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Von Natur aus kreativ

Von Natur aus kreativ

Titel: Von Natur aus kreativ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Poeppel , Beatrice Wagner
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Eigenschaften und Interessen weiter auszubauen, wenn sie der Beziehung guttun, und andere zu vernachlässigen, wenn sie der Beziehung schaden. So kann gemeinsam Neues entstehen. Eine Musikerin und ein Abenteuerreisender finden über ihre Liebe zu Bach zusammen. Sie passen ihre Zukunftspläne einander an. Fortan wird, vereinfacht dargestellt, der Abenteuerreisende in die Welt der Musik eingeführt und die Sängerin in die Welt des Reisens. Wer weiß, was daraus noch alles entsteht, vielleicht ein Reiseorganisationsbüro für Konzerte an besonderen Orten? Auch bei Lena und Christoph hat die Begegnung zu etwas Neuem geführt. Lena fing an, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Heute sagt sie, ihr Schicksal wäre anders verlaufen, wenn sie durch Christoph nicht den richtigen Anstoß zur richtigen Zeit erhalten hätte.
    Es ist ein Prinzip der Natur, Offenheit zu programmieren. Menschen sind zwar durch ihre genetischen Anlagen festgelegt, haben aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, sich an verschiedene Lebensumstände anzupassen. Das wichtigste Werkzeug dafür ist die Kreativität. Es hilft uns dabei, den Rahmen unserer Erwartungen an die Gegebenheiten anzupassen und ein Gefühl der inneren Balance zu erzeugen.
    Die gerade beschriebene Umdeutung von Zufällen findet sich nicht nur in Liebesgeschichten, es gibt sie in jedem Bereich. Vielleicht kennen Sie die Geschichte, wie Edwin Land die Polaroidkamera erfand. Er besaß damals in Cambridge eine Firma, die Polarisationsfilter herstellte. Diese Filter schraubte man damals vor die Objektive, um Besonderheiten des Lichtspektrums auszugleichen. Eines Tages spazierte Edwin Land mit seiner kleinen Tochter am Strand entlang und fotografierte sie. Es war die Zeit der 35-Millimeter-Kleinbildfilme, die zunächst entwickelt werden mussten, damit Fotoabzüge hergestellt werden konnten. Ungeduldig fragte das Mädchen ihren Papa, warum sie ihr Foto denn nicht sofort sehen könne. Diese Frage beschäftigte ihn jahrelang, bis er schließlich das Konzept einer Sofortbildkamera entwickelte, zunächst für Schwarzweißbilder. Daraus entstand dann die klassische Polaroidkamera für Farbabzüge, die SX 70. Dass zufälligerweise gerade die Tochter eines Entwicklers von Kamerazubehör ihrem Vater diese Frage stellte, war das auslösende Moment einer kreativen Weiterentwicklung.
    Zufälle hatten auch bei Charles Darwins Entdeckung der Evolution seine Finger im Spiel. Der berühmte Weltreisende war mit dem Segelschiff Beagle unterwegs und sammelte Daten. Überall beobachtete er Tiere und Pflanzen, zeichnete sie und hielt ihre Eigentümlichkeiten fest. Auf den Galápagos-Inseln, die heute zu Ecuador gehören, fiel ihm auf, dass es dort besondere Finken gab, die ihm noch nirgends zuvor begegnet waren. Er zeichnete auch sie. Später entdeckte er, dass es sich um mehrere Finkenarten handelte, die sich zwar ähnelten, sich jedoch durch Form und Größe des Schnabels, durch ihre Lebensweisen und ihre Gesänge voneinander unterschieden. Das erschien ihm merkwürdig. Nirgends sonst gab es diese Galápagos-Finken, und an diesem einen Ort gleich 14 Unterarten von ihnen.
    Aus dieser Beobachtung, die nur durch das Sammeln vieler Daten möglich wurde, leitete Darwin seine bekannte Evolutionstheorie ab: Die Galápagos-Inseln sind vulkanischen Ursprungs und entstanden später als das benachbarte Festland. Aus irgendeinem Grunde, vielleicht durch einen Sturm, landete die Gründerpopulation der Finken auf der Inselgruppe. Es gab keine Konkurrenz und keine Fressfeinde, weshalb sich die Population rasch vergrößerte und expandieren musste. So wurden auch die benachbarten Inseln des Archipels bevölkert. Die verschiedenen Lebensbereiche lagen so weit voneinander entfernt, dass sich die jeweiligen Finken nicht gegenseitig beeinflussten, was die Fortpflanzung betraf. So entwickelten sie sich genetisch auseinander. Später wurden einige Finken auf die Insel der Ausgangsart zurückvertrieben, wo sie fortan mit dieser in Koexistenz zusammenlebten. Dort wurden sie dann von Charles Darwin beobachtet und bildeten eine der Grundlagen seiner Evolutionstheorie. Denn der Artenbildungsprozess auf den Galápagos-Inseln ist beispielhaft für die Evolution im Allgemeinen.
    Bei Darwin und Land handelt es sich um eine andere Art, wie Zufälle wirksam werden, als bei den Liebesgeschichten: Jemand erkennt, dass eine Beobachtung in einem bestimmten Kontext eine Bedeutung haben könnte. Häufig trägt er die Frage

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