Von Natur aus kreativ
vorhandene „dunkle Vorstellung“ in Ihrem Kopf wird durch das Gespräch präzisiert, da Sie durch das Reden gezwungen sind, dem Anfang auch ein Ende hinzuzufügen. Und möglicherweise ist das der entscheidende Einfall, auf den Sie gewartet haben.
Informelle Treffen mit sechs bis acht Personen, etwa ein gemeinsames Essen, bilden gute Foren, um gemeinsam einen Gedanken zu entwickeln oder weiterzudenken. Hier lauert allerdings auch eine Falle, nämlich dass man sichwie von selbst vor allem der Person zuwendet, die einem die größte Aufmerksamkeit entgegenbringt. Damit macht man sich jedoch abhängig von der Zustimmung dieser Person. Schüttelt sie dann einmal den Kopf oder schaut plötzlich desinteressiert, bricht der eigene kreative Gedankenfluss ab. Achten Sie deshalb beim Gespräch im Freundeskreis darauf, alle Anwesenden einzubinden. Größere Gesellschaften hingegen befördern kreative Prozesse fast nie. Wenn Sie auf einer Party nur noch minutenweise miteinander sprechen, ist das für eine kreative Kommunikation unzureichend.
Kreativität erfordert auch eine Fokussierung auf das, was Sie erreichen wollen. Ein Buch schreibt sich nicht von selbst. Der Plan eines Architekten will gezeichnet werden. Die Floristin muss die Blumen in die Hand nehmen, um sie kreativ zu einem Strauß zu komponieren. Das alles erfordert Konzentration. Um in der Wissenschaft oder im Schriftstellerischen etwas Neues zu schaffen, sollten Sie sich der Aufgabe zwei, höchstens drei Stunden zuwenden und sich in dieser Zeit maximal konzentrieren. Zwingen Sie sich dazu, sich nicht ablenken zu lassen von E-Mails, Telefonanrufen oder dem dringenden Bedürfnis, eben schnell nachzusehen, was Ihre Freunde auf Facebook gepostet haben. Damit geben Sie einer Aufgabe erst den Raum, in dem sich neue Gedanken entwickeln und reifen können. Wenn Sie zwei bis drei Stunden kreativ arbeiten und sich dabei nicht ablenken lassen, bringen Sie mehr zustande, als wenn Sie sich den ganzen Tag mit mäßiger Aufmerksamkeit einer Sache zuwenden. Den Rest des Tages haben Sie dann frei für Routineaufgaben.
Vermeiden Sie die kreative Gedankenflucht. Manche Menschen springen von einem Einfall zum anderen. Dies mögen alles Kreativitätsinseln sein, aber es fehlt die Kontinuität. Es gehört Selbstdisziplin dazu, eine informatorische Müllbeseitigung vorzunehmen. Das gilt auch dann, wenn ein kreativer Einfall sich nicht bewährt: Trennen Sie sich von ihm, auch wenn Sie schon viel daran gearbeitet haben. „Kill your baby“, sagen Journalisten sehr drastisch dazu. Nicht alles, was einem einfällt, hat Bedeutung. Kreativität hingegen ist immer auf eine neue Lösung eines neuen oder alten Problems bezogen.
Der Blick auf das Neue wird stark eingeengt, wenn Sie den potenziellen Rezipienten im Kopf haben. Denn der könnte ja übertrieben kritisch sein, sodass Sie seinen Ansprüchen nicht genügen. Auch ist es nicht hilfreich, sich zu überlegen, wen Sie mit Ihrer kreativen Arbeit alles beeindrucken wollen. Das schafft einen Erwartungsrahmen, der oft mit der Angst verknüpft ist, was Ihnen wohl passieren könnte, wenn das Werk ein Reinfall wird. Angst zerstörtkreative Gedanken schon im Ansatz, für Kreativität ist Freiheit notwendig. Es ist aber sehr schwer, sich von seinen Ängsten zu befreien. Die Aufforderung „Hab keine Angst“ ist ungefähr so wirkungsvoll wie „Sei doch spontan“. Um die Angst während des Schaffensprozesses abzulegen, ist es hilfreich, das Kritische und das Kreative in zwei unterschiedlichen Zeitfenstern zu behandeln: Schreiben Sie erst einmal ein Kapitel fertig und geben Sie es erst dann einem kritischen Freund zum Lesen. So müssen Sie sich im kreativen Zeitfenster nicht mit den kritischen Gedanken belasten, sondern erst, wenn Sie das Kapitel zurückbekommen.
Kreativität ist also Planung. Wir müssen die Regeln kennen und sie anwenden. Das Schaffen neuen Wissens kann aber nicht aus dem Nichts entstehen; das menschliche Gehirn muss eine operative Basis bereitstellen, aus der heraus sich das Neue entfalten kann. Ohne schon vorhandenes Wissen oder Können ist Kreativität ein blinder Prozess, in dem vielleicht „Neues“ entsteht, das jedoch keinen Bezug zur Realität hat.
In jedem Augenblick entstehen neue gedankliche Verknüpfungen im Gehirn, doch das meiste davon ist völlig nutzlos; erst eine Überprüfung, und sei dies nur durch Probehandeln, erweist, ob es sich um eine nützliche kreative Leistung gehandelt hat. Um diese Basis
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