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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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er den Auftrag hat, jemanden auf Trab zu halten, dann macht er das auch. Was glaubst du denn, warum deine Omi immer so viel und so hart gearbeitet hat? Das nennen wir in der Fachsprache: Unter Strom stehen.“
    „Das … das nennen wir auch so.“ Mein Kopf fühlte sich an wie ein Bienenstock zu Frühlingsbeginn.
    „Echt?“, fragte Strom-Tom erstaunt. „Na ja, auf jeden Fall sind wir für so was zuständig. Magenkrämpfe, Sodbrennen, Übelkeit – da ist häufig einer von uns am Werk.“
    „Du bist da auch noch stolz drauf, oder?“
    „Es ist nun mal mein Job“, sagte Strom-Tom kleinlaut. „Und den will ich nicht verlieren. Wer stellt denn heutzutage noch einen arbeitslosen Strom-Fachmann ein?“
    „Bei uns ist gerade eine Stelle freigeworden“, tschilpte Elenor. „Wir suchen händeringend einen Krabbelkasten-Leuchter.“
    „Tatsächlich?“
    „Könnt ihr das vielleicht auf später verschieben?“, unterbrach ich das Vorstellungsgespräch und wandte mich wieder an Strom-Tom. „Wo ist meine Omi jetzt? Wo hat Strom-Klaus sie hingebracht?“
    „Vor eurem Schuppen … befindet sich eine Geheimtür“, antwortete er zögerlich.
    „Du meinst die Schuppentür?“
    „Nein, davor.“
    „Aber davor ist keine Tür!“
    „Genau deshalb nennt man sie ja Geheimtür“, erwiderte Strom-Tom genervt. „Weil man sie nicht sieht!“
    „Aber da ist doch wirklich nichts!“, beharrte ich. „Überhaupt nichts!“
    „Doch. Rasen.“
    Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, was sich aufgrund des Bienenschwarms in meinem Kopf jedoch als recht schwierig herausstellte.
    „Verstehst du jetzt, warum du den Rasen vor dem Schuppen nie mähen durftest?“, fragte Strom-Tom.
    Und erneut fragte ich mich, wie ich so lange so blind gewesen sein konnte.
    Wir gingen hinaus in den Garten. Das grüne Ungeheuer erwachte bereits beim ersten Versuch. Missmutig spuckte es Grasfontänen nach mir, während ich es mühsam durch das hüfthohe Gras schob. Sogar für seine messerscharfen Zähne war es eine Herausforderung, doch nach und nach lichtete sich das Dickicht vor dem Schuppen.
    „Da ist nichts“, sagte ich und strich Grashalme von meinem T-Shirt.
    „Da muss etwas sein!“, entgegnete Strom-Tom. „Mäh einfach weiter!“
    Eine Bahn später hörten wir das Geräusch. Ein metallisches Klonk. Ich zog das grüne Monster zurück und beugte mich vor.
    „Da … da ist etwas“, sagte ich, doch es ging im Grollen des Ungetüms unter. Ich ließ den Sicherheitshebel los, das Monstrum verstummte, und ich sagte es noch einmal: „Da … da ist etwas.“
    Elenor kam herbeigeflogen, setzte sich auf meine Schulter und trällerte: „Das sieht aus wie eine …“
    „Wie eine Tür“, ergänzte ich.
    „Eine Geheimtür“, verbesserte Strom-Tom.
    „Eine Geheimklappe“, verbesserte ich abermals und kam mir ziemlich gewitzt vor.
    „Mach sie auf“, zirpte Elenor aufgeregt.
    Die Tür, bei der es sich eigentlich um eine Klappe handelte, da sie ja horizontal und nicht vertikal befestigt war, erwies sich als leichter, als sie aussah.
    „Und?“, fragte Strom-Tom ungeduldig. „Was seht ihr?“
    „Eine Treppe“, sagte ich und starrte in das dunkle Loch zu meinen Füßen. Die Sonnenstrahlen reichten keine zwanzig Stufen weit. Dahinter herrschte absolute Schwärze. „Eine ziemlich lange Treppe.“
    Niemand entgegnete etwas. Ich wartete einige Sekunden lang, aber auch das änderte nichts.
    „Und jetzt?“, fragte ich schließlich.
    „Jetzt gehen wir da hinunter“, zwitscherte Elenor auf meiner Schulter.
    Ich schaute wieder in das Loch hinab. Auf meinen Unterarmen bildete sich eine beachtliche Gänsehaut. Ich blickte hinauf in den hellblauen Himmel, atmete tief durch und machte mich an den Abstieg.

Tief nach unten

    Die Treppe war steil und die Stufen waren schmal, weshalb ich nie mehr als eine auf einmal nahm. Elenor krallte sich am Stoff meines T-Shirts fest und hatte sichtlich Mühe, bei der ganzen Schaukelei die Balance zu halten. Das Licht wurde zunehmend spärlicher. Als vor mir nur noch Finsternis war, blieb ich stehen und sagte: „Wir brauchen eine Lampe. Wer weiß, wie lang die Treppe noch ist ...“
    „Ach, es ist dunkel da draußen?“, fragte Strom-Tom. „Sag das doch!“
    „Wieso?“, fragte ich in die Schwärze.
    „Na, weil ich der Strom-Tom bin! Achtung, jetzt kitzelt es vielleicht ein bisschen.“
    Ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper, und der schmale Treppengang erstrahlte in rötlichem Licht.
    „Wie … wie hast

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