Von Liebe und Gift
sagte sie, „wenn du danach auf ihn aufpasst und ich noch in die Firma kann.“
Neal nickte. „Das geht klar.“ Er erhob sich wieder und verschwand mit der Zigarette im Mund ins Schlafzimmer. „Ich zieh mich noch mal um.“
„Isst du nichts?“, rief Francis ihm noch hinterher, als sie seinen leeren Teller sah, doch eine Antwort blieb aus. Sie seufzte. „Er ist immer so aufgedreht und vergisst ständig das Essen.“
Da musste Gero schmunzeln. Für ihn war dieses Verhalten verständlich. „Er möchte eben viel Zeit mit uns verbringen und uns eine Freude machen. Ich finde es schön, wenn er die Freizeit mit uns plant.“
„Genau!“, ertönte plötzlich Neals Stimme. Er stand im Türrahmen und lächelte verwegen. „In London habe ich mir überlegt, dass wir viel mehr miteinander unternehmen müssen. Ich will ein schönes, aufregendes, lustiges Leben … mit euch.“
„Yep, das sieht schon ganz gut aus“, sagte Neal, während er Gero betrachtete, der in einer dunklen Seidenhose steckte, dazu ein weißes Hemd und Weste trug. „Wissen Sie“, sprach er weiter, dabei blickte er die Verkäuferin durchdringend an. „Ich will für meinen Freund etwas ganz exklusives, verstehen Sie?“
Die Verkäuferin nickte. Sie reichte Gero noch die Anzugjacke. „Probieren Sie doch noch das Jackett dazu.“
Gero nahm das weitere Kleidungsstück stillschweigend entgegen. Es war ihm ins Gesicht geschrieben, dass er ungern im Mittelpunkt stand. Als er das Jackett übergezogen hatte, war es ihm fast peinlich, wie lauthals sich Neal dazu äußerte:
„Oh, godlike ! Das nehmen wir. Und die Jeans und den Gürtel dazu auch. Packen Sie alles zusammen!“
Da schritt Gero ein. „Neal, das ist viel zu teuer!“
Sein Freund winkte ab. „Sei ruhig, Süßer, ich bezahle.“ Er wirbelte herum, durchwühlte einige andere Kleidungsständer und trat dann an Francis heran, die ein schwarzes Negligee in der Hand hielt.
Neal küsste ihren Hals und erkundigte sich neugierig. „Gefällt es dir?“
Francis musste schmunzeln. „Was? Der Kuss oder das Negligee?“
„Ich hoffe, beides“, antwortete Neal. Er nahm ihr das Kleidungsstück aus der Hand und rief der Verkäuferin zu: „Das nehmen wir ebenfalls! – Und den passenden Schmuck dazu finden wir sicher auch noch.“
Schwer bepackt verließen sie das Geschäft, dann machten sie Halt beim Juwelier, wo Neal für Francis eine Kette und für Gero eine teure Krawattennadel kaufte.
Es brachte Neal Spaß, sein Geld für seine „Lieben“ auszugeben. Es gab ihm einen zusätzlichen Kick. Ungehemmt umarmte er Francis, als sie die Fußgängerzone entlangschlenderten. Auf der anderen Seite hatte er Gero an der Hand gefasst.
Letzterem war ihr Auftreten ein wenig unangenehm. „Wie die Leute glotzen, schlimm!“
Da lachte Neal auf. Ihm war sichtlich alles egal. Er sprühte vor Freude und Selbstbewusstsein.
„Lass sie doch glotzen! – Die sind nur neidisch, weil wir das ausleben, wozu sie selbst zu feige sind.“
IV.
Als Francis von der Arbeit kam, fand sie ihren Bruder und Gero im großen Badezimmer wieder. Neal hatte seinen Freund geschminkt - mit rotem Lippenstift und Wimperntusche. Zufrieden sah er auf sein Werk.
„Sieht Gero nicht schön aus?“
„Fehlt nur noch Glitzerlidschatten“, fügte Gero hinzu, „so einen, wie ihn Michael Stipe von REM manchmal trägt.“
Francis schüttelte den Kopf. „Ihr habt ja den totalen Knall!“, kam es aus ihr heraus. „Und alles mit meinen Schminksachen.“
Sie legte ihre Arbeitstasche im Flur ab und ging dann in die Küche, wo Nicholas am Tisch saß und malte. Nachdenklich sah sie in die Küchenschränke.
„Kann einer von euch noch einkaufen gehen? Dann könnte ich für uns alle kochen.“
„Das mach ich!“, ertönte auch sofort Geros aufgeregte Stimme. Geschminkt, so wie er war, kam er in die Küche gerannt. Schon wieder musste Francis mit dem Kopf schütteln.
„So gehst du mir nicht auf die Straße.“
„Ich mach das“, schaltete sich Neal ein. Er ging zur Garderobe und nahm seine Lederjacke in die Hand. „Mal sehen, vielleicht finde ich ja auch einen Glitzerlidschatten.“ Er zwinkerte seinem Freund zu und verließ dann die Wohnung.
Francis hatte den Tisch gedeckt. Die Getränke standen bereit, sogar die Kerzen hatte sie angezündet. Was noch fehlte war das Essen - und Neal. Es war schon über eine Stunde vergangen und langsam bekam sie Hunger.
„Ich verstehe nicht, wo er bleibt“,
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