Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
nichts.
» Es war schon ein Wunder, dass Miriam überhaupt geboren wurde. Aber direkt nach der Geburt wurde mir die Gebärmutter entfernt, weil ich eine Geschwulst darin hatte. Ich kann keine Kinder mehr bekommen.«
Ich schloss die Augen. Ich wollte etwas Tröstliches sagen, aber alles, was mir einfiel, klang entweder herablassend oder banal. Also zog ich sie noch etwas näher an mich heran. Ich wollte jetzt nicht nach vorn schauen. Ich wollte einfach hier liegen bleiben und sie im Arm halten.
Wieder ging mir die jiddische Redensart durch den Kopf: Der mentsch tracht un gott lacht.
Ich spürte, wie sie etwas von mir abrückte. Ich zog sie wieder an mich.
» Ist es zu früh für so ein Gespräch?«, fragte sie.
Ich dachte darüber nach. » Wahrscheinlich zu spät.«
» Was heißt das?«
» Im Moment«, sagte ich, » will ich hier neben dir liegen und einfach nur sein.«
*
Terese schlief, als ich den Schlüssel in der Wohnungstür hörte. Ich sah auf die Uhr. Eins.
Ich warf einen Bademantel über, als Win und Mia hereinkamen. Mia winkte mir kurz zu und sagte: » Hi, Myron.«
» Hi, Mia.«
Sie ging ins Nebenzimmer. Als sie weg war, sagte Win: » Wenn es um Sex geht, mach ich’s am liebsten mit Mia.«
Ich sah ihn nur an.
» Und das Tollste daran ist, dass es gar nicht so schwer ist, es Mia zu besorgen.«
» Bitte hör auf«, sagte ich.
Win trat vor und umarmte mich kräftig. » Alles in Ordnung?«, fragte er.
» Mir geht’s gut.«
» Soll ich dir etwas Komisches erzählen?«
» Und?«
» Seit wir uns in Duke kennengelernt haben, waren wir noch nie so lange voneinander getrennt.«
Ich nickte, wartete darauf, dass die Umarmung nachließ, befreite mich. » Was Bangkok betrifft, hast du gelogen«, sagte ich.
» Nein, hab ich nicht. Ich finde den Namen wirklich ziemlich komisch. Bang und Cock. Bei den vielen Sexclubs…«
Ich schüttelte den Kopf. Wir gingen in ein im Stil von Louis-dem-Sonstwasten eingerichtetes Zimmer, mit dunklen Holztäfelungen, verschnörkelten Skulpturen und Büsten von langhaarigen Männern. Wir setzten uns in die Ledersessel vor dem Marmorkamin. Win warf mir ein Yoo-hoo zu und schenkte sich einen teuren Scotch aus einer Karaffe ein.
» Ich würde ja am liebsten einen Kaffee trinken«, sagte Win, » aber das würde Mia die ganze Nacht die Ruhe rauben.«
Ich nickte. » Langsam gehen dir die Mia-Witze aus, was?«
» Bei Gott, das will ich doch sehr hoffen.«
» Warum hast du über Bangkok gelogen?«
» Was meinst du?«, fragte er.
Aber die Antwort lag auf der Hand. Wieder durchflutete mich eine Welle der Scham. » Ich hab dich verraten, stimmt’s?«
» Ja.«
Ich spürte die Tränen, die Angst, die inzwischen schon bekannte Kurzatmigkeit. Mein rechtes Bein fing an, hektisch zu zittern.
» Du hast befürchtet, dass sie mich noch einmal festnehmen«, sagte ich. » Und wenn sie das getan hätten, wenn sie mich wieder gebrochen hätten, hätte ich ihnen die falsche Information gegeben.«
» Ja.«
» Tut mir leid«, sagte ich.
» Es gibt nichts, was dir leidtun müsste.«
» Ich dachte… ich habe mich für stärker gehalten.«
Win trank einen Schluck von seinem Drink. » Du bist der stärkste Mensch, den ich kenne.«
Ich wartete einen Moment, und dann sagte ich, weil ich es mir einfach nicht verkneifen konnte: » Dann bin ich sogar Mia überlegen?«
» In Bezug auf Stärke schon, aber du bist bei weitem nicht so gelenkig.«
Es entstand ein angenehmes Schweigen.
» Kannst du dich an alles erinnern?«, fragte er.
» Es ist sehr vage.«
» Du musst dir Hilfe suchen.«
» Ich weiß.«
» Hast du die Knochenprobe für den DNA-Test?«
Ich nickte.
» Und wenn der Test bestätigt, was dieser Jones dir erzählt hat, ist die ganze Sache erledigt?«
» Jones hat fast alle meine Fragen beantwortet.«
» Höre ich da ein Aber?«
» Es gibt sogar mehrere Abers.«
» Erzähl.«
» Ich hab die Nummer angerufen, die Berleand mir gegeben hat«, sagte ich. » Da meldet sich niemand.«
» Da sehe ich kein Aber.«
» Kennst du seine Theorie über den Plan, den Mohammad Matar verfolgt hat?«
» Wenn du meinst, dass der Plan seinen Tod überlebt hat, dann schon.«
» Wenn das zutrifft, ist er eine Gefahr für alle. Dann müssen wir Berleand helfen, ihn zu vereiteln.«
Win wiegte bedächtig den Kopf und sagte: » Ach was.«
» Jones glaubt, wenn Matars Anhänger herauskriegen, was ich getan habe, hab ich sie auf dem Hals. Ich habe weder Lust, darauf zu warten, noch, in
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