Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
zurück, biss sich auf die Unterlippe und blinzelte.
» Und wo fliegen wir jetzt hin?«, fragte sie.
» Nach London. Ich dachte, wir sollten mal mit Ricks Frau sprechen.«
» Mit Karen?«
» Kennst du sie?«
» Ob ich sie kenne?« Sie sah mich an. » Ja, ich kenne sie. Du erinnerst dich, dass ich Miriam zu einer Freundin bringen wollte, als der Unfall passiert ist?«
» Ja.« Dann: » Diese Freundin war Karen Tower?«
Sie nickte.
Das Flugzeug hatte die vorgesehene Flughöhe erreicht. In einer kurzen Ansage teilte der Pilot uns das mit. Ich hatte noch tausend Fragen, aber Terese schloss die Augen. Ich wartete.
» Myron?«
» Ja.«
» Wir sprechen nicht darüber. Noch nicht. Wir wissen beide, was da im Raum steht, aber wir reden nicht darüber, okay?«
» Okay.«
Sie öffnete die Augen, und ich wandte den Blick ab. Ich hatte verstanden. Selbst ein Augenkontakt war ihr in dieser Situation zu viel. Wie auf ein Stichwort öffnete Win die Schlafzimmertür. Mia, die Flugbegleiterin, trug ihre Pagenkappe und den Rest der Uniform. Auch Win war komplett bekleidet und winkte, dass ich ihm ins Schlafzimmer folgen sollte.
» Ich mag den Pagenhut«, sagte er.
» Das sagtest du schon.«
» Er steht Mia.«
Ich sah ihn an. Er führte mich ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter uns. Die Tapete hatte ein Tigermuster, die Bettwäsche sah aus wie Zebrafell. Ich sah Win an. » Versuchst du, Kontakt zu deinem inneren Elvis aufzunehmen?«
» Der Rapper hat das Zimmer eingerichtet. Es gefällt mir allmählich immer besser.«
» Wolltest du etwas von mir?«
Win deutete aufs Fernsehgerät. » Ich habe beobachtet, wie ihr euch unterhalten habt.«
Ich blickte auf. Terese war auf dem Bildschirm. Sie saß reglos auf der Couch.
» Daher wusste ich auch, dass gerade ein guter Zeitpunkt für eine Unterbrechung war. Hier.«
Es war ein BlackBerry-Handy.
» Deine Nummer funktioniert noch– alle Anrufe werden ankommen, deine kann man aber nicht zurückverfolgen. Falls das jemand versucht, landet er irgendwo im Südwesten Ungarns. Ach, und Capitaine Berleand hat eine Nachricht für dich hinterlassen.«
» Ist es sicher, wenn ich ihn zurückrufe?«
Win runzelte die Stirn. » Welchen Teil von › nicht zurückverfolgen‹ hast du nicht verstanden?«
Berleand meldete sich nach dem ersten Klingeln. » Meine Kollegen wollen Sie einsperren.«
» Dabei bin ich doch so ein charmanter Bursche.«
» Das habe ich ihnen auch gesagt, ich konnte sie aber nicht davon überzeugen, dass Charme wichtiger ist als eine Anklage wegen Mordes.«
» Dabei ist Charme auf dieser Welt doch so selten geworden.« Dann: » Ich habe es Ihnen doch gesagt, Berleand. Es war Notwehr.«
» Das haben Sie. Aber wir haben Gerichte, Anwälte und Ermittler, die vielleicht auch irgendwann zu diesem Ergebnis kommen würden.«
» Ich habe wirklich keine Zeit zu verlieren.«
» Dann werden Sie mir wohl nicht verraten, wo Sie sich gerade aufhalten.«
» Richtig.«
» Mir ist das Kong ja etwas zu touristisch«, sagte er. » Beim nächsten Mal können wir in dieses kleine Bistro in der Nähe von Saint Michel gehen, in dem sie nur Foie gras servieren. Das wird Ihnen gefallen.«
» Beim nächsten Mal«, sagte ich.
» Halten Sie sich noch in meinem Zuständigkeitsbereich auf?«
» Nein.«
» Schade. Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?«
» Klar«, sagte ich.
» Können Sie sich auf Ihrem neuen Handy auch Fotos angucken?«
Ich sah Win an. Er nickte. Ich sagte Berleand, dass das ginge.
» Ich schicke Ihnen gerade eins. Sagen Sie mir doch bitte, ob Sie den Mann darauf erkennen.«
Ich gab Win das Handy. Er drückte eine Taste und fand das Foto. Ich sah es mir ganz genau an, wusste aber eigentlich sofort Bescheid.
» Wahrscheinlich ist er das«, sagte ich.
» Der Mann, dem Sie den Tisch ins Gesicht geschlagen haben?«
» Ja.«
» Sind Sie sicher?«
» Ich sagte wahrscheinlich.«
» Dann gucken Sie nochmal genau.«
Ich musterte das Gesicht eingehend. » Ich nehme an, dass es ein altes Foto ist. Der Mann, dem ich heute begegnet bin, ist mindestens zehn Jahre älter als der auf dem Foto. Er hat sich verändert– der Kopf ist rasiert, die Nase ist anders. Trotzdem bin ich ziemlich sicher.«
Schweigen.
» Berleand?«
» Es wäre mir wirklich lieb, wenn Sie wieder nach Paris zurückkämen.«
Die Art, wie er das sagte, gefiel mir nicht.
» Ist nicht drin, tut mir leid.«
Wieder Schweigen.
» Wer ist das?«, fragte ich.
» Das schaffen Sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher