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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Schnoy
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Sumerer. Bei ihnen fand man nicht nur jahrtausendalte Schiffe, sondern sogar Frachtpapiere, die auf den geschäftsmäßigen Betrieb der Schiffe hinwiesen. Dank Keilschrift in Tonplatten sind diese Reedereiunterlagen bis heute erhalten. Eine gute Sache, falls doch noch mal eine Steuerprüfung ansteht. Frachtpapiere, so etwas hatten die Wikinger auf ihren Langbooten nie. Und die Briten weder das eine noch das andere. Aber wie sind sie dann auf die Insel gelangt? Schwimmend?
    Zu Fuß von Frankreich nach England
    Die Antwort ist verblüffend: Bis vor siebentausend Jahren konnte man noch einfach von Frankreich bis zur Themse zu Fuß gehen, Britannien war mit dem Festland fest verbunden, sozusagen selbst Festland, nur eine Halbinsel, über deren Landanbindung die allerersten urzeitlichen Einwanderer gekommen sind. Als sie merkten, dass die neue Scholle sehr kalt, sehr feucht und sehr zugig war, war es zu spät zum Umkehren.
    Am Ende der Eiszeit stieg der Meeresspiegel, und England wurde das, was es bis heute ist: eine Insel. Weglaufen war ausgeschlossen, es sei denn, man wurde von den vielen Invasoren, die sich die Türklinke in die Hand gaben, mit dem Schiff als Beute mitgenommen. Aber was schreibe ich, bis zur Türklinke war es noch lange hin, selbst auf Fenster, durch die es nicht zieht, warten die Briten ja bis heute.
    Der Rest der Inselbewohner blieb im frühzeitlichem Alcatraz, und das raue Klima führte zu ausgesprochen rauen Umgangsformen.
    Ein paar Steine
    Stellen wir uns vor, in Italien gäbe es keine antiken Stätten der Einheimischen, die Besucher aus aller Welt anzögen, sondern nur die Spuren, die Touristen dort hinterlassen haben. Man fände nach einigen Jahren nichts mehr, Müll vergeht, vielleicht überlebte eine Coladose, aber selbst die
Etap
-Hotels für Touristen würden schneller wieder im Boden versinken, als sie aufgebaut worden sind.
    Auf der Britischen Insel war es genau andersherum: Die Touristen errichteten die Bauwerke, die noch heute Besucher anlocken, und die Einheimischen bekamen nichts auf die Reihe. Bei
Stonehenge
, dem großen Steinkreis mit vier Tonnen schweren Quadern, die irgendwie auf andere Quader gelegt worden sind, fragt man sich bis heute, wer es war. Zwischenzeitlich hieß es gar, Germanen hätten diese Kultstätte errichtet – was für eine Schmach für britische Nationalhistoriker! Eine der wichtigsten identitätsstiftenden Stätten, womöglich gebaut von Fremden, noch schlimmer: von Deutschen! Fremde waren es aber auf jeden Fall. Bis heute weiß man wenig über die Funktion dieses monumentalen Kreises im Südwesten Englands. Wurde
Stonehenge
für einen Sonnenkult errichtet? Oder um astronomische Untersuchungen über den Lauf von Sonne und Gestirnen anzustellen? Eine eher absurde Vermutung, wo doch in England die Sonne nie rauskommt. Und wenn doch, muss es ausgesprochen frustrierend für die Astronomen gewesen sein, darauf zu warten, dass sich die immer wieder von neuem auftauchenden Wolken verziehen.
     
    Bis heute fasziniert uns an England die Mischung aus gutem Stil und stillosem Rowdytum. Ich wurde noch im letzten Sommer Zeuge der berühmten Schlange, die sich angeblich formvollendet an britischen Bushaltestellen bilden soll. Damals wollte ich am Rande von Birmingham den Bus in die Innenstadt besteigen, war mir aber nicht sicher, ob dieser auch dorthin fuhr.
    Zwar warteten die Briten hier wie bei uns als loser Haufen am Bordstein, doch nachdem ich in den Bus eingestiegen war und vor dem Fahrer anhielt, um ihn zu fragen, ob er auch mein Ziel ansteuere, und sich nach einer etwas umständlichen Konversation herausstellte, dass dies nicht der Fall war und wieder aussteigen musste, bemerkte ich, dass keiner der anderen Wartenden an mir vorbeigegangen war. Sie hatten alle geduldig mein Gespräch mit dem Fahrer abgewartet, obwohl es genug Platz gegeben hätte, mich zu überholen und die meisten sicher im Besitz von Monats- oder sonstigen Zeitkarten waren.
    Dieser Stil, die Höflichkeit an sich ist uns verlustig gegangen. Wer im deutschen Speisewagen einen Kaffee mit den Worten bestellt: «Verzeihung bitte, ich hätte gerne einen Kaffee», wird beim Personal sicher als der höflichste Gast des Monats in Erinnerung bleiben. Probieren Sie es einfach mal aus.
    Auf meinen Reisen werde ich oft Zeuge der typisch deutschen Bestellung. Nur der Kellner bewahrt die Etikette, wenn er fragt: «Guten Tag, darf’s was zu trinken sein?» Die Antwort lautet meist: «Kaffee.» – «Milch und

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