Von jetzt auf gleich
und zeigte auf mich selbst.
»Es sei denn, du stellst dich als langweilig heraus«, erwiderte sie und küsste mich auf die Wange. »Dann gehen wir um halb elf zu ›mir‹ über.«
Ruck zuck war der Raum voll von Fremden, die wahrscheinlich an dem einen oder anderen Punkt meines Lebens sehr wichtig für mich gewesen waren. Ich war überrascht und ein wenig geschmeichelt, wie viele Leute gekommen waren. Meine Bude war voll. Cat zeigte auf eins von den vergrößerten Fotos und versuchte meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.
»Schau dir das an! Erinnerst du dich daran? Das war der Sommer in der sechsten Klasse. Du bist in den Ferien ins Ausland gegangen, und du und dein damaliger Freund, Warren, ihr habt langsam zu ›New York, New York‹ getanzt und beide fürchterlich geweint. Das war so traurig!«
»Donnerwetter«, sagte ich, »echt traurig. Junge Liebe, was?«
»Er ist hier«, strahlte sie.
»Wer?«, fragte ich.
Cat zeigte auf einen Typen und winkte ihn herüber. »Warren!«, rief sie. Die Jahre waren nicht gut gewesen zu dem armen Warren. Er war übergewichtig, hatte eine Stirnglatze, sah ziemlich bekloppt aus und hatte den Mund voll Essen, als er Cat winken sah. Er winkte zurück und kam zu uns rüber.
»Bitte, tu das nicht«, sagte ich. Aber da war er schon.
»Hi, Warren«, sagte Cat.
»Hi«, sagte Warren kaum hörbar immer noch mit vollem Mund und Krümeln im Gesicht und auf dem Kragen. »Hi, Jordan. Du siehst bombig aus.«
»Danke, du auch«, flunkerte ich.
»Erinnerst du dich an ihn?« Cat zog die Augenbrauen hoch.
Cat zuliebe strengte ich mich an. Ich sah ihn lange und eingehend an. Was nicht sehr leicht war, denn er fing an zu sabbern. Gott sei Dank streckte er seine Zunge raus und leckte es ab. Ich schüttelte mich.
»Nein. Ich glaube nicht. Tut mir leid. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich es tue. Ich habe nur gesagt, dass er bombig aussieht, aber nicht verglichen mit früher, sondern einfach verglichen mit … mit nichts.«
»Eigentlich«, sagte Cat so leise, dass nur ich es hören konnte, »erweist sich ›nichts‹ im direkten Vergleich wohl als das Beste.«
»Das ist okay«, sagte Warren, neigte sich zu mir und flüsterte laut genug, dass alle es hören konnten: »Ich habe in der Nacht, bevor du weggegangen bist, an dir rumgefummelt.«
»Das hast du jetzt nicht gesagt.« Ich war total geschockt. Er nickte selbstbewusst, und ich wünschte mir, der Parkettboden würde sich unter mir öffnen und mich auf der Stelle verschlucken.
»Dann ist es ja gut, dass sie unter Gedächtnisverlust leidet«, sagte Cat zu ihm und grinste breit.
Glücklicher- oder unglücklicherweise kam meine Schwester zu uns rüber.
»Hey Schwester«, sagte Sam, »diese Bilder sind Klassiker. Ich liebe diese Pizza-Uniform.«
»Ja«, sagte ich. »Aber ich sehe irgendwie nicht sehr glücklich aus.« Mein Hut war mir bis über die Augen gerutscht, und meine Arme waren vor meiner Brust fest verschränkt.
»Jordan hat da in einem Sommer gearbeitet«, sagte Sam zu Cat und allen in Hörweite. »Ihr Einsatz dauerte dreißig Minuten oder weniger. Ich habe sie von meinen Freunden aus angerufen und ihr die falschen Adressen gegeben. Dann haben meine Freunde sie vom nächsten Haus herübergewinkt, und wir haben umsonst Pizza bekommen und sie damit in Schwierigkeiten gebracht.«
»Wie gemein«, sagte ich. Sie hatte zwar mal gesagt, dass sie eifersüchtig auf mich gewesen war, aber diese Frau war ein einziger Albtraum!
»Das war doch alles nicht böse gemeint«, erklärte Samantha. »Wir hatten sowieso alle Bulimie, deshalb machte es überhaupt keinen Sinn, für Essen zu bezahlen. Wir kotzten einfach alles wieder aus.«
»Das ist ja furchtbar«, murmelte ich.
»Jordan hatte auch Bulimie!«, trötete Sam.
»Wirklich?« Ich war überrascht und traurig über diese Enthüllung.
»Stimmt das?«, fragte Cat. Sie neigte den Kopf zur Seite und sah aus, als würde es ihr schwerfallen, das zu glauben, wo wir doch praktisch von Geburt an fast ständig zusammen gewesen waren.
»Na ja, so eine Art verhinderte Bulimie«, meinte Sam lachend. »Sie hat das Essen in sich hineingestopft, allerdings vergessen, alles wieder auszukotzen.«
»Ich wusste, dass es nicht stimmt«, sagte Cat. »Du wirst dich niemals ändern, Sam. Dein kleines schwarzes Herz sei gesegnet.«
»Ich muss mal kurz weg … Etwas abchecken«, sagte ich. »Könnt ihr mich beide bitte entschuldigen?« Ich ging schnell zu Todd rüber. Er stand neben
Weitere Kostenlose Bücher