Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
Vom Netzwerk:
so traurig. Du hast dir eine 5000-Euro-Sofort-Rente verdient.“ Sie seufzte. „Ich gehe jetzt und gebe den Löffel ab. Folge mir nicht. Auf Wiedersehen.“
    Sie drehte sich um und ging zurück ins Haus. Ich sah ihr nur nach und wartete, bis die Dunkelheit des Wohnzimmers sie verschluckt hatte. Ich stand allein unter der taubenblauen Markise und fragte mich, was hier vor sich ging. Es musste ein Traum sein. Es gab keine andere Erklärung dafür. Der fiebrige Traum infolge eines Hitzschlags.
    Und wenn nicht? Alles wirkte so real, so greifbar. Ich dachte daran, Strom-Tom zu befragen, aber wahrscheinlich würde er mir aus Angst vor seinem Chef ohnehin nichts erzählen, selbst wenn er etwas wusste. Ratlos ging ich zur Wiese hinunter und setze mich in das viel zu hohe Gras. Für einen Moment lang fühlte ich mich sehr einsam.
    Plötzlich rief jemand direkt neben mir meinen Namen. Ich fuhr herum, doch da war niemand. Nur ein kleiner Sperling umkreiste flügelschlagend meinen Kopf.
    „Warum hast du das gemacht?“, fragte die Stimme aufgebracht.
    Noch immer war niemand zu sehen. Dafür flog der Sperling nun vor meinem Gesicht auf und ab. Er war gelb. Ich erinnerte mich an die gelbe Feder, die auf Elenors Schulter gelegen hatte, als sie aus der Lagune gestiegen war und jetzt erkannte ich auch die Stimme.
    „Elenor? Bist du das?“, fragte ich ungläubig.
    „Ich weiß, ich hätte es dir erzählen sollen“, sagte der Sperling. „Ich bin eigentlich gar kein Mädchen.“
    „Aber du …? Aber wie …? Aber warum …?“, fasste ich meine Verwirrung in Worte.
    „Dodo, warum hast du das gemacht?“, zwitscherte Elenor wieder. „Wo ist der Löffel? Zuhause versinkt alles im Chaos! Lichtwiese verändert sich!“
    „Es … ist zu spät.“ Ich senkte den Blick. „Ich hab den Löffel meiner Omi gegeben.“
    „Du musst uns helfen!“, piepste Elenor. „Lichtwiese braucht den Löffel! Wir brauchen dich. Ich brauche dich.“
    Ich sah auf, betrachte den kleinen, gelben Sperling, der eigentlich ein wunderschönes Mädchen war und dem es sichtlich Mühe bereitete, auf der Stelle zu fliegen, und ich erkannte, dass ich einen Fehler begangen hatte. Einen schrecklich großen Fehler. Ich hatte Elenor hintergangen. Und Tante Hablieblieb. Und ich hatte Lichtwiese, den schönsten Ort, den ich jemals in meinem Leben gesehen hatte, in Gefahr gebracht.
    Wenn man einen Fehler begeht, muss man ihn wieder ausbügeln, sagte Omi immer.
    Also stand ich auf, klopfte meine Hose ab, obwohl sie gar nicht schmutzig war, und sagte: „Okay … dann holen wir uns den Löffel halt zurück!“
    „Danke, Dodo“, trällerte Elenor. „Ich wusste, dass du uns helfen wirst.“
    Die Stimme in meinem Bauch war hingegen alles andere als begeistert. „Was machst du denn da?!? Dein Auftrag ist doch längst beendet! Geht diese Gefühlsduselei etwa schon wieder los??“
    Doch dieses Mal hörte ich nicht auf meinen Bauch, sondern vertraute meinem Herzen.

Band 2
    Dodos Suche

Omi ist weg

    Wir durchsuchten jeden Winkel des Hauses: Das Wohnzimmer, die Küche, das Badezimmer, die Räume im ersten Stock und den Dachboden. Omi blieb verschwunden, genauso wie der rot-gelb gestreifte Löffel. Ich ging sogar hinaus in den Garten und schaute im Schuppen nach – was natürlich überhaupt keinen Sinn ergab, hatte ich doch mit eigenen Augen gesehen, wie Omi von der Terrasse ins Haus gegangen war. Ich rief nach ihr, doch niemand antwortete. Nur die alte Frau Koslowski linste neugierig über den Bretterzaun. Wahrscheinlich stand sie auf einem Hocker, denn eigentlich war Frau Koslowski ziemlich klein und der Zaun ziemlich hoch.
    „Haben Sie meine Omi gesehen?“, fragte ich ohne Hoffnung.
    „Wen?“, fragte sie und hustete. Die schrumpelige Nasenspitze verschwand mitsamt den neugierigen Augen hinter den Holzbrettern. Anscheinend hatte Frau Koslowski zusätzlich auf Zehenspitzen gestanden, was in ihrem Alter bestimmt sehr anstrengend war.
    „Meine Omi“, wiederholte ich.
    Einige Sekunden verstrichen, bis Frau Koslowski jenseits der Bretterwand sagte: „Natürlich habe ich das.“
    Mein Herz setzte einen Schlag aus. „Wo? Wo haben Sie sie gesehen?“
    Wieder ließ die Antwort auf sich warten. „Bei Gemüse-Schulze.“
    „Wo?“ Ich presste mein Ohr gegen die Holzbretter.
    „Gemüse-Schulze!“, krakeelte Frau Koslowski mit aller Kraft und jede Silbe einzeln betonend. „Auf dem Wochenmarkt! Letzten Dienstag!“
    In Ermangelung eines Gegenübers starrte ich den Zaun

Weitere Kostenlose Bücher