Von Liebe und Gift
er froh, es jetzt deutlich aus Neals Mund zu hören. Trotzdem blieb noch eine Frage offen. „Aber das Foto im Select - das sieht nicht gut aus“, berichtete Thilo weiter, „hast du wirklich so abgenommen?“
„Natürlich habe ich abgenommen“, gestand Neal. Man hörte, wie er sich eine Zigarette ansteckte. „Wir nehmen eine Platte auf, wir haben Stress. Das muss aber nicht gleich heißen, dass ich Drogen nehme.“ Nur schwer konnte er sich beruhigen. „Was ist mit Francis und Gero? Haben die das auch gelesen?“
„Natürlich“, sagte Thilo, „deswegen rufe ich ja an. Sie machen sich große Sorgen.“
„Shit“, hörte er Neal fluchen. „Soll ich versuchen kurz zu euch zu fliegen?“
Thilo lehnte ab. „Bloß nicht! Das bringt nur noch mehr Unruhe. Macht euer Album zu Ende und dann kommst du wieder, und alles wird wie früher.“
„Okay“, hörte er Neal leise sagen.
„Ist sonst alles klar bei dir?“, fragte Thilo nach, dabei auf die Uhr schielend. Allmählich wollte er das teure Ferngespräch beenden.
„Mmh“, erwiderte Neal, doch es klang nicht gerade überzeugend.
„Gut, ich verlasse mich auf dich“, sprach Thilo eindringlich. „Drogen sind tabu. Ich will nie wieder so einen Artikel über dich in der Zeitung lesen.“
Es war an einem Abend, an dem Francis und Gero zusammen im Bett lagen und sich bei leiser Musik unterhielten.
„An was denkst du?“, wollte Francis wissen. Sie strich ihm durch sein hellbraunes Haar.
Geros Stirn legte sich in Falten.
„Meinst du, es ist wirklich richtig, was wir hier tun, während Neal fort ist?“
Francis nahm ihre Hand weg und seufzte tief. Die Zweifel, die Gero noch immer hegte, gingen ihr allmählich auf die Nerven.
„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dir keine Gedanken machen brauchst. Es ist in Ordnung, wirklich.“
Gero nickte. „Es bedeutet mir auch sehr viel“, sagte er. „Immer, wenn ich dich küsse oder berühre, dann ist es, als ob ich ein Stück von Neal küsse oder berühre. Du bist seine Schwester. In dir fließt das gleiche Blut.“ Seine Augen leuchteten.
Francis verstand sofort, was er damit andeuten wollte.
„Wir lieben ihn eben beide“, stellte sie fest. „Wir beide wissen, was es heißt, von ihm getrennt zu sein. Und deswegen können wir uns auch gegenseitig so gut trösten.“
Auch am nächsten Abend schloss Gero leise seine Zimmertür und schlich durch den Flur. Aber wohl nicht leise genug, denn sogleich ertönte Thilos durchdringende Stimme:
„Na, wo willst du denn noch so spät hin?“
Erschrocken drehte Gero sich um.
„Ähm, zu Francis, kurz. Wir wollen noch einen Film gucken.“
Thilo atmete tief durch und verschränkte die Arme vor seinen Bauch.
„Du brauchst dir keine Mühe geben“, fing er an. „Denkst du, ich merke nicht, wie du jeden Abend zu ihr gehst? Warum versuchst du das zu verheimlichen?“
„Mach ich doch gar nicht!“, entgegnete Gero. Er wandte sich der Tür zu und wollte dieser Situation entfliehen, aber Thilo gab sich damit nicht zufrieden.
„Warum schläfst du immer bei ihr?“
„Tu ich nicht“, stritt Gero diese Behauptung ab, dabei glühte sein Gesicht. Ungern log er seinen Mitbewohner an.
„Spinn doch nicht rum!“ Thilos Stimme wurde lauter. „Natürlich machst du das! Ich bin doch nicht blind! - Läuft da was zwischen euch?“
„Was?“ Gero sah ihn entgeistert an. „Ich bin mit Neal zusammen!“
Er tat, als wäre er empört über diese Behauptung und doch sah man ihm seine Unsicherheit an.
„Ich würde es auch ziemlich beschissen finden, wenn ihr beide ... während Neal in London ist...“ Thilo schüttelte den Kopf. „Nee, das wäre echt krass.“
Gero sah zu Boden, doch anstatt voller Reue die ganze Situation zu beichten, griff er wütend zur Türklinke und fauchte: „Das ist mir völlig egal, was du darüber denkst.“
„Ich habe alles schon fertig für den Abend“, sagte Francis und deutete auf den Wein, die Chips und den Stapel Videos.
Aber Gero war darüber weniger erfreut und setzte sich bedrückt auf das Sofa.
„Was ist denn los?“, hakte Francis sofort nach.
„Ach Thilo“, erklärte Gero. „Der hat mich eben voll in die Mangel genommen wegen uns. Und ich habe ihn angelogen. Ich habe alles abgestritten. Dabei lüge ich sonst nie.“ Geknickt sah er zu Boden. „Wir sollten das heute lieber lassen, und ich schlafe wieder bei mir.“
„Ach.“ Francis winkte ab und schenkte
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