Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
euch beide. Bitte beeil dich.«
» Was ist passiert?«
» Es geht um den eben schon erwähnten, zusätzlichen wichtigen Grund dafür, dass wir uns weiterhin dieser Aufgabe widmen: Der Mann, auf den du vor ein paar Stunden geschossen hast, ist gerade gestorben. Die Polizei sucht dich wegen Mordes. Ich halte es für das Beste, proaktiv vorzugehen und deine Unschuld zu beweisen.«
12
Als ich Terese von dem Ergebnis des DNA-Tests erzählte, hatte ich eine andere Reaktion erwartet.
Ich saß mit ihr in der Lounge von Wins Flugzeug, einer Boeing-Business-Maschine, die er kürzlich einem Rapper abgekauft hatte. Die Sessel waren aus Leder und übergroß. Es gab einen Breitbild-Fernseher, eine Couch, Plüschteppiche, und alles war mit Holz verkleidet. Der Jet hatte auch einSpeisezimmer und hinten ein abgetrenntes Schlafzimmer.
Falls Sie es noch nicht mitgekriegt haben, Win schwimmt im Geld.
Er hat sein Vermögen auf die altmodische Art verdient: Er hat es geerbt. Seiner Familie gehört Lock-Horne Investments, immer noch eine der führenden Gesellschaften an der Wall Street, und Win hat seine Milliarden genommen und daraus weitere Milliarden gemacht.
Die » Flugbegleiterin«– ich setze das in Anführungszeichen, weil ich mir kaum vorstellen kann, dass sie viele Kurse im Sicherheitstraining besucht hat– war umwerfend, Asiatin, jung und, wie ich Win kannte, sehr gelenkig. Auf ihrem Namensschild stand » Mia«. Ihr Outfit sah aus wie aus einem Pan-Am-Prospekt aus dem Jahr 1968 mit maßgeschneidertem Kostüm, farblich passender bauschiger Bluse und sogar dem zugehörigen Pagenhut.
Als wir an Bord gingen, sagte Win: » Der Pagenhut.«
» Ja«, sagte ich. » Der hält den ganzen Look erst zusammen.«
» Es gefällt Mia, den Pagenhut bei jeder Gelegenheit zu tragen.«
» Erspar mir bitte die weiteren Details«, sagte ich.
Win grinste. » Sie heißt Mia.«
» Das habe ich auf dem Namensschild gesehen.«
» Wie du dir vorstellen kannst, geht es hier also nicht nur um dich, es muss auch Mia gefallen. Oder ich pflege mit Mia allein geschlechtlichen Umgang.«
Ich sah ihn nur an.
» Ich werde mich mit Mia nach hinten zurückziehen, so dass ihr beide hier vorn ungestört seid.«
» Hinten meint wohl im Schlafzimmer?«
» Bist du zufrieden mit dir, Myron? Ich muss sagen, dass ich mit Mia sehr zufrieden bin.«
» Hör bitte auf.«
Ich folgte ihm in die Maschine. Terese wartete drinnen schon auf uns. Als ich ihr von der versuchten Entführung und der folgenden Schießerei erzählte, war sie sichtlich besorgt. Als ich zum DNA-Test und der Tatsache kam, dass sie die Mutter des blonden Mädchens sein könnte– wobei ich die Worte » vorläufig« und » unvollständig« anfangs so häufig vorbrachte, dass ich schon fürchtete, sie könnten ein Augenrollen hervorrufen–, schockierte sie mich.
Sie zeigte kaum eine Reaktion.
» Du sagst, der Bluttest zeigt, dass ich die Mutter des Mädchens sein könnte?«
Genaugenommen zeigte der vorläufige DNA-Test, dass sie die Mutter des Mädchens war. Mit diesem Statement hätte ich mich im Augenblick aber doch ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt, also sagte ich einfach: » Ja.«
Auch das schien kaum bei ihr anzukommen. Terese kniff die Augen zusammen, als hörte sie schlecht. Ich sah ein kurzes und kaum wahrnehmbares Zucken in ihren Augen. Aber das war auch schon alles.
» Wie kann das sein?«
Ich zuckte nur kurz die Achseln.
Niemals durfte man die Kraft der Verdrängung unterschätzen. Terese schüttelte die Information ab, schaltete in den Reporter-Modus und bombardierte mich mit Fragen, die sich aus den erhaltenen Informationen ergaben. Ich erzählte ihr, was ich wusste. Sie atmete flach. Sie bemühte sich so sehr, nicht die Fassung zu verlieren, dass ihre Unterlippe zitterte.
Aber sie hatte keine Tränen in den Augen.
Ich wollte die Hand ausstrecken und sie berühren, konnte es aber nicht. Ich weiß nicht warum. Also saß ich einfach nur da und wartete. Keiner von uns sprach es aus, weil die Worte womöglich diese extrem empfindliche Seifenblase der Hoffnung zum Platzen gebracht hätten. Aber er war da, der sprichwörtliche Elefant stand im Zimmer, und obwohl wir beide ihn sahen, vermieden wir es, darüber zu sprechen.
Gelegentlich kamen mir Tereses Fragen etwas verbittert vor, vielleicht weil der Zorn über das durchkam, was ihr Exmann Rick ihr angetan hatte, vielleicht aber auch, weil sie die Hoffnung einfach im Keim ersticken wollte. Schließlich lehnte sie sich
Weitere Kostenlose Bücher