Von Feuer und Nacht
wären, uns alle durch das mentale Netz zu berühren, würden Sie sich nie allein fühlen.«
Kolker wandte sich ab. »Ich weiß, was mir die Einsamkeit nehmen würde, und es ist nicht Ihr Thism.« Zwar wünschte er sich sehnlichst ein Gespräch, aber es fiel ihm trotzdem schwer, mit jemandem zu reden, der so selbstzufrieden war.
Der Ildiraner des Linsen-Geschlechts spürte, dass er nicht willkommen war, und stand langsam auf. »So würden Sie nicht denken, wenn Sie verstünden, was ich meine.«
Kolker seufzte. Da der Alte schon mal da war, konnte er ihm auch zuhören. Vielleicht lenkte es ihn von seinen Problemen ab. »Bleiben Sie und erzählen Sie mir davon.« Der grüne Priester konnte die Bitterkeit nicht aus seiner Stimme fernhalten. Immer wieder dachte er an den verlorenen Schössling.
»Erzählen Sie mir vom Thism.«
Und Tery'l erklärte ihm das mentale Netz der Ildiraner.
74 NIRA
Nachdem Osira'h zur Residenz des früheren Designierten gegangen war, um vor seiner Abreise mit ihm zu Abend zu essen, arbeiteten Nira und die anderen ehemaligen Gefangenen an den letzten Details der Pläne. Udru'h gab vor, das Mischlingsmädchen zu vermissen, und er glaubte, dass Osira'h wegen seiner Abreise traurig war. Der ekelhafte Mann wollte Dobro hinter sich lassen und alle seine Ver brechen unter den Teppich kehren, als hätten sie nie existiert.
Nira hasste ihn für das, was er ihr angetan hatte, sowohl physisch als auch psychisch. Als sie damals ihre Schwangerschaft bemerkt hatte, war sie erst so glücklich gewesen. Osira'h war Jora'hs Kind, in Liebe empfangen - eine neue Erfahrung für den Erstdesignierten, dessen Aufgabe darin bestand, seine Gene in allen ildiranischen Geschlechtern zu verbreiten. Sie hätten ihre gemeinsame Tochter im Prismapalast aufgezogen, mit all der Zuneigung, die sie brauchte. Stattdessen war ihnen dies auferlegt worden. Als Nira gehörte hatte, was Jora'h zusammen mit den Hydrogern in Hinsicht auf die Menschheit plante, begann sie an ihm zu zweifeln. In den Jahren ihrer Gefangenschaft hatte sie sich an ihrem Bild von Jora'h festgeklammert. Sie hatte ihn geliebt, doch jetzt sah sie ihn immer mehr als nur Weisen Imperator, als jemanden, dessen Herz gestorben war, als er im Chrysalissessel Platz genommen hatte.
Die unruhigen, zornigen Menschen des Zuchtlagers hatten sich an diesem Abend in einem Gebäude versammelt, und es oblag Nira, sie anzuführen. Sie würden den Ildiranern das ganze Ausmaß ihres Zorns zeigen.
Nira sprach mit fester Stimme. »Durch die Freilassung habt ihr eine Macht bekommen, von der die Ildiraner nichts ahnen. Über viele Generationen hinweg hielten unsere Peiniger euch für schwach und hilflos. Heute Abend könnt ihr ihnen zeigen, dass ihr euch nicht länger missbrauchen lasst. Heute Abend brennen wir das Alte nieder, beseitigen die Narben und pflastern den Weg für einen neuen Anfang. Wir werden sehen, ob der Designierte Daro'h zu seinem Wort steht.«
Nira sah zu den Mischlingskindern, die neben den Betten warteten. Sie hatte sie aus ihren Quartieren in der ildiranischen Siedlung geholt, ohne dass jemand Einwände erhob.
Die Ildiraner der verschiedenen Geschlechter überwachten sie nicht mehr, seit Daro'h das Lager für offen erklärt hatte. Die Kinder waren einfach Überbleibsel eines aufgegebenen Programms.
Stoner bemerkte Niras Blick. »Sind sie hier sicher? Was geschieht, wenn Wächter kommen?«
»Es ist wichtig, dass sie dies sehen. Es ist mehr als nur ein Symbol.« Osira'h hatte ihren jüngeren Brüdern und Schwestern erzählt, dass ihre besonderen Fähigkeiten einem Reich helfen sollten, das das Volk ihrer Mutter auslöschen wollte. Selbst Rod'h hatte die Wahrheit in Osira'hs Worten erkannt. Die Kinder blieben jetzt bei Nira.
Die früheren Gefangenen verließen das Gebäude, wie eine Gruppe, die sich anschickte, in den Erosionsschluchten nach Opalknochen-Fossilien zu suchen. Sie trugen Zündvorrichtungen und improvisierte Fackeln. Ildiraner liebten das Licht und hassten die Dunkelheit. An diesem Abend würden ihnen Nira und die anderen ein Lodern präsentieren, das sie bestimmt nicht so schnell vergaßen.
Sie versammelten sich vor den leeren Zuchtbaracken. Die im Lager aufgewachsenen Menschen kannten nichts anderes, aber auch sie hassten diese Gebäude. Nira nahm die erste Fackel und hielt sie an die nächste Holzwand. »Brennt sie nieder.«
Insgesamt waren es sieben große Baracken, jede von ihnen mit vielen Räumen, Symbole für Jahrhunderte des
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