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Von Natur aus kreativ

Von Natur aus kreativ

Titel: Von Natur aus kreativ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Poeppel , Beatrice Wagner
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sozusagen frei nach oben schwebe. Dann kommuniziere ich mit dem Schöpfer.
    Wagner: Und wie kommst du dann vom ahnungsvollen Verstehen zum Kunstwerk?
    Sacharow-Ross: Nachdem die Taiga mir die Augen für die Natur geöffnet hatte, entstanden in mir auch Wut und Ärger über die Menschen, die ignorant und blind sind, die Natur missachten, zerstören und knechten. Daraus entsteht in mir noch immer das Verlangen, das Leben und seine Energien so auszudrücken, dass auch in anderen Menschen ein Gefühl für die Natur entsteht. Die Werkzeuge dafür bilden sich aus verschiedenen zufälligen Erlebnissen, wozu auch Gespräche mit Wissenschaftlern gehören. Ich versuche in allem, was ich mache, Zusammenhänge herzustellen, zwischen den Menschen und den Zeiten, verschiedenen Orten, zur Natur, zur Kultur, zum Schöpfer. All diesen Eindrücken entspringen kleine „Rohdaten“, die ich auf Notizzetteln festhalte. Daraus entsteht dann das, was ich ausdrücken will, zum Beispiel der Satz „Graphit sind zusammengepresste Jahrtausende organischen Lebens, die von den Energien des Urbewusstseins durchdrungen sind“. Dann startet wieder ein Prozess, in dem die Aussage umgesetzt wird. Und dann kommt der Moment, wo ich einfach handeln muss. Das Werk entsteht, verändert sich, ist ein Prozess. Und irgendwann beschließe ich, es freizugeben und eine Ausstellung zu finden.
    Wagner: Was ist dann aus dem Satz vorhin entstanden?
    Sacharow-Ross: Ein Graphitspiegel, der Betrachter sieht sich selbst in einer polierten Fläche, vor dem Hintergrund seiner Urvergangenheit. Nie ist das Bild wichtig, sondern immer das, was im Betrachter entsteht. Aber wenn ich ganz ehrlich bin: Eigentlich kann ich überhaupt nicht erklären, was ich tue. Ich kann viel erzählen, aber das wäre falsch. Wenn ich die Zwischenzone erreiche, dort wo sich der Zugang zur Kreativität befindet, dann weißich nicht, wie ich dahin gelangt bin und was geschieht. Vielleicht ist ein Werk die Essenz von vielen Eindrücken und Überlegungen, von vielen Kritzeleien, von vielen Notizen. Auf jeden Fall braucht man Mut, durch neue Türen zu gehen, die man nicht kennt, und Mut, nach einem Scheitern wieder aufzustehen.

Der Reichtum des Zufalls
    Wie wir Zufälle ausbeuten und kreativ verwenden
    Lebensgeschichten sind ein kreativer Akt. Im Nachhinein erst machen wir Zufälle bedeutsam, indem wir sie verknüpfen und ihnen einen Sinn geben. Nach diesem Prinzip finden Liebespaare zueinander, werden wissenschaftliche Erfindungen getätigt und Beobachtungen in Theorien verwandelt.
    Jede große Liebesgeschichte beginnt mit einem Zufall. Hier lauern viele Chancen, kreativ zu werden, auch wenn uns das zunächst gar nicht so bewusst ist. Hans-Peter und Angela Wergelts Geschichte, von der sie in einer Therapiesitzung erzählten, lief zum Beispiel folgendermaßen ab: „Meine jetzige Frau lernte ich in einer abgelegenen kleinen Kirche kennen, in der schon Johann Sebastian Bach geheiratet hat. Dass ich überhaupt dahin kam, lag an einer Brauerei, die ich vor 25 Jahren in Thüringen entdeckt habe. Ich liebe Traditionsbrauereien, und das war eine ganz besonders schöne. Immer wenn ich durch Thüringen kam, machte ich dort Halt und freundete mich sogar mit den Besitzern an. So luden sie mich zum Jubiläum der Brauerei ein. Nach der Feier hatten einige der Anwesenden noch Lust, etwas Kulturelles zu erleben. Ich wusste, dass Johann Sebastian Bach in einer Kirche in der Nähe geheiratet hatte, und weil ich seine Musik liebe, sind wir also dorthin gegangen. Dort lernte ich einen Mann kennen, der einen Förderverein für die Kirche gegründet hatte. Der Typ war so enthusiastisch, dass ich beschloss, etwas Verrücktes zu machen, nämlich diese Kirche zu fördern. Ich, der Atheist! Vor einigen Jahren lud er mich dann zu einem Konzert anlässlich der 300-Jahr-Feier von Bachs Hochzeit in dieser Kirche ein. Später an diesem Tag schlenderte ich draußen auf dem Kirchplatz noch über den kleinen Bauernmarkt und lief dortder Sopranistin in die Arme, die zuvor im Konzert gesungen hatte. So eine lange Kette von Zufällen, nur damit ich dieser Frau begegnen konnte! Zwei Jahre später haben wir geheiratet, in genau jener Kirche. Schade nur, dass mein Vater das nicht mehr miterlebt hat, er hatte einen Bach-Chor dirigiert, er wäre so glücklich gewesen.“
    Was Hans-Peter nicht erwähnt, wenn er die Geschichte erzählt: Er hatte sich in den zwei Jahren vom Kennenlernen bis zur Eheschließung gleich dreimal von Angela

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