Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
damit gelichtet, Myron?«
» Was ist mit ihr passiert?«, wiederholte ich.
Jones drehte sich um und sah mich direkt an. » Sie müssen mir versprechen, dass Sie sich aus der Sache raushalten, okay? Ich bin kein Freund dieser Der-Zweck-heiligt-die-Mittel-Herangehensweise. Ich kenne die Einwände gegen Folter und teile sie. Aber die Sache ist sehr undurchsichtig. Sagen wir mal, Sie fassen einen Terroristen, der schon Tausende von Menschen umgebracht hat– und jetzt hat er eine Bombe versteckt, die Millionen Kinder töten könnte. Würden Sie ihm ins Gesicht schlagen, um zu erfahren, wo die Bombe ist, um die Kinder zu retten? Natürlich würden Sie das. Würden Sie ihn ein zweites Mal schlagen? Jetzt sagen wir mal, es sind nur tausend Kinder, oder hundert oder nur zehn? Jemand, der das überhaupt nicht begreift… also, vor so einem Menschen würde ich mich in Acht nehmen. Der ist dann auch ein Extremist.«
» Worauf wollen Sie hinaus?«
» Ich will Ihnen Ihr Leben zurückgeben.« Jones sprach jetzt leise, fast flehentlich. » Ich weiß, dass Sie mir das nicht abnehmen. Aber mir gefällt nicht, was mit Ihnen passiert ist. Deshalb erzähle ich Ihnen das alles. Ich stehe unter Schutz. Jones ist nicht mal mein richtiger Name, und wir laufen hier im Park herum, weil ich überhaupt kein Büro habe. Selbst Ihr Freund Win hätte Schwierigkeiten, mich zu finden. Ich weiß inzwischen alles über Sie. Ich kenne Ihre gesamte Vergangenheit. Ich weiß, wie Sie sich das Knie kaputtgemacht haben und wie Sie dann versucht haben, darüber hinwegzukommen. Man bekommt nicht oft eine zweite Chance. Ich gebe Ihnen jetzt eine.«
Jones sah in die Ferne. » Sie müssen sich aus der Sache raushalten und weiterleben. Zu Ihrem eigenen Besten.« Er hob kurz das Kinn. » Und zu ihrem.«
Einen Moment lang hatte ich Angst hinzusehen. Ich folgte seinem Blick, suchte mit den Augen den Horizont ab, als ich plötzlich erstarrte. Zitternd hob ich die Hand zum Mund. Ich versuchte, dem Schlag, der mich mitten auf der Brust traf, standzuhalten.
Auf der anderen Seite der Wiese stand Terese. Sie war so herzzerreißend schön wie immer, hatte Tränen in den Augen und sah mich an.
31
Bei der Schießerei in London hatte Terese eine Kugel in den Hals bekommen.
Ich war wieder an ihrer hübschen Schulter und küsste sie sanft, als ich die Narbe sah. Nein, sie war nicht unter Drogen gesetzt oder in ein Geheimgefängnis gebracht worden. Sie war in einem Krankenhaus außerhalb Londons festgehalten und später dann nach New York geflogen worden. Sie war erheblich schwerer verletzt gewesen als ich, hatte viel Blut verloren, litt immer noch an starken Schmerzen und bewegte sich sehr vorsichtig.
Wir lagen in meinem Bett in Wins Apartment im Dakota, hielten uns gegenseitig fest und blickten zur Decke. Sie legte mir den Kopf auf die Brust. Ich spürte, wie mein Herz an ihrem Körper schlug.
» Glaubst du, was Jones erzählt hat?«, fragte ich sie.
» Ja.«
Ich fuhr mit der Hand ihren Rücken hinab und zog sie näher an mich heran. Ich spürte ein leichtes Zittern. Ich wollte sie nie wieder aus den Augen lassen.
» Tief im Innersten habe ich immer gewusst, dass ich mir selbst etwas vormache«, sagte sie. » Ich wollte sie unbedingt, diese Chance auf Wiedergutmachung, weißt du? Ich wollte, dass meine längst verlorene Tochter noch irgendwo da draußen ist und dass ich die Möglichkeit habe, sie zu retten.«
Ich kannte das Gefühl.
» Und was machen wir jetzt?«, fragte ich.
» Jetzt will ich nur weiter neben dir liegen und einfach nur sein. Können wir das machen?«
» Das können wir.« Ich sah weiter zur Deckentäfelung hoch. Dann, weil ich mich mit halbwegs ausreichend geklärten Dingen einfach nicht zufriedengeben kann: » Bei Miriams Geburt, haben Rick und du damals Nabelschnurblut einlagern lassen?«
» Nein.«
Sackgasse.
Ich fragte: » Sollen wir den DNA-Test immer noch durchführen lassen, um hundertprozentig sicher zu sein?«
» Was meinst du?«
» Ich denke, wir sollten das tun«, sagte ich.
» Dann tun wir das.«
» Du wirst dann auch eine DNA-Probe abgeben müssen«, sagte ich. » Damit die was zum Vergleich haben. Ricks DNA haben wir nicht, aber wenn der Test bestätigt, dass es dein Kind ist, na ja, ich nehme mal an, dass du nur ein Kind geboren hast?«
Schweigen.
» Terese?«
» Ich habe nur dieses eine Kind geboren«, sagte sie.
Wieder Schweigen.
» Myron?«
» Ja?«
» Ich kann keine Kinder mehr bekommen.«
Ich sagte
Weitere Kostenlose Bücher