Von Natur aus kreativ
danach, welche Bedeutung es sein könnte, lange mit sich herum, bis sich die Antwort in Form eines konkreten Einfalls manifestiert. Dieser muss jedoch vorbereitet sein, zunächst durch das Sammeln von Daten, das Anhäufen von Erfahrung, die Wahrnehmung von Sinneseindrücken. Die Daten werden daraufhin im Gehirn in einen Kontext eingeordnet, und auf diese Weise werden unterschiedliche Wissensfelder aufgebaut. Schließlich werden diese miteinander vernetzt. Je mehr unterschiedliche Wissensfelder in einem Gehirn vorhanden sind, desto außergewöhnlichere Kombinationsmöglichkeiten gibt es. Dies sind die Grundlagen der Kreativität, denn Kreativität besteht darin, durch die Vernetzung von Informationen Lösungen für Probleme zu finden.
Sie können dem Zufall auf die Sprünge helfen, indem Sie sich nicht nur in Ihrem Fachgebiet in die Tiefe vorarbeiten, sondern auch offen sind für gänzlich andere Lebensbereiche. Dieses Kapitel ist implizit also auch ein Plädoyer gegen das ausschließliche Spezialistentum. Spezialisten können zwar in die Tiefe vordringen und hier ungeahntes Wissen erwerben. Doch dies geht auf Kosten der Mutation, Variabilität der Merkmale und Selektion, den Kriterien der Evolution. Um die Kreativität anzufeuern ist es besser, in einem Bereich der Spezialist zu sein, aber sich trotzdem für andere Bereiche zu öffnen, mit dem Anspruch, zumindest ansatzweise über alles informiert zu sein, was die Welt bewegt. Welche Auswirkungen das haben kann, zeigt Ihnen nun auch unser nächster Gesprächspartner, der Verleger York von Heimburg, der die Zeichen der Zeit erkannte und intuitiv das Verlagswesen völlig auf den Kopf stellte.
Kreativität braucht den vorbehaltlosen Austausch
Ein Gespräch mit York von Heimburg
York von Heimburg ist der Vorstand der IDG Communications Media AG in München, einem der größten deutschen IT-Fachverlage für Computerzeitschriften. Gründer und Übervater von IDG ist Patrick McGovern, der dem MIT in Cambridge und einem Verbund von Universitäten in Peking Zentren für innovative Hirnforschung gestiftet hat. York von Heimburg, der immer für eine neue und auch polarisierende These gut ist, hat seine ganz eigene Sicht, was ein Medienhaus in Zukunft erfolgreich macht. Für den Manager, der außerdem Autor und Künstler ist, sind Technologen künftig das Maß der Dinge, weil nur sie die Voraussetzungen schaffen können, das Wissen der vielen Millionen Leser anzuzapfen und zu verwalten. Ein Gespräch über eine neue Art, ein Medienhaus zu führen.
Pöppel: York, du bist Unternehmer und wolltest mit dem Verlag einmal etwas ganz anderes machen als bisher. Wie kam es dazu?
von Heimburg: Um kreativ zu sein, bedarf es immer der Neugierde, des Offenseins für neue Ideen und eines hohen Maßes an Sensibilität. Es gilt, die Gedanken, Gesten und Gefühle von anderen Menschen aufzunehmen und zu verarbeiten. Kreativität braucht den vorbehaltlosen Austausch. Man bringt seine eigene Persönlichkeit mit ein und verbindet das mit dem, was von außen kommt.
Wagner: Jetzt wollen Sie neben Ihren Redakteuren auch auf die Stimme der Vielen hören. Der Modebegriff Schwarm-Intelligenz besagt: Aus vielen guten Entscheidungen Einzelner entsteht die Weisheit der Masse. Sehen Sie das auch so?
v on Heimburg: Ob Schwarm-Intelligenz oder Crowd-Sourcing, wie wir es nennen: Es geht darum, das Wissen und die Kreativität unserer User zu nutzen und mit unserem Content sinnvoll zu verknüpfen. Schauen Sie, wir haben knapp hundert Redakteure. Das ist angesichts der Vielschichtigkeit der Themen und Nutzungsaspekte dann doch eine überschaubare Anzahl. Deshalb bauen wir auf die millionenfachen Erfahrungen all unserer Leser. Deshalb sind die Beiträge von Experten, die sich sowieso täglich mit den Systemen beschäftigen und ihre Erfahrungen damit machen, eine so wertvolle Ergänzung für die ganze Leserschaft. Parallel dazu brauchen wir Web- und Mobile-Entwickler, Informatiker und Social-Media-Experten, um interessante Inhalte schnell zu finden und sie in unser Content-Angebot integrieren zu können. Wir benötigen auch SEO-Spezialisten für die Suchmaschinen-Optimierung, außerdem New-Media-Berater und -Verkäufer sowie Kreative wie etwa Screen-Designer.
Wagner: Wie ist die Web-Zentrierung entstanden?
von Heimburg: Zuallererst durch wirtschaftlichen Druck, weil immer weniger Printprodukte verkauft werden, dann durch die damit verbundene Erkenntnis, dass unsere Zielgruppen zunehmend ins Internet
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