Von Menschen und Monstern
genauso seid wie die anderen Menschen, die sie auseinandergenommen haben. Ich glaube, sie sezieren jeweils einen Mann aus jeder Gruppe von Gefangenen.« Unruhig wälzte er den Kopf hin und her und holte tief Luft. »Von meiner Einheit war noch ein anderer Mann am Leben, als sie mich hierher brachten. Saul Davidson. Den haben sie auch dorthin verschleppt und seziert.«
»Und der Rest von uns geht bei anderen Versuchen drauf«, sagte Eric langsam.
»Nach allem, was ich in den umliegenden Käfigen gesehen habe – ja.« Jonathan Danielson verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln. »Weißt du noch, daß ich sagte, es wäre nicht die schlimmste Todesart, von einem gerissenen Seil zu stürzen.«
»Weißt du zufällig, wie diese grünen Seile funktionieren, die die Bestien verwenden?«
»Die Wirkung basiert auf dem Prinzip der Protoplasmaverschmelzung. Die Bestien haben in jüngster Zeit sehr viele Experimente in dieser Richtung durchgeführt. Aus diesem Grund wurde meine Gruppe hierhergesandt.«
»Was für eine Verschmelzung?«
»Protoplasmaverschmelzung«, wiederholte der Verwundete. »Hast du schon jemals eine der gleitenden Türen gesehen, die sie in den Wänden haben? Sie öffnen und schließen sich wie ein Vorhang. Bei der leisesten Berührung stehen sie still.«
Eric nickte.
»Diese Türen kehren das Prinzip um, also Protoplasmaabstoßung.«
»Ich glaube, ich verstehe dich, aber was bedeutet dieses Wort, das du ständig verwendest – Protoplasma?«
Jonathan Danielson fluchte leise. »Oh, du heiliger Aaron! Da unterhalte ich mich mit einem Wilden, der noch nie etwas von Protoplasma gehört hat!« Er wandte das Gesicht ab und seufzte ergeben.
Eric starrte den Liegenden an und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Er kam sich genauso dumm und minderwertig vor wie bei seiner ersten Begegnung mit Arthur dem Organisator.
»Bist du vom Aaronvolk?« fragte er schließlich zaghaft.
Keine Antwort.
»Meine Großmutter war eine Aaron, heißt es. Deborah die Traumsängerin. Sagt dir der Name etwas?«
»Ach, geh weg«, murmelte Jonathan Danielson. »Ich sterbe, und es ist mein gutes Recht, mit ein paar vernünftigen Gedanken im Kopf zu sterben.«
Eric hätte gerne weiter gefragt, aber er wagte es nicht. Verstört zog er ab. Der letzte Jungkrieger der Menschheit hätte sich nicht weniger zum Führer berufen fühlen können, als er es im Augenblick tat.
Walter der Waffenforscher winkte ihm mit einem Seil, das aus vielen kurzen Riemen zusammengeknotet und dann geflochten worden war. »Die erste Zerreißprobe findet gleich statt. Willst du zusehen?«
»Ja, ich denke schon. Hör mal, Walter«, sagte Eric mit gespielter Gleichgültigkeit. »Du hast doch alle möglichen Fachleute aus Hinterhöhlenstämmen bei dir. Kennst du jemanden, der schon mit Protoplasma gearbeitet hat?«
»Womit?«
»Protoplasma. Protoplasmaverschmelzung oder -abstoßung. Mit ist beides recht. Du weißt doch, was Protoplasma ist, nicht wahr?«
»Nein. Nie davon gehört.«
»Na, dann bemüh dich nicht weiter«, sagte Eric, und seine Stimmung hob sich. »Das besorge ich dann selbst. Probieren wir jetzt das Seil aus.«
Sie stellten einen Mann an jedes Seilende und ließen sie gleichzeitig anziehen. Es hielt. Als die Männer jedoch locker ließen und das Seil dann mit einem Ruck spannten, riß es in der Mitte entzwei.
»Erster Versuch mißlungen«, sagte Walter. Er senkte den Kopf. »Na schön«, meinte er leise, »zurück zu den Reißbrettern.« Beschämt blinzelte er Eric an. »Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich ein bißchen Väterweisheit anwende. Das war eines der ältesten Stoßgebete, das mein Volk kennt.«
»Nimm jede Beschwörungsformel, von der du dir etwas versprichst. Bei uns herrschen ohnedies viel zuviel religiöse Engstirnigkeit und Fanatismus.«
Am nächsten Morgen nach der Speisung tauchte wieder eine Bestie mit einem tastenden grünen Seil auf. Diesmal aber konnte sie ihr Opfer erst nach einem gewaltigen Tumult auswählen. Die Insassen des Käfigs stürmten von einer Ecke in die andere. Eric kämpfte um jene Überlegenheit, die ein Führer beweisen muß, und versuchte, sich abseits zu halten, aber die hysterische Menge riß ihn einfach mit.
Die Bestie wartete geduldig ab und ließ das grüne Seil so lange von ihren rosigen Fühlern in den Käfig baumeln, bis sich der Mann, auf den sie es abgesehen hatte, kurz von seinen Kameraden absonderte. Sofort senkte sich das Seil, berührte den Mann an der Schulter
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