Von Feuer und Nacht
Leids. Flammenzungen leckten übers trockene Holz und breiteten sich schnell aus. Niras Kinder nahmen Anzünder, steckten damit weitere Holzwände in Brand, und auch die anderen halfen. Ein nächtlicher Wind kam auf, wie um das Feuer anzufachen. Nira beobachtete, wie die Flammen immer größer wurden. Die Zuchtbaracken brannten lichterloh, und Funken stoben empor.
Das große Feuer weckte schon nach kurzer Zeit die Auf merksamkeit der Ildiraner in ihrer hell erleuchteten Siedlung. Glänzer erschienen zwischen den Gebäuden, in denen die Angehörigen des Meiziner- und des Linsen-Geschlechts wohnten.
»Dies genügt nicht!«, rief Benn Stoner. »Lasst uns auch die ildiranische Siedlung in Brand stecken. Die Arbeit unserer Vorfahren hat jene Gebäude geschaffen. Wenn es einen sauberen Anfang geben soll, müssen sie ebenfalls verschwinden.«
Der Vorschlag gefiel den zornigen Leuten. »Schlagt die Fenster ein!«, riefen sie. »Brennt die Gebäude nieder!« Sie liefen mit den Fackeln zur Siedlung. Nira stellte besorgt fest, dass sie schnell die Kontrolle über die Menge verlor. »Nein! Wir haben bereits die Baracken in Brand gesetzt - mehr ist nicht nötig.«
Das Feuer breitete sich nicht nur im ehemaligen Zuchtbereich aus, sondern auch in den Herzen der Leute. »Wir zahlen es ihnen heim!«
Alle Baracken brannten, und die Flammen reichten weit gen Himmel. Nira begriff voller Kummer, dass sie den Mob nicht mehr kontrollieren konnte. Sie fühlte sich elend.
Der neben ihr stehende Rod'h zog an ihrem Ärmel. Er sah, wie sie zur Siedlung blickte. »Gehen wir jetzt zu meinem Vater?«
In ihrem Schock hatte Nira ganz vergessen, wer Udru'h für den Jungen war.
»Ja, Rod'h«, sagte sie. »Jetzt gehen wir zu deinem Vater.«
7 5 EHE MALIGER DESIGNIERTER UDRU'H
Eine frische Dosis Schiing zirkulierte in Thor'hs Adern und wirkte wie ein Sandsturm, der das Licht schluckte und es finster werden ließ. Die Droge isolierte den Verräter, trennte ihn vom Trost des Thism. Seit dem katastrophalen Ende von Rusa'hs Rebellion zeigte sein wächsernes Gesicht nicht die geringste Emotion.
»Du schläfst ruhig, Thor'h«, brummte Udru'h. »Und wir anderen müssen uns den Konsequenzen unserer Taten stellen.« Er wandte sich von dieser unerledigten Sache ab und ließ den komatösen früheren Erstdesignierten in seinem kahlen Zimmer zurück. Er musste Thor'h bald in Daro'hs neuer Residenz unterbringen. Aber nicht jetzt. Udru'h beabsichtigte, diesen Abend auf angenehmere Weise zu verbringen. Er hatte Osira'h zu einem letzten gemeinsamen Essen eingeladen, bevor er nach Ildira aufbrach.
Das Mädchen wartete bereits auf ihn. Steif saß es am Tisch, wie üblich schlicht gekleidet. Udru'h zögerte nur einen Moment. Er hatte dieses Mischlingskind fast wie seine eigene Tochter aufgezogen und ihm alles beigebracht, was es für die Erfüllung seiner Aufgabe wissen musste. Und Osira'h war bei ihrer Mission erfolgreich gewesen. An diesem Wissen konnte Udru'h festhalten, selbst wenn er für seine Arbeit auf Dobro nie ein Wort der Anerkennung bekam, selbst wenn ihn der Weise Imperator für die Lügen und das bestrafte, was er mit Nira gemacht hatte. Das Zucht- programm war wichtig gewesen.
Als er Platz nahm, eilten Bedienstete mit Getränken, Aperitifs und dampfenden Speisen herbei. Udru'h schaltete weitere Lampen ein, obwohl Osira'h offenbar nichts gegen die Düsterkeit einzuwenden hatte. Sie hatte viel Zeit bei ihrer Mutter und den anderen menschlichen Zuchtobjekten verbracht. Aber in Wirklichkeit gehörte sie hierher, zu ihm.
Osira'h sah auf. »Soll ich dich noch Designierter oder Ehemaliger Designierter nennen?«
»Nenn mich Onkel.« Das Lächeln wirkte fehl am Platz in Udru'hs Gesicht. Das Mädchen nahm die Antwort kommentarlos entgegen.
Man brachte ihnen Teller, und sie aßen schweigend. Keiner von ihnen zeigte Genuss an der Mahlzeit. Das eigene Unbehagen erschien Udru'h seltsam - sie hatten häufig zusammen gegessen.
»Dies erinnert mich daran, wie oft wir bei deinem Unterricht zusammengesessen haben.« Ein Gefühl des Verlustes suchte ihn heim, als er diese Worte sprach. »Als du jünger warst, hast du mir gefallen wollen. Das ist noch gar nicht so lange her.«
Osira'h saß auf der anderen Seite des Tisches und sah ihn aus ihren großen Augen an. Sie war distanziert und verschlossen. »Für mich fühlt es sich wie tausend Jahre an.«
Udru'h konnte sich kaum vorstellen, was sie durchgemacht hatte. Wie war es gewesen, in die Tiefen eines
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