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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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es mir gelang, mich vom Fenster abzuwenden, waren die Soldaten bereits im Schlafzimmer. Sie waren zu dritt. Aus starren Gesichtern glotzten sie mich an, während sie sich im Raum verteilten. Ich sah hektisch hin und her, um alle im Blick zu behalten.
    „Was wollt ihr?“, schrie ich. „Was, verdammt noch mal, wollt ihr von mir??“
    Sie antworteten nicht. Sie kamen näher. Sie versuchten, mich in die Ecke zu drängen. Ich wirbelte herum und riss das Fenster auf. Eine Hand griff nach meiner Schulter, ein Arm umschloss meinen Bauch. Ich krallte mich am Fensterbrett fest, doch sie rangen mich mit vereinten Kräften zu Boden.
    „Setz ihm die V2-Box auf!“, ächzte das Plastikgesicht, das auf meinem rechten Oberarm kniete. Der Soldat auf meinem linken Oberarm keuchte: „Beeil dich!“, und der dritte, der auf meinen Beinen saß, hielt auf einmal einen metallenen Kasten in den Händen. Die Vorderseite des Kastens war aus Glas. Er hätte wie ein altmodischer Röhrenfernseher ausgesehen, wäre da nicht die kreisrunde Öffnung auf seiner Unterseite gewesen.
    Der Kasten senkte sich mit der Öffnung voran herab. Ich schrie und warf verzweifelt meinen Kopf hin und her. „Nein, nein! Lasst mich!“
    Die beiden, die auf meinen Armen saßen, packten mein Kinn, der dritte stülpte mir den Kasten über. Trotz der Glasfront war es im Inneren stockdunkel.
    „V2-Box aufgesetzt“, verkündete eines der Plastikgesichter.
    Mein Atmen wurde zu einem hektischen Schnaufen. „Lasst mich hier raus! Lasst mich!“
    Etwas schloss sich mit einem rostigen Knarren um meinen Hals. „V2-Box fixiert!“
    Das Gewicht auf meinem linken Bein verschwand, ich trat blindlings in die Luft, traf etwas, und eines der Plastikgesichter stöhnte auf.
    „Aktivieren!“, schrie jemand neben meinem Ohr, und ein ohrenbetäubendes Knacken hallte durch die Box. Mein Körper erstarrte. Ich wollte weitere Tritte austeilen, doch meine Beine versagten ihren Dienst. Auch meine Arme reagierten nicht auf meine panischen Anweisungen. Die Box hatte mich gelähmt.
    Ein Funkgerät knisterte. Es war der große, schwere Mann.
    „Bringt ihn nach Dunkelstadt! Bringt ihn in den Volt-Raum!“
    Und die Soldaten rissen mich hoch und trugen meinen wehrlosen Körper davon.

Band 3
    Dodos Geheimnis

Der Katzenbaum

    Ich lief durch dichtes Unterholz. In den Baumkronen blühten die Lullaba-Blumen. Die Luft roch nach Apfelkernen und Jasmin. Ich sprang über Sträucher, sprang in die Luft und griff nach den Früchten. Der Boden unter meinen Turnschuhen war weich und uneben. Meine Beine waren seltsam kurz und meine Schuhe hatten Klettverschlüsse.
    Ich war sechs Jahre alt und die Welt war ein einziges großes Abenteuer.
    Ich lief immer weiter durch das bunt blühende Dickicht.
    „Komm schon, Samuel!“, rief ich. „Da vorne ist es!“
    Erst als ich die Krakrak-Bäume erreichte, deren mannshohe Wurzeln schon vor Hunderten von Jahren dem Erdreich entwachsen waren und wie hölzerne Wälle das Unterholz zerteilten, blieb ich stehen.
    „Samuel!“
    Ich drehte mich um. Samuel war nicht mehr da. Gerade eben war er noch direkt hinter mir gewesen. Ich starrte in die undurchdringliche Wand aus Blättern, Sträuchern und Lianen, durch die ich gerade gekommen war, doch meine Augen waren in diesem Dschungel keine große Hilfe. Also schloss ich sie und lauschte: Überall knackte es, zirpte es, zwitscherte es.
    „Samuel?“, rief ich noch einmal.
    „Wir dürfen gar nicht hier sein!“, keuchte es aus dem Unterholz.
    Das Knacken wurde lauter, und Samuel stand plötzlich neben mir. Er schwitzte und war ganz weiß im Gesicht. Nur seine Wangen glühten pampelmusenrot.
    „Das ist streng verboten“, sagte er und stützte die Hände auf die Knie. „Mensch, Dodo, wenn uns hier jemand erwischt …“
    „Sei doch nicht so ein Angsthase! Wir sind ja fast da.“ Ich zeigte auf die Wurzeln der Krakraks.
    „Aber wenn uns jemand erwischt …“, schnaufte Samuel wieder.
    „Uns erwischt aber keiner“, sagte ich und versuchte, überzeugt zu klingen.
    Samuel schaute auf und schwitzte. Seine blonden Locken klebten an seiner Stirn. „Wie kannst du dir da sicher sein?“
    „Es ist verboten, diesen Teil des Waldes zu betreten. Also darf auch kein anderer hier sein.“
    Samuel überlegte. „Trotzdem …“
    „Ich war schon tausendmal hier“, log ich. „Und mich hat nie jemand erwischt!“
    „Das stimmt nicht“, sagte Samuel leise.
    „Natürlich stimmt das!“
    Samuel antwortete nicht. Schweiß tropfte

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