Von Feuer und Nacht
Polymerblock. »Die Forschungsgruppe hat viele Daten gesammelt, die ich auswerten muss.«
Estarra wirkte sehr erschöpft, hielt ihren Bauch und suchte nach einem Sitzplatz an Bord des fremden Schiffes. Sie lehnte sich an eine der glatten Wandvorsprünge. »Haben die Wissenschaftler genug herausgefunden?«
Die Aufmerksamkeit des Kompi blieb auf die Kontrollen gerichtet, und er zögerte - zum ersten Mal, seit Peter ihn kannte. »Ja, ich habe genügend Daten, um daraus die notwendigen Informationen zu gewinnen. Dieses Triebwerk ist weitaus komplizierter als der ildiranische Sternenantrieb oder die Antriebssysteme der Terranischen Verteidigungsflotte. Wenn ich meine ganze Verarbeitungskapazität nutze, kann ich ein Paradigmen-Overlay schaffen, das mich in die Lage versetzt, dieses Schiff nach Theroc zu fliegen.«
»Ich wusste, dass wir uns auf dich verlassen können, OX«, sagte Estarra. Der Kompi drehte sich um und sah Peter an. »Da unser Plan so schnell in die Tat umgesetzt werden musste, hatte ich leider keine Gelegenheit, verschiedene Downloads mitzubringen. Wie Sie wissen, sind meine Speicherbänke bereits mit den Daten persönlicher Geschichte gefüllt. Ein Upgrade ist schon seit einer ganzen Weile nötig.«
»Was bedeutet das?«, fragte Peter. »Reicht das Potenzial deiner Prozessoren nicht aus, das Triebwerk zu steuern?«
»Ich habe genug Rechen- und Speicherkapazität. Doch um diese Kapazität dafür zu nutzen, die hiesigen Bordsysteme zu verstehen und zu kontrollieren, muss ich alle meine Erinnerungen löschen.«
»Es sind die Erfahrungen von drei Jahrhunderten!«, ent fuhr es Peter. »Wir machen etwas anderes. Wir finden eine andere Möglichkeit, dieses Schiff zu fliegen. Oder wir verstecken uns hier auf der Erde, bis alles vorbei ist.«
»Nein, König Peter, Sie und die Königin müssen in Sicherheit gebracht werden. Das ist meine Priorität.«
»Dann befehle ich dir, deine Prioritäten zu ändern.«
»Das können Sie nicht. Eine derartige Anweisung hätte ebenso wenig Sinn wie die, den Vorsitzenden Wenzeslas zu töten.« OX richtete seine goldenen Augensensoren auf Estarra. »Auf Theroc sind Sie und Ihr Kind sicher.«
»Wir könnten durch ein anderes Transportal der Klikiss gehen, wie Daniel«, schlug Peter vor.
Estarra richtete einen kummervollen Blick auf ihren Mann. »Es muss Theroc sein, Peter. Mein Volk kann uns schützen. Auf Theroc sind wir in der Lage, die neue Regierung der Erde vorzubereiten.«
Peter wusste, dass sie recht hatte. »An einem anderen Ort müssten wir uns verbergen. Die Menschheit braucht uns.« Er schluckte den Kloß hinunter, der sich in seinem Hals formte. Er wusste, was OX tun würde. Er wusste auch, dass die Tränen in Estarras Augen ihm galten, ihrem Kind, der Erde... und OX.
»Der Vorsitzende könnte jeden Moment bemerken, dass wir den Flüsterpalast verlassen haben. Wenn Hydroger-Schiffe die Verteidigungslinien durchbrechen, greifen sie zuerst den Palastdistrikt an. Wir müssen sofort aufbrechen und können nur hoffen, dass dieses Schiff klein genug ist, um beiden Seiten zu entwischen, sobald wir im All sind.« Mit einer fast optimistisch klingenden Stimme sagte OX: »Ich werde versuchen, einige Erinnerungen an Sie zu bewahren, wenn es der Speicherplatz erlaubt.«
Bevor Peter etwas sagen konnte, um den Kompi aufzuhalten, bevor er in der Lage war, eine andere Lösung für dieses Problem vorzuschlagen, wandte sich OX den Kontrollen zu.
Er begann mit der Übertragung der Informationen aus den Datenpaketen, die Cain ihm gegeben hatte, überschrieb mit ihnen seine dreihundert Jahre alten Erinnerungen.
Peter dachte traurig an all die Dinge, die der Kompi jetzt verlor. Er opferte einen großen Teil der eigenen Identität, ersetzte Erinnerungen, die ihm lieb und teuer waren, durch kalte Gleichungen. Der Lehrer-Kompi kam einem historischen Schatz gleich. Peter fragte sich, ob die Hanse irgendwann einen Backup-Download zur Sicherung von OX' Erinnerungsdateien vorgenommen hatte. Vermutlich war Basil Wenzeslas nie bereit gewesen, Zeit dafür zu erübrigen. Er hätte es für irrelevant gehalten.
Nach einem langen, unerträglichen Moment wandte sich OX ihnen mit verändertem, gelöstem Gebaren zu. »König Peter, Königin Estarra ...« Seine Stimme war klanglos. »Ich bin bereit. Möchten Sie jetzt losfliegen?«
Peter und Estarra wussten, dass sie gerade einen ihrer wenigen Freunde im politischen Sumpf der Hanse verloren hatten. »Ja«, antwortete Peter bedrückt. »Bitte
Weitere Kostenlose Bücher