Von Liebe und Gift
sollten da mal etwas klären“, fing sie zögernd an.
„Ja?“ Neals Augen wurden weit. Unsicher sah er seine Schwester und Thilo an.
„Also Gero“, fuhr Francis fort, dabei sah sie zu Boden. Sie hatte keine Kraft, den Augenkontakt zu ihrem Bruder aufrecht zu halten. „… er will dich gar nicht sehen“, kam es schließlich aus ihr heraus.
Ungläubig starrte Neal seine Schwester an. Er bekam den Mund kaum zu vor Entsetzen.
„Was?“, fragte er dann leise, fast wie unter Schock. „Er will mich nicht sehen? Aber … warum nicht?“
Da verzog Francis ihr Gesicht zu einem verzerrten Grinsen. „Na, das ist ja wohl eindeutig. So, wie du Gero behandelt hast, ist es doch wohl mehr als verständlich, dass er dich nicht sehen will, oder?“
Neal konnte daraufhin nur verstört den Kopf schütteln. „Was meinst du denn?“
„Na alles!“, erwiderte Francis, als müsste sie die Angelegenheit nicht noch näher erläutern. Trotzdem benannte sie ein paar Punkte: „Allein schon, wie es angefangen hat mit euch, wie du Gero erobert hast mit allen Mitteln und Tricks. Du hast ihn völlig willenlos gemacht.“
Ihr Bruder konnte nur weiter mit dem Kopf schütteln. „Das stimmt doch gar nicht …“
„Klar!“, ging Francis gegenan. „Du hast ihm so sehr den Kopf verdreht, dass er alles für dich getan hat. Du hast ihn von dir abhängig gemacht und seine Liebe ausgenutzt zu deinen Gunsten …“
Neal fasste sich an die Stirn. Was seine Schwester von sich gab, war unglaublich …
„So ein Quatsch …“
Als Francis sah, wie die Anschuldigungen an ihrem Bruder abprallten, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Es war endlich der Zeitpunkt gekommen, um ihn für sein Verhalten Gero gegenüber, zu tadeln.
„Er war dir doch hörig!“, sagte sie derart überzeugend, so dass auch Thilo nickte. „Er hat dir doch alles verziehen, sobald du mit ihm im Bett warst … Du hast ihm den Verstand geraubt … Kein Wunder, dass er es nicht mehr ausgehalten hat.“
Neal stand vor ihr, wie angeprangert. Er konnte sie nur anflehen: „Bitte, sei still … Ich will das nicht hören!“
„Es ist nur die Wahrheit!“, erwiderte sie. „Du hast ihn doch so behandelt, wie es dir gerade passte. Du hast dich zu sehr in sein Leben eingemischt, ihn kontrolliert und ihm ständig ins Gewissen geredet. Du hast ihn gezwungen Dinge zu tun, die er sonst nie getan hätte …“ Sie stoppte und fügte abfällig hinzu: „Du hast ihn geschlagen …“
Sofort ging ein Zucken durch Neals Körper. Er konnte den Anschuldigungen nicht mehr standhalten. „Hör auf!“, bat er noch einmal, aber Francis hatte längst nicht alles angesprochen, was sie seit Monaten in ihren Gedanken mit sich herumgetragen hatte.
„Er musste geradestehen für dein Leid. Nur weil du ohne Drogen nicht mehr klarkommst, musste er genauso leiden. – Findest du das fair? Glaubst du, ein Mensch kann das ewig ertragen?“
Stille. Neal schluckte hörbar. Er begriff noch immer nicht, was hier vor sich ging. „Was meinst du?“, fragte er leise. Unsicher sah er sie an.
Für seine Schwester war die Lage allerdings längst klar.
„Es ist aus“, sagte sie, als wäre es selbstverständlich. „Gero will nicht mehr.“
Das Entsetzen in Neals Augen nahm im nächsten Moment überhand. Er lächelte verstört, drehte sich Thilo zu, als würde der etwas ganz anderes dazu sagen wollen, doch Thilo sagte nichts.
„Wie … aus?“, hakte Neal nach. Anscheinend wollte er es nicht verstehen.
„Gero will dich nicht mehr sehen und auch nicht mehr mit dir zusammen sein“, berichtete sie, aber als ihr dieser Satz über die Lippen kam, wurde ihr ebenfalls bewusst, welche einschneidende Neuigkeit sie da Preis gab. Sie drehte sich von ihrem Bruder weg, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. Vielleicht würde er es ja verstehen? Vielleicht würde er Einsicht zeigen?
Aber kaum hatte Francis die Küche betreten, vernahm sie schon Neals aufgebrachtes Geschrei.
„Das ist nicht wahr!“, brüllte er ungehalten. „Das ist nicht wahr! Sag, dass es nicht wahr ist!“ Er folgte ihr in die Küche, fasste sie unsanft an den Armen, so dass Thilo sofort folgte, um gegebenenfalls eingreifen zu können. „Das kann nicht sein! Das stimmt nicht! Nimm das zurück!“
Daraufhin öffnete sich die Kinderzimmertür. Mit großen Augen sah Nicholas um die Ecke.
„Papi? Was ist denn?“ Verunsichert sah er in die Runde und wurde sofort
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