Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
relativ großzügig entlohnt: Als Ober-Hiwi bekam ich stattliche achthundert Mark im Monat. Ich wusste allerdings auch, dass sich die Asche ziemlich schnell wieder verflüchtigen würde. Denn mit dem Beginn meiner Ausbildung sollte ich nur noch dreihundert Mark Lehrgeld erhalten. So stand’s im Tarifvertrag. Da gab’s selbstverständlich keine Unterschiede zu den anderen Azubis. Und es half rein gar nix, dass ich enge Beziehungen zur Firmenleitung hatte.
Also musste ich mir dringend Gedanken über zusätzliche Einnahmequellen machen. Denn ich brauchte ja demnächst einen Führerschein und ein Auto. Und das Kölsch in meiner Lieblingskneipe gab’s ja leider auch für Stammgäste nicht umsonst.
Glücklicherweise befanden sich unter all dem Plunder, den mein Vater importierte, auch immer wieder einige Lichtblicke. So fiel mir eines Tages ein Karton mit einem seltsamen Spielzeug in die Hände, das mir interessant erschien. Es handelte sich um einen Würfel, der aus einzelnen, kleinen Elementen bestand. Die Seiten trugen unterschiedliche Farben, und alle Ebenen konnten gegenseitig zueinander bewegt werden. Kurzum: In dem Karton waren detailgetreue Kopien des sogenannten Zauberwürfels, der Mitte der siebziger Jahre von einem ungarischen Professor Rubik erfunden worden war. Wie ein Tsunami schwappte die Zauberwürfel-Welle in jenen Tagen über Deutschland. Das ließ sich der Hersteller des Original-Modells natürlich bezahlen: Im Laden kostete das Teil stolze zwanzig Mark!
Ich dachte mir, dass die meisten Menschen sicher keinen Unterschied machen würden, welcher Hersteller dafür verantwortlich war, dass sie schlaflose Nächte damit verbrachten, an einem bunten Würfelchen herumzuschrauben. Und so zwackte ich mir mit Vaters Erlaubnis kurzerhand ein paar Dutzend von den Dingern ab. Ich überlegte mir, wo begabte Multiplikatoren am Start waren, die das angesagte Spielzeug nicht nur verticken, sondern auch ein wenig Reklame dafür machen konnten. Ich hatte eine Idee: Nirgendwo ging das besser als in einer Trinkhalle! Jener im Rheinland typischen Mischung aus Kiosk und Imbissbude, die auch nach Ladenschluss ein stattliches Sortiment an festen und vor allem flüssigen Nahrungsmitteln verkauft, die dann praktischerweise gleich vor Ort verzehrt werden können.
So klapperte ich nach Dienstschluss sämtliche Büdchen in der Umgebung ab und bot das begehrte Teil für fünf Mark an. Mein Plan ging auf: Manche kauften mir gleich zehn, fünfzehn Exemplare ab. Sie wollten die Dinger mit einem ordentlichen Aufschlag an ihre Klientel weiterverkaufen. So hatte am Ende jeder Beteiligte das Gefühl, einen guten Schnitt gemacht zu haben. Denn der Geiss’sche Zauberwürfel aus dem Reich der Mitte war auch für den Endkunden immer noch ein paar Mark billiger als der echte. Zudem war das Original in den Kaufhäusern oft ausverkauft, weil die Produktionsfirma der immensen Nachfrage zeitweise einfach nicht mehr nachkam. Aber meine Art der Vertriebspolitik gefiel mir. Die musste ich mir merken!
Nach knapp einem halben Jahr hatte die Plackerei als Depp vom Dienst dann erst mal ein Ende. Mein Vater bestand penibel darauf, dass ich den kaufmännischen Lehrplan einhielt, damit ich später mal ausreichend gerüstet wäre, um in seine Fußstapfen zu treten. Leider war damit aber auch verbunden, dass ich erneute Bekanntschaft mit einer Institution machen musste, die ich eigentlich nie wieder sehen wollte. Doch da gab’s nichts zu deuten – für die Lehre musste ich auf die Berufsschule. Wir waren vierundzwanzig in der Klasse, die ganze Bandbreite, die der Kaufmannsberuf so hergab. Buchhalter-Typen, die bei irgendwelchen Banken die große Karriere machen wollten. Angehende Autoverkäufer. Oder Versicherungsvertreter, die schon im Sakko zur Schule kamen.
Anfangs fand ich die Geschichte nicht einmal so schlecht: Wir hatten Blockunterricht. Das bedeutete, dass wir immer für drei Wochen am Stück die Schulbank drücken mussten. Nach den vergangen sieben Monaten war ich echt froh, dass ich eine Zeitlangmeinen geschundenen Rücken schonen konnte und keine zentnerschweren Kisten mehr schleppen musste. Doch meine spontane Begeisterung machte schnell wieder der Erkenntnis Platz, dass Schule und Robert Geiss einfach irgendwie nicht zusammenpassten.
Ich hatte einfach kein Durchhaltevermögen darin, meine Nase in Bücher zu stecken und zu büffeln. Zum Glück bekam ich vor der Abschlussprüfung Unterstützung. Ein Klassenkamerad versprach, mir bei den
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