Von Liebe und Gift
gehandelt?“
Neal schmunzelte. „Natürlich“, sagte er. „Du bist doch ein attraktiver, junger Mann. Und sie hat sich sicher genauso einsam gefühlt wie du.“
Er küsste seinen Freund auf den Mund, doch für den war die Sachlage noch längst nicht geklärt.
„Ich verstehe nicht, dass es dich gar nicht stört, dass ich mit ihr geschlafen habe. Selbst ich fühle mich im Nachhinein nicht wohl dabei.“
„Stört es dich denn, dass ich mit ihr schlafe?“, startete Neal sofort eine Gegenfrage, da schüttelte Gero den Kopf.
„Na siehst du“, sprach Neal weiter. „Es ist doch dasselbe. Wieso sollte ich es dir verbieten? - Solange du mich nicht mit einem anderen Mann betrügst ...“
Er verstummte, und seine Gesichtszüge wurden glatt, als würde er bei dem Gedanke daran wütend werden.
„Dann wärst du eifersüchtig?“, fragte Gero nach.
Neal bejahte. „Ich habe dich erobert und da hat kein anderer Typ dran mitzumischen.“ Er wandte sich dem Spiegel zu und griff nach der Zahnbürste, jedoch verharrte er plötzlich und drehte sich sichtlich irritiert um. „Oder war es mit Francis schöner als mit mir?“
„Nein!“ Gero erhob sich augenblicklich. „Es war eine neue Erfahrung, aber mehr auch nicht.“ Er kam näher, dabei sah er Neal fast flehend an. „Ich habe bei ihr nur Trost gesucht. Und nun bist du wieder da, und das mit ihr ist zu Ende. Bitte verzeih mir.“
Er umklammerte seinen Freund und lehnte den Kopf an dessen Schulter.
Neal, völlig perplex über Geros gefühlvolles Verhalten, streichelte beruhigend dessen Rücken.
„Es ist völlig in Ordnung, was ihr gemacht habt. Da gibt es nichts zu verzeihen.“
Da hob Gero seinen Kopf. Sein Blick war unsicher.
„Liebst du mich denn noch so, wie vor sieben Monaten?“, fragte er zaghaft und schreckte regelrecht zusammen, als Neal mit einem „Nein“ antwortete.
„Was?“ Gero wurde bleich, doch Neal folgende Worte besänftigten ihn augenblicklich.
„Ich liebe dich noch viel mehr, als vor sieben Monaten.“
Der rote Porsche hielt vor dem kleinen Haus, an dessen Fenstern bunte Bilder hingen. Eine Schar von Kindern im schulfähigen Alter kam aus der Haustür gerannt. Sie wurden von ihren Eltern begrüßt und abgeholt. Die älteren unter ihnen gingen selbständig zur Bushaltestelle. Als der Trubel sich gelegt hatte, stieg Neal aus dem Wagen und sah zu dem Eingang, an dem plötzlich eine der Erzieherinnen erschien. An der Hand führte sie einen kleinen Jungen mit dunklen Haaren.
Als Neal den Jungen sah, ging er zügig auf ihn zu und rief seinen Namen:
„Nicholas!“
Der kleine Junge sah erschrocken auf. Als er seinen Vater erblickte, riss er sich von der Erzieherin los und rannte auf Neal zu.
„Papi! Mein Papi ist wieder da!“ Er wurde von seinem Vater in die Arme geschlossen und durch die Luft gewirbelt.
„Mann, bist du gewachsen!“, staunte Neal. Er gab seinem Sohn einen Kuss auf die Wange, dann setzte er ihn wieder ab.
„Ich dachte, du kommst nie wieder“, sagte Nicholas. Es klang traurig, und er hielt sich verbittert an Neals Hand fest.
„Du wusstest doch, dass ich arbeiten musste“, erklärte Neal. Er fuhr seinem Sohn über das weiche Haar. „Aber nun bin ich ja wieder da.“ Er nickte zufrieden, und dann sah er auch schon die Erzieherin auf sich zukommen. Freundlich reichte sie ihm die Hand.
„Das ist schön, dass Sie Nicholas mal persönlich abholen“, sagte sie. „Meist kommt ja seine Mutter oder Herr Wulf.“
Neal lächelte. Er war erstaunt, dass die Erzieherin ihn als Vater so ohne weiteres akzeptierte. Vielleicht wusste sie auch nicht, dass er eigentlich Francis’ Bruder war, vielleicht war sie eine der Menschen, die sich weniger aus den Berichten der Klatsch- Presse machten.
„Ich war lange beruflich unterwegs“, berichtete Neal und erklärte somit, dass er sich neben Francis und Thilo noch nicht im Hort hatte blicken lassen. Neugierig sah er sich um. „Hier kommen die Kinder also nach der Schule hin und werden betreut, bis ihre Eltern Zeit haben, sie wieder abzuholen?“
Die Erzieherin nickte. Daraufhin zeigte sie Neal die Räumlichkeiten des Horts: die Aufenthaltsräume, die Spiel- und Ruheräume und den Bereich, wo die Kinder ihre Hausaufgaben erledigen konnten.
Er schien damit zufrieden und wusste seinen Sohn in guten Händen.
Und trotzdem berichtete er: „Nicholas’ Mutter arbeitet in der Modebrache, da gibt es immer viel zu tun. Aber nun, wo ich wieder da bin, werde ich mich
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