, wollte ihr endlich diesen Mantel und was sich darunter verbarg vom Leib reißen. Stattdessen nahm ich einen Schluck Whiskey und zwang mich zur Gelassenheit.
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist“, sagte sie nach einer gefühlten Ewigkeit.
Und ich konnte nicht fassen, dass ich minutenlang auf eine Antwort gewartet hatte, die mich kein Stück näher an mein Ziel brachte. Diese Frau raubte mir den letzten Nerv. Dennoch gab es weit und breit keine, die mich derzeit mehr reizte, als sie. „Was sind deine Bedenken, Hannah?“
„Affären und sowas sind nicht mein Fall. Das gestern …
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