Von Liebe und Gift
der letzten Tage steckte ihm noch in den Knochen. Zudem hatte er starke Beruhigungsmittel eingenommen. Tabletten, die ihm der Arzt nach seinem Zusammenbruch verschrieben hatte. Wieder Medikamente … Wie sollte er da auch clean werden?
Als sie am Auto ankamen, hielt Gero seinem Freund die Autoschlüssel entgegen.
„Was soll ich damit?“, fragte Neal verblüfft. Es klang sogar ein wenig gereizt.
„Na, fahren!“, erklärte Gero. Doch er senkte seine Hand mit dem Schlüssel. Unschwer war zu erkennen, dass Neal des Autofahrens nicht mächtig gewesen wäre.
„Fahr du“, sagte er demzufolge. „Ich mag jetzt nicht.“
Er stieg in den Porsche auf den Beifahrersitz, so dass Gero keine andere Wahl blieb, als den Sportwagen erneut zu fahren.
Als sie den Flughafen verlassen hatten, und Neal stiller war, als je zuvor, versuchte Gero das Gespräch zwischen ihnen wieder aufzunehmen.
„Wie ist das eigentlich passiert?“, fragte er, während er den Wagen vorsichtig durch die Strassen lenkte. „Bist du einfach so umgekippt nach der Show? Hast du nicht schon vorher was bemerkt?“
„Sprich nicht darüber, okay?“, war das Einzige, was Neal dazu sagte.
„Ja, aber … ein Zusammenbruch ist nicht witzig!“, fuhr Gero fort. Er war noch immer ganz aufgewühlt. „Das ist ein Alarmsignal deines Körpers. Er rebelliert, verstehst du?“
„Shut up!“, fluchte Neal daraufhin. Verbissen sah er aus dem Seitenfenster und signalisierte, dass er das Thema tatsächlich nicht vertiefen wollte. Und so verstummte auch Gero. Als sie auf den Parkplatz vor Neals Haus fuhren, stieg Neal stillschweigend aus und verschwand im Garten.
„Es tut mir leid“, sagte Gero leise, als er sich wenig später zu ihm gesellte.
„It’s okay.“ Neal schien nicht nachtragend zu sein.
„Du kannst heute schon mit der Therapie anfangen, hat der Arzt gesagt“, berichtete Gero dann. „In der Klinik ist ein Platz für dich reserviert.“
Neal reagierte erst nicht, als er das hörte. Er sah stur nach vorne, durch den Garten, bis er sich langsam zu Gero drehte und die Stirn runzelte.
„Klinik?“, wiederholte er. „Ich denke, es geht um eine Therapie und keinen stationären Aufenthalt?“
Gero nickte. Er hatte geahnt, dass Neal derartige Fragen stellen würde. Und für den Fall hatte er alles im Vorfeld abgeklärt.
„Du kannst das auch ambulant machen“, erklärte er. „Du bist tagsüber in der Klinik, nimmst an den Gesprächen teil, bist unter Kontrolle, falls es dir schlecht geht … Und wenn du dich danach fühlst, kannst du jederzeit die Klinik verlassen, stundenweise … Vielleicht kannst du auch zu Hause schlafen. Das müssten wir noch mal abklären. - Wichtig ist nur, dass du keine Drogen nimmst und das engmaschig kontrolliert wird.“
Neal senkte den Kopf. Ihm war längst klar, dass er sich allmählich nicht mehr vor einer Therapie drücken konnte. Und innerlich wollte er diesen Schritt doch auch, oder?
„Okay“, sagte er daraufhin. „Ich werde da nachher mal hingehen.“
Gero atmete erleichtert auf, als er das hörte. Zärtlich umarmte er seinen Freund.
„Bin ich froh …“
Butler Ralph öffnete die Tür. Dirk merkte sofort, dass der nicht in bester Laune war. Sogleich hörte Dirk auch, wieso. Dumpf hallte ein Bass durch das Haus. Dirk trat ein und nahm dann auch die Drums und die schrillen Gitarren wahr. Dazu hallte Neals Stimme durch das Gebäude.
„So geht das schon den ganzen Nachmittag“, berichtete Ralph. „Ich frage mich, warum das Studio eine Schallisolierung hat, wenn man davon nichts merkt?“
„Ich werde mal mit ihm reden“, sagte Dirk mit ernster Miene. Er war eigentlich nur gekommen, um sich nach Neals Befinden zu erkundigen, doch ahnte er, dass es erneute Probleme geben würde.
„War er gestern weg?“, fragte Dirk den Butler. Ralph zuckte mit den Schultern.
„Am Nachmittag war er kurz fort. Doch er kam wieder, hat mich nicht mehr benötigt … Er wollte wohl alleine sein …“ Ralph sah zu Boden. Er wirkte mit einem Mal sehr bedrückt.
„Ich möchte mich nicht einmischen, das steht mir nicht zu“, sagte er, dann hob er seinen Kopf. In seinen Augen wurde eine große Ratlosigkeit sichtbar. „Herr Anderson nimmt Drogen, ich merke das doch … Ich bekomme es mit und kann nichts dagegen tun …“
Dirk nickte. Er klopfte Ralph mitfühlend auf die Schulter. Er konnte sich vorstellen, dass der Hausangestellte mehr wusste, als sie alle ahnten. Und er konnte sich
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