Von Liebe und Gift
den Kopf. „Nein, ich hab keine Ahnung, warum du zu Drogen greifst. Es gibt keinen verdammten Grund dafür!“
Ralph kam mit einem Glas Wasser wieder. Neal trank das Glas gierig aus, dann reichte er es seinem Butler zurück. „Sie können dann gehen“, sagte er leise, fast so, als würde er sich vor seinem Hausangestellten schämen.
Dirk nickte. „Genau. Und wir zwei Hübschen gehen jetzt mal an die frische Luft.“
Als sie beide ins Freie traten, hielt Gero gerade mit seinem Rad vor dem Haus. Aus dem Fahrradkorb nahm er die kleine Tüte mit Marzipanherzen. Sein Gesicht war erfreut. Aber als er die beiden Männer aus Neals Haus kommen sah, wurde sein Blick sofort ernst.
Gero beschloss, Dirk einfach zu ignorieren, ihn so zu behandeln, als wäre er überhaupt nicht da. Somit setzte er wieder ein Lächeln auf, kam auf Neal zu, um ihn zärtlich zu umarmen.
„Hallo!“ Er gab ihm einen Kuss. „Ich wollte dir die Herzen vorbei bringen. Hatte ich gestern ganz vergessen.“
„Das ist lieb, Kleiner“, sagte Neal. Seine Stimme klang schwach und leise.
„Wie war es bei der Therapie?“, fragte Gero dann. Er war sichtlich gespannt, wie der erste Tag in der Klinik verlaufen war. „Ist alles gut gegangen?“
Neal nickte. „Ja, es war gut …“ Nun lächelte er ebenfalls, doch die Harmonie wurde sofort zerstört, als Dirk sich zu Wort meldete.
„Red doch keinen Scheiß!“, ermahnte er. „Es war überhaupt nicht gut!“
Sofort senkte Neal seinen Kopf. Er wagte nicht gegenan zu gehen.
„Was soll das heißen?“, fragte Gero sofort. „Warst du etwa nicht da?“
„Doch, er war da!“, antwortete Dirk wütend. „Er war da, hat sich den Quatsch angehört und kaum war er zu Hause, musste er sich wieder volldröhnen. Toll, echt toll!“
Als Gero das hörte, zerbrachen in ihm alle Hoffnungen. Und das zu Recht!
„Ist das wahr?“, fragte er bedrückt, dabei sah er Neal prüfend an. „Wieso hast du das getan? Die merken doch, dass du was nimmst. Das wird doch kontrolliert.“
„Ja, das will unserem Helden nicht in den Kopf rein!“, brüllte Dirk lauthals. „Er denkt, wir merken das nicht. Er denkt, man kriegt das nicht mit!“
„Schrei doch nicht so“, bat Neal kaum hörbar. Er wagte nicht aufzusehen, als würde er sich unendlich schämen.
„Ich verstehe das nicht“, meldete sich Gero wieder zu Wort. „Ich besorge dir extra einen Platz und dann so was …“ Er schüttelte fassungslos den Kopf.
„Das ist ja nett von dir, Kindchen“, schaltete sich Dirk wieder ein. Er trug einen grauen Anzug aus Seide. Es sah edel aus, doch sein Gesicht zeigte eine verbissene Überlegenheit, die Gero sichtlich unangenehm war. Auch Neal schien sich gegen das aufbrausende Verhalten von Dirk nicht wehren zu können. „Ein Platz allein reicht nicht“, sprach Dirk weiter. „So wird das nie was! – Man muss anders anfangen, ganz anders! Man muss zum Ursprung zurück. Zu der Quelle des ganzen Übels. Man muss Neal da erwischen, wo es ihn am meisten trifft. Da, wo es ihm am meisten weh tut. Er kann nur vernünftig werden, wenn sein Kopf mitspielt, wenn er hundertprozentig bereit ist, clean zu werden.“
Gero hatte gebannt zugehört, doch legte sich seine glatte Stirn in Falten.
„Zum Ursprung zurück?“, wiederholte er, dabei sah er Dirk das erste Mal tiefgründig an. „Was für ein Ursprung?“
Dirk grinste, vielleicht ein wenig hinterhältig. Er sah Neal schief an, während er erklärte: „Man muss die schwächste Stelle an ihm finden und dann … zupacken!“ Er schubste Neal ein wenig, sodass der fast das Gleichgewicht verlor. Neal wankte, doch er hielt sich auf den Beinen und blickte Dirk ängstlich an.
„Hey, bist du verrückt?“, schrie Gero daraufhin aufgeregt. „Wie gehst du mit ihm um?“
„Das ist meine Sache“, fauchte Dirk. Er packte Neal fest am Arm. „Komm, wir gehen.“
Er drehte sich zum Auto, das vor dem Haus parkte. Neal folgte stillschweigend.
Gero warf die Marzipanherzen resignierend in den Briefkasten.
„Er hat ihn angeschrien und geschubst und dann am Arm ins Auto gezerrt“, berichtete Gero später. Er war nach dem Ereignis gleich zu Francis gefahren, um alles brühwarm zu erzählen. „Neal hat sich nicht gewehrt. Er hat nichts dazu gesagt. Nichts!“
Noch immer war Gero fassungslos. Er wollte einfach nicht glauben, was er am Nachmittag erlebt und wie sich Dirk aufgeführt hatte. Und auch Francis konnte das alles nicht glauben.
„Das kann ich mir bei
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