Von Namibia bis Südafrika
würde die Sammlung organisieren und nach Südafrika schicken. Von dort wollte ich alles nach Namibia fahren, um es Johan zukommen zu lassen.
Außerdem hieß es, Abschied zu nehmen: Am folgenden Tag flog Richard nach Hause. Obwohl wir die Operation „Ballonfahrt“ nicht mit der Krone des Erfolgs geschmückt hatten, fiel ihm der Abschied schwer. Er hatte Gefallen an Land und Leuten gefunden. Uns war klar, ohne seinen Expertenbeistand würden wir es in Zukunft noch schwerer haben, das Ding in die Luft zu bringen. Außerdem war er ein begabter Auto-Ausbuddler und einfach ein patenter Kerl, so dass ich auf der Tour durch den südafrikanischen Teil der Kalahari ungern auf ihn verzichtete.
„Willst du jemanden kennen lernen“, schreibt Paul Theroux, „musst du mit ihm reisen.“
Der Mann hat Recht. Um den Abschiedsschmerz wegzuspülen, tranken wir noch ein Bierchen, und noch eines, und noch eines, und noch eines. Danach fuhren wir zurück in Wolfis Hochsicherheitstrakt, und der Hausherr vergaß im Rausch, die Alarmanlage einzuschalten. Am nächsten Morgen erwachte ich aus süßem Schlummer, als es hektisch an meine Tür schlug. Es war Rolf.
„Nein!“, rief ich, „keine Ballonfahrt!“
Aber Rolf hatte anderes auf dem Herzen.
„Einbrecher“, rief er. „Die Kamera ist weg!“
Draußen im Garten stand Wolfi in einem blau gepunkteten Schlafanzug, das nahm mein auf Standby geschaltetes Gehirn als Erstes wahr. Dann sah ich den Inhalt meiner Wertsachen über den Rasen verstreut. Das heißt das Wenige, was davon übrig war.
„Kann mir nicht erklären, wie die rein kamen“, sagte Wolfi .
„Durchs Fenster, du Depp“, antwortete Rolf. Eine Scheibe war eingedrückt, und innen im Haus konnte man die Fußspuren eines Kindes sehen. Ich muss sagen, das Mädchen oder der Junge hatte die Ruhe weggehabt. Die Spuren führten direkt zum Kühlschrank, wo wir ein paar halbgefutterte Würste und eine leer getrunkene Cola fanden. Dann ging's weiter in jeden Raum. Auch neben meinem Bett hatte das Kind Halt gemacht, mir beim Schlafen zugesehen und sich dabei wahrscheinlich ins Fäustchen gelacht. Dann hatte es alles, was wertvoll aussah, nach draußen gereicht, wo ein paar fleißige Helferlein aussortierten: Das Gute ins Kröpfchen, den Rest auf den Rasen. Ins Kröpfchen wanderte unter anderem die Kamera. Wir hatten am Abend zuvor Material überprüft und sie danach nicht in die verriegelte Gefängniszelle gebracht.
„Die Kuffnucken“, sagte ich, „sind wir selbst.“
Draußen konnte man anhand von abgebrochenen Zweigen und zertrampelten Blumen sehen, wie die Einbrecher sich über den Teil der Mauer davongemacht hatten, wo dem Hausherrn der Stacheldraht ausgegangen war. Wir riefen die Polizei an, die Stunden später drei Mann hoch anrückte. Sie durchsuchten alles, nahmen Fingerabdrücke, erklärten uns, was wir schon wussten, und ihren Gesichtern konnte ich ansehen, was sie dachten: „Kuffnucken. Nächstes Mal weniger saufen.“
Sie hatten Recht. Oder auch nicht. Natürlich ist es kein Wunder, dass dort, wo die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird, die einen von den anderen Methoden der Selbstbedienung abschauen. In Städten wie Windhuk läuft das in der Regel so: Die schwarzen Hausangestellten, Köchinnen oder Gärtner kehren nach ihrem Arbeitstag in den weißen Villen in die Townships zurück. Der größte von Windhuk heißt Katutura, was so viel bedeutet wie „der Ort, wo wir nicht leben wollen“. Dort werden sie von Gangs und manchmal auch einfach von Verwandten und Bekannten zur Herausgabe von Informationen genötigt. Zum Beispiel, dass Kuffnucken wie Wolfi vergessen, die Alarmanlage anzustellen. Ein paar Stunden später fährt ein Lieferwagen vor, und wenn man Glück hat, sind es nur materielle Dinge, die dann fehlen. In unserem Fall wog am schwersten, dass das Filmmaterial der letzten Tage mitsamt der Kamera verschwunden war. Als das Telefon klingelte, konnte ich sehen, wie gut diese Diebe organisiert waren.
„Da ist einer dran“, sagte Wolfi, „der euch eure Kamera zum Rückkauf anbietet. Er will 5 000 US-Dollar.“
Die Kamera war mehr wert. Sie war so teuer, dass kein Dieb etwas mit ihr anfangen konnte. Eine Amateurkamera lässt sich auf dem Schwarzmarkt verhökern, unsere nicht. Deshalb der Anruf.
Es gibt Tage, da sollte man gar nicht erst aufstehen. Heute war so ein Tag. Wir schickten einen „Vertrauten“ von Wolfi mit 2 000 US-Dollar los. Um es kurz zu machen: Die Kamera sahen wir nie
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