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Von Kamen nach Corleone

Von Kamen nach Corleone

Titel: Von Kamen nach Corleone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reski Petra
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Merkwürdigkeit, dass es dem Erfurter Gastronomen Spartaco Pitanti und dem Duisburger Hotelier Antonio Pelle gelang, einige der sie betreffenden Passagen in meinem Buch Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern schwärzen zu lassen – qua einstweiliger Verfügung.
    Kurz nachdem mein Buch in Deutschland geschwärzt wurde, veröffentlichte Jürgen Roth sein Buch Mafialand Deutschland . Kaum erschienen, wurde ebenfalls einer einstweiligen Verfügung stattgegeben: Der in Leipzig tätige Kellner Pasquale Serio setzte vor dem Landgericht Leipzig die Schwärzung der ihn betreffenden Passagen durch.
    Wenige Monate später versuchte der auch aus der ’Ndrangheta-Hochburg San Luca stammende Domenico Giorgi, ein in Erfurt tätiger Gastronom und Geschäftsfreund meines Klägers Spartaco Pitanti, ebenfalls eine Unterlassungserklärung gegen Roths Buch zu erreichen. Allerdings vergeblich, das Leipziger Gericht wies das Ansinnen ab. Doch das hielt Giorgis Anwalt nicht davon ab, bundesweit Abmahnungen an alle Buchhandlungen zu schicken und juristische Konsequenzen anzudrohen, falls sie Roths Buch verkaufen würden.
    Fast zeitgleich verklagten die beiden Erfurter Gastronomen Spartaco Pitanti und Domenico Giorgi gemeinsam einen Reporter des italienischen Wochenmagazins Espresso , Paolo Tessadri, der im März 2009 einen Artikel über die Mafia in Deutschland veröffentlicht hatte. Für die »Verleumdung in besonders schwerer Form« forderte der Anwalt die stattliche Entschädigungssumme von 518 000 Euro.
    Einen treffen und Hunderte erziehen. Ein Verleger wird sich fragen, ob er ein Mafiabuch überhaupt veröffentlichen soll. Der Journalist wird sich fragen, ob er bei seinem nächsten Artikel wirklich Namen nennen soll. Chi me lo fa fare? Warum sollte ich? Denn wie soll ich meine Anwaltskosten bezahlen?
     
    Rosaria hat inzwischen eine halbe Packung Zigaretten geraucht und einige Sätze ihres Artikels geschrieben. OhneElan, weil sie ständig von Telefonaten unterbrochen wird. Jetzt schon wieder.
    »Hör mal zu, Dicker, ich habe zu tun«, nuschelt sie drohend, mit der Zigarette im Mund.
    Und ich wette, dass es wieder ein Staatsanwalt ist, der sich von ihr beleidigen lässt. Während der Anrufer spricht, schreibt Rosaria seelenruhig weiter, murrt ab und zu ein skeptisches mah in den Hörer, was in ihrem Fall so viel heißt wie: Du kannst mir viel erzählen. Bis sie am Ende des Gespräches schreit: »Amore mio? Du kannst mich mal gern haben!« Und auflegt.
    Weil sie ohnehin nicht zum Arbeiten kommt, beschließt sie, dass wir nun in einem Restaurant ihres Vertrauens zu Mittag essen. Sie ruft die unten auf der Straße stehenden Leibwächter an und kündigt an, dass sie gleich hinunterkommt.
    Bis Rosaria unter Personenschutz gestellt wurde, lief sie immer zu Fuß, denn sie hat bis heute keinen Führerschein. Als Fußgängerin sei sie schwerer zu verfolgen gewesen, sagt Rosaria. Tatsächlich haben die Camorristi sie dennoch vier Monate lang verfolgt, ihre Gewohnheiten ausgespäht, wo sie ihren Morgenkaffee zu trinken pflegte, wie lange sie ihre Mutter besuchte, wo sie zu Mittag aß. Bis sie schließlich die Leibwache bekam.
    Als wir auf die Straße treten, steht die Beamtin mit der gepiercten Lippe schon bereit – in der Hand hält sie die Tüte eines Unterwäschegeschäfts, wo sie gerade eingekauft hat; für irgendetwas muss das Warten ja gut sein. Rosaria schlägt vor, mit ihr und den Leibwächtern zu fahren, also lasse ich den Alfa stehen, im Halteverbot, was aber kein Problem sei, versichert zumindest Rosarias Leibwächter, als ich in den Fiat Punto einsteige.
    Im Restaurant wird Rosaria von dem Wirt abgeküsst,als sei sie eine lang vermisste Verwandte und nicht ein Gast, der erst gestern hier zu Mittag aß. »Wir sind glücklich, dass wir unsere Steuern für so etwas wie die Leibwache für Rosaria Capacchione bezahlen dürfen!«, sagt er und verordnet uns Pasta mit Paprikaschoten. Am Nebentisch sitzen Anwälte, die Rosaria kurz begrüßt, als ein Fernsehteam eintrifft, das gerade in Caserta Aufnahmen für eine Sendung über die Morde an den Afrikanern macht und Rosaria überreden will, am Abend ein längeres Interview zu geben. Einer der Redakteure des Fernsehteams, der schnauzbärtige Sandro Ruotolo, wurde kurz zuvor von der Mafia bedroht, seither bewegt auch er sich mit Leibwache.
    Während die bewachte Rosaria mit dem bewachten Fernsehredakteur am Nebentisch verhandelt, kontrolliere ich meine Mails auf dem Blackberry, was

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